
Die kultigste Bademode von Baywatch bis zum Colt-Bikini und ihre Geschichten
Zum Start in die Badesaison widmet das „Design Museum“ London der Geschichte des Schwimmsports und der Bademode eine Ausstellung. Ikonische Bikinis und welche Hollywood-Stars sie berühmt machten.
Ein einfacher roter Badeanzug hat Geschichte geschrieben und ist bis heute mit einer Schauspielerin untrennbar verbunden: Pamela Anderson. Sie trug in der amerikanischen TV-Serie Baywatch (1992-1997) diesen knallroten Einteiler am Strand, um darin – und mit einer Boje unter dem Arm – Leben zu retten.
Jetzt zeigt das Design Museum London den ikonischen Badeanzug anlässlich der Ausstellung „Splash! Ein Jahrhundert Schwimmen und Stil“. (Zu sehen bis Mitte August in der Londoner Ausstellung, „Splash! A Century of Swimming and Style“) Die Ausstellung beleuchtet dabei auch die Entwicklung des Schwimmens in seinem sozialen, kulturellen, technologischen und ökologischen Kontext der letzten hundert Jahre: etwa vom britischen Lido-Boom im frühen 20. Jahrhundert, wo die ersten Seebäder entstanden und es für gesund galt, im Meerwasser zu baden. Oder von Peter Travis, der mit der knappen Speedo-Badehose 1956 den Stil revolutionierte, bis zu einer Sammlung greller Speedos der 1980er-Jahre à la Sean Connery und dem schrillen Mankini, in dem Sacha Baron Cohen als Borat 2006 schwimmen ging.

1940er-Parade: Maßgeschneiderte Badeanzüge aus Stoff mit angeschnittenem Bein
©Found Image Holdings/Found Image Holdings Inc/Getty ImagesAuch der allererste Bikini ist ausgestellt. Und weil die Geschichte des Schwimmens mit der Entwicklung der Bademode sowie -orte zusammenhängt, werden im Design Museum London neben Kollektionen unterschiedlicher Jahrzehnte auch die Architektur der Badeorte und Schwimmbäder gezeigt, etwa das Pariser Molitor-Schwimmbad, in dem der erste Bikini 1946 präsentiert wurde – gesamt über 200 Objekte, vom prüden Badeanzug bis zum Micro-Bikini.
Schwimmen hat sich als Sport und Freikörperkultur seit den Anfängen des öffentlichen Badens um 1900 bis heute enorm verändert. Das spiegelt sich in der Bademode und in den sozialen Vorstellungen wider, wie man den eigenen Körper und die Nacktheit in der Öffentlichkeit zeigen kann. Die Moralvorstellungen, die sich auch noch im 20. Jahrhundert immer wieder deutlich änderten, werden von Zeitgeist, aktuellen Stimmungen, gesellschaftlichen Problemen und Umwelteinflüssen geprägt – und beeinflussen das Design der Bademode. Die Londoner Ausstellung macht auch den Zusammenhang zwischen Umwelt und Materialien sichtbar, aus denen Bademode heute hergestellt wird.

Bademode 2002: Bond-Girl Halle Berry trägt Triangle-Top und Bikini-Hose mit Gürtel als Hommage an den weißen Bond-Bikini, 1962, von Ursula Andress
©IMAGO/Capital Pictures/IMAGO/CAP/PLFBademode und Moral
Etwa 1,1 Milliarden Zuseher in 140 Ländern sahen Pam in Baywatch in den 1990er-Jahren zu, wie die Rettungsschwimmerin in Zeitlupe im roten Badeanzug über den Bildschirm flimmerte. Geschnitten im Trend der Zeit, mit seitlich hoch gezogenem Beinansatz und rundem Ausschnitt, verkörperte Pamela Anderson darin pure Sexyness, jede Frau wollte so einen Badeanzug haben.
Dabei war sie nicht die erste Schauspielerin, die ein Badeoutfit zum legendären Bestseller werden ließ. Der Mythos von schönen Frauen, die in Bikinis & Co. für Postkarten und Poster posierten geht in die 1950er-Jahre zurück, als sich die Badenixen Hollywoods und des Jetsets an der italienischen und französischen Riviera für Paparazzi in Form brachten.

1950er-Mode: Marilyn Monroe in einem strassbesetzten Glam-Badeanzug am Set beim Filmdreh „Wie angelt man sich einen Millionär“, 1953
©Corbis via Getty Images/Sunset Boulevard/Corbis/Getty ImagesDas war aber die Folge der ersten Seebäder, die bereits im späten 18. Jahrhundert etwa in Brighton oder Bath eröffneten, in denen damals vor allem Adelige kurten. Sie folgten den Gesundheitslehren vom Pionier der Thalassotherapie Richard Russell, der sich mit der gesundheitsfördernden Wirkung von Meerwasser befasste, woraufhin mehrere Seebäder eröffneten. Und selbst als der Priester Sebastian Kneipp im 19. Jahrhundert erfolgreich seine Lehren verbreitete, stieg man vorwiegend in Straßenkleidung, mit langen Röcken und Hosen, in die kalten Fluten der Naturschwimmbäder. Denn niemand sollte und wollte damals öffentlich nackt gesehen werden. Reifröcke wurden sogar mit Gewichten behängt, damit sie nicht hochrutschten und den Blick auf den nackten Körper freigaben.
Parallel dazu erregte die erste FKK-Bewegung um 1900 Aufsehen: Ihre Anhänger zeigten sich splitterfasernackt und bezeichneten sich selbst als Lichtkämpfer, Nudisten und Anhänger einer Nacktkultur- und Schönheitsbewegung. 1925 entstand daraus die Freikörperkultur FKK. Ihre Anhänger waren Non-Konformisten und zitierten Goethe mit „Der wahre Mensch ist der nackte Mensch“. Was eigentlich nichts Neues war, denn schon Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) rief in seiner Naturphilosophie zu Nacktheit auf.

1950er-Mode: Marilyn Monroe in einm Brokat-Badeanzug mit Beinansatz
©imago/Cola Images/imago stock&peopleVom Reifrock zum Bikini
Aber in den 1920er-Jahren, als Bademode erstmals fürs Schwimmen vermarktet und der Strandurlaub populär wurde, kamen die ersten Schwimmanzüge auf: ballonartige Einteiler aus Stoff mit wadenlangen Pumphosen und blusenartigen Oberteilen. Seit damals hängt die Frage, ob man mit oder ohne Badeanzug ins Wasser springt, vom jeweiligen Zeitgeist ab, genau wie die Wahl, ob man lieber im Freibad, Pool oder Naturgewässer schwimmt.
Auf die Natur-Bäder der 1920er-Jahre folgte der Sprung in die schicken Pools Hollywoods, wo sich Filmstars wie Rita Hayworth in goldenen Badeanzügen präsentierten, während Deborah Kerr und Burt Lancaster 1953 an einem wild romantischen Strand auf Hawaii turtelten: Er in einer nahezu bis heute im Schnitt unveränderten Badeshort, sie in einem Zweiteiler, mit Bindetop und kurzem Rüschen-Röckchen. Denn dank Louis Réard, der im Sommer 1946 für einen Skandal sorgte, weil er einen knappen Zweiteiler für Damen entwarf, und ihn nach dem Bikini-Atoll in der Südsee benannte, wollten nicht nur Stars die neuen Bikinis anziehen.

Kultmodell. 1970er-Cuts: Bo Derek 1979 im transparenten Nude-Badeanzug mit Rasta-Zöpfen
©imago images/Everett Collection/Courtesy Everett Collection via www.imago-images.deOlympisch & oben ohne
Das Material der Badeanzüge, die Rita Hayworth, Marilyn Monroe & Co. bis in die 1940er trugen, war allerdings aus nicht elastischen, dicken Stoffen, wie Brokaten oder Satin, was in nassem Zustand sicher unbequem war. Erst dank dem Einsatz von Nylon-Stoffen in den späten 1940ern, wurden auch Verbesserungen für die Funktion der Swimwear erreicht. 2008 wurde sogar ein „LZR Racer“ Anzug von Speedo X NASA für die Olympischen Spiele entwickelt, der aber 2010 wegen „technischem Dopings“ wieder gesperrt wurde, weil die Schwimmer damit sämtliche Weltrekorde brachen. Aber Modedesigner lassen sich auch gerne von ikonischen Modellen vergangener Dekaden inspirieren, die den damaligen Lifestyle verkörpern.

Ikonische 1960er: Romy Schneider 1969 im simplen schwarzen Bikini am Schwimmbecken im Film Swimmingpool
©imago images/Everett Collection/Courtesy Everett Collection via www.imago-images.deSo trug etwa Bond-Girl Halle Berry 2002 ein Remake des legendären weißen Colt-Bikinis von Bond-Girl Ursula Andress, die schon 1962 darin eine neue Frauen-Power vermittelte. Die Freizügigkeit der 1970er-Jahre, die sich mit „oben ohne“ und in transparenten Stoffen zeigte, war auch ein Karriereschub für Bo Derek, die sich mit nassen Shirts und im transparenten Badeanzug zeigte. Der ikonische schwarze Zweiteiler, den Romy Schneider im Film „Swimmingpool“ 1969 trug, ist wiederum zeitlos und vermittelt so etwas wie Quiet Luxury.
Auch die retromäßigen, hoch taillierten Zweiteiler der 1940er sieht man heuer wieder in den Bademodekollektionen, allerdings aus funktionellen, oft nachhaltig erzeugten Stretch-Stoffen. Heuer liefen die Männer übrigens wieder in den knappen Speedos der 1980er über den Laufsteg, etwa bei D&G. Und Bikini-Tops werden urban: man trägt sie einfach unter dem Blazer gestylt, oder als Top zu High-Waist-Hosen.
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