Wieso Retro-Detektiv Magnum plötzlich als Stil-Ikone gilt

Hawaiihemd, ultrakurze , Shorts, Rotzbremse: Alles, was einst verpönt war, ist wieder Trend. Die großen Designer machen mit.

Ein Paradies unter Palmen und mit dem Ferrari immer schön Richtung Sonnenuntergang. Im Gesicht ein freches Grinsen und ein schelmisches Augenzwinkern. Nach bestandenen Abenteuern und dem Schmusen mit schmachtenden Frauenzimmern dann ein Happy End auf Hawaii und jenes eingelöste Achtzigerjahre-Versprechen, dass zu Ende jeder Folge immer noch alles gut gegangen ist. 

So kannte und liebte man ihn, den Privatdetektiv Magnum in der gleichnamigen Fernsehserie, dargestellt von Tom Selleck. Ein Sexsymbol seiner Zeit, das herrlich unangestrengt und dennoch überraschend beinfrei seine Virilität über den Bildschirm sendete. Ein Schlawiner und Sunnyboy. Aber ein Style-Idol?

Magnum ist in Mode

Doch genau das ist mittlerweile – die Welt der Mode ist ein Hamsterrad immer wiederkehrender Trends – der Fall. Und sowohl zu identifizieren am alltäglichen Personal im Straßenbild als auch an den Protagonisten der internationalen Laufstege. Aus den Puzzlesteinchen der Magnum-Montur ließe sich heute ohne Umstände ein Hipster für die Generation Instagram basteln. Die Magazine feiern die ikonischsten Mode-Momente Tom Sellecks, rufen auf, sich diesen Sommer von seinem Style inspirieren zu lassen und schwärmen ohne Genierer von seinem Sex-Appeal. Magnum ist in Mode. Das Schöne daran: Um ihm nachzueifern benötigt es nicht einmal einen Ferrari.

Beginnen wir mit dem Augenfälligsten, dem Hawaiihemd. 

Niemand seit Elvis Presley im musikalischen Filmprospekt „Blue Hawaii“ durfte es mit größerer Selbstlegitimation tragen als Magnum. Sich darin fern von Orten, an denen man sich mit „Aloha“ begrüßt zu kleiden, trauten sich hingegen die Wenigsten. Heute sieht das anders aus.

Auch Prada liebt Hawaii

Das Teil, das seinen Ursprung im 19. Jahrhundert hat und später von Japanern aus Kimono-Stoffen zu Hemden geschneidert wurde, kann nicht nur im Urlaub, sondern darf sogar bedenkenlos im Büro getragen werden, ohne dass man als völlig verrückt abgestempelt wird. Eher als verwegen bis selbstironisch mit Hang zum ewigen Sommer – zumindest in Berufen, in denen keine formelle Zurückhaltung an den Tag gelegt werden muss – vor Gericht mag man vielleicht doch lieber von jemandem im Zwirn vertreten werden.

Stylisch: Hawaiihemd bei Louis Vuitton

©Penske Media via Getty Images/WWD/getty images

Aber auch von Designern hohen Ranges hat das als Touristen-Klimbim verspottete Textil längst Läuterung erfahren. Immer wieder haben es renommierte Labels wie Louis Vuitton, Prada, Gucci oder Saint Laurent in ihre Kollektionen aufgenommen. Von zu verwegenen Mustern sollte man dennoch Abstand nehmen. Großzügig aufgetragene Sonnenuntergänge wirken schnell wie ein Ganzkörper-Flächenbrand, Heilige auf Satin bleiben bitte in der Kirche, und von Modellen mit aufgedruckten Tieren sollte man ganz die Finger lassen. 

Nicht jedem steht der Surfer-Look, aber richtig kombiniert ist er ein Hinschauer. Jüngst konnte man Sänger John Legend in einem eigentlich grenzwertigen Pastell-Modell sehen, das der Faserschmeichler allerdings ansehnlich mit einer Stoffhose mit Bügelfalte kombiniert hatte. Das Outfit wirkte wie aus einem Guss. Und sogar einem harten Knochen wie James Ellroy, dem Thrillerautor des amerikanischen Albtraums, steht das Hawaiihemd, unter dem Sakko und mit unnachgiebiger Würde getragen, bestens zu Gesicht.

Süß: Mädchenschwarm Jacob Elordi in kurzen Shorts

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Kurz, kürzer, Short Shorts

Auch vom Gürtel abwärts bleibt es streitbar. Niemand trug in den Achtzigerjahren kürzere Shorts als Tom Selleck. Und wenn er wieder einmal vor Zeus und Apollo flüchtete, den Dobermännern des Verwalters Higgins, einem versnobten Briten, bei dem er im Gästehaus logierte, sah das verdammt gut aus. 

Die, vor allem unter Frauen, gern hitzig diskutierte Frage, ob die Herren der Schöpfung im Büro kurze Hosen tragen dürfen, stellte sich bei Privatschnüffler Magnum erst gar nicht, er trug sie so oft es ging: am Beach und an der Bar, beim Dinner wie beim Date, beim Schießen und beim Schwimmen.

Schelmischer Sunnyboy: Die TV-Serie „Magnum“ lief von 1980 bis 1988

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Bei uns, fern der Hitze Hawaiis, blieb das Thema aber kontrovers: Kurze Hosen galten im Alltag bald als verpönt, als unverzeihbare Style-Sünde sogar, ähnlich wie weiße Sportsocken. Doch, wie könnte es anders sein, die Generation Z, hat ja auch diese (ob zu Sneakers oder Badeschlapfen) umgedeutet und ihnen zum Comeback verholfen. 

Paul Mescal liebt Shorts

Dieser Vorgang wiederholt sich jetzt: Die Herrenshort ist zurück, ob als Bermuda oder Jeans-Short, und gilt als Sommertrend des Jahres. Besonders aber sind die Short Shorts angesagt. Männer dürfen wieder Bein zeigen, und nicht nur irgendwelche Männer. 

Paul Mescal, Hollywoods heißester Newcomer (demnächst in „Gladiator 2“), gilt als Riesenfan der kurzen Kurzen, sammelt sie wie andere Sneakers und kombiniert sie fröhlich nach Belieben. Also die Fußballershort zur Trainingsjacke oder die Leinenshort zu Hemd und Loafers (mit weißen Socken), in diesem Aufzug besuchte er im Juni die Gucci-Schau bei der Männermodewoche in Mailand. 

Nicht nur Mescal und Gucci sind Freunde muskulöser Oberschenkel in ultrakurzen Hosen. Auch Jacob Elordi, der Herzensbrecher des Filmhits „Saltburn“, beeindruckt darin – und kam zur Valentino-Show in schwarzen Shorts, gestylt zu Krawatte und Lederblazer. 

Aufmerksamen Beobachtern wird indes nicht entgangen sein, dass pumpende Buben im Gym oder Nationalteam-Stürmer Marko Arnautovic im Stadion dem Trend zuvor längst schon gefrönt hatten. Der Oberschenkel gilt ihnen als neuer Bizeps. Sich bei jeder Gelegenheit die Shorts hochzukrempeln, um mit seinen herkulischen Trainingsresultaten zu prahlen, ist ihnen Balz- wie Männlichkeitsritual. Jetzt auch am Designer-Runway.

Magnum für alle

Schnurrbart

Der Vollbart wird mittlerweile gern vom Schnauzer abgelöst. Damit riskiert man keine dicke Lippe oder nimmt den Mund zu voll, sondern liegt im Trend.

Brustfell

Die Zeiten haarfrei glattgebügelter Boyband-Ästhetik sind vorbei. Der Rasierer bleibt am Kinn. Mann zeigt wieder, was er hat.

Hawaiihemd

Aloha zum Anziehen. Auch große Designer rufen das Kleidungsstück zum It-Piece aus. Als Stilregel gilt: Bisschen Farbe darf sein, aber es bitte nicht zu bunt treiben.

Short Shorts

Kein Schenkelklopfer: Bei den Herren der Schöpfung ist jetzt wieder Beinfreiheit angesagt.  Kurz und gut: Micro Shorts gelten als der große Sommer-Trend.  

Jetzt wird’s haarig

Zuletzt muss man beim Thema Magnum als Trendsetter aber vor allem über eines sprechen: Körperbehaarung. Da wäre einmal das Brusthaar. Glatt als höchstes Ästhetikideal ist da zwar immer noch gefragt, aber längst keine Pflicht mehr. Das Männlichkeitsmerkmal feiert laufend Comebacks. Die Zeiten, in denen Mann sich fürs Freibad enthaaren musste, als wäre er der Frontmann einer Teenie-Boyband aus den Neunzigern, sind vorbei. Es darf wieder gekrault werden. 

Mit Rotzbremse: Hollywoods Henry Cavill

©WireImage/JB Lacroix/getty images

Noch sichtbarer ist da nur das Revival der Gesichtsbehaarung – allerdings nicht als Vollbart, wie ihn sich so viele Herrschaften in den vergangenen Jahren zugelegt haben. Sondern als Schnauzer oder Schnurrbart. Herbert Prohaska mag ihn sich mittlerweile abrasiert haben, heute ist er in verschiedenen Varianten zurück. 

Ziemlich akkurat gestutzt als beinahe unauffällige Gesichtsverzierung oder in Kombination mit einem Dreitagebart und sogar als breiter Haarbalken. Hollywood-Helden wie Burt Reynolds machten den Schnauzer ebenso sexy wie etwa Freddie Mercury, heute scheuen Bradley Cooper und Henry Cavill im Zuge der Achtzigerjahre-Renaissance nicht vor der Rotzbremse zurück.

Und Tom Selleck? Der trägt immer noch Schnauzer. Der heute 79-Jährige hat außerdem vor Kurzem seine Autobiografie herausgebracht. Sie heißt „Man kann nie wissen“. Und vielleicht trifft das ja auch auf seine Rolle als Style-Ikone zu, von der zu träumen er nie gewagt haben wird.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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