
Mein Partner will einen Ehevertrag. Ist das nötig?
Zwei Anwälte, zwei Ansichten, eine Rechtslage: Das Wiener Duo erzählt Geschichten aus seiner Ehe, beantwortet Fragen, die uns im Alltag beschäftigen, erklärt, was vor Gericht zählt – und wie er oder sie die Causa sehen.
Der Fall: Die Sommerhochzeit des Jahres: Jeff Bezos und Lauren Sanchez, Stars und Glamour pur in Venedig. 27 Kleider, die besten Köche und spektakuläre Feiern. Die Hochzeitsplanung hat sicher nicht nur die Wedding Planer, Stylisten und Eventveranstalter beschäftigt, sondern vermutlich auch ein Heer von Anwälten und Steuerberatern. Denn so eine Hochzeit findet nicht ohne Ehevertrag statt. Es geht um Milliarden und die Frage, wer bekommt was? Doch nicht nur bei den Superreichen stellt sich die Frage: Kann ich mich mit einem Ehevertrag absichern? Was bekommt der Expartner bei einer Scheidung und kann man für die Liebe auch auf alles verzichten? Und gibt es nicht auch Verbindungen abseits der Ehe, mit denen man sich auch fast unauflösbar aneinanderbindet? Die Trennung einer langjährigen Geschäftspartnerschaft ist manchmal genauso emotional wie eine Scheidung. Daher gilt: Augen auf bei der Partnerwahl.
Mag. Carmen Thornton:
Ich gebe es zu: Ich habe die Paparazzi-Bilder der Stars und der Braut verfolgt. Was mich aber noch mehr interessiert hätte, wäre, ein Blick auf den Ehevertrag zu werfen. Denn der Milliardär hat schon eine teure Scheidung hinter sich und will wohl kein Wiederholungstäter werden. Gerade wenn sehr vermögende Unternehmer heiraten, braucht es klare Regelungen für Privatvermögen und Unternehmen. Ein Ehevertrag ist in solchen Fällen unverzichtbar. Aber auch für Normalverdiener kann ein Ehevertrag sinnvoll sein – etwa bei großen Einkommensunterschieden, wenn einer beruflich zurücksteckt, man gemeinsam ein Haus baut oder ein Unternehmen führt.
Genereller Verzicht ist unwirksam
Eheverträge sind aber keine Wundermittel. Man kann – anders als in Hollywoodfilmen – nicht festlegen, wie viele Kinder man bekommen oder wie oft man Sex haben soll. Auch das Treueversprechen lässt sich nicht aushebeln. Und wer sich denkt: „Ich verzichte der Liebe wegen auf alles!“– kann diesen Gedanken gleich wieder auf die Seite schieben. Das Gesetz schützt nämlich vor zu viel Romantik und Dummheit vor der Eheschließung. Der OGH hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass Gerichte bereits dann von einem Ehevertrag abweichen können, wenn ein Ehegatte weniger als die Hälfte bekommen soll, als ihm ohne Vertrag zustehen würde. Wer nichts teilen möchte, den Partner nicht absichern möchte und grundlegende Werte der Ehe, wie die Treue und Beistandspflicht, aushebeln will, dem bleibt nur eine Option – nicht heiraten.

Carmen Thornton ist Rechtsanwältin in Wien.
Eheverträge regeln nur die Finanzen
Eheverträge schaffen aber Klarheit und Planbarkeit, zumindest wenn es um die die finanziellen Aspekte einer Ehe geht.
Vereinbarungen über den Unterhalt während der Ehe und auch im Falle einer Scheidung sind möglich. Auch die Aufteilung des Vermögens, das man in aufrechter Ehe erwirtschaftet hat, kann für den Falle einer Trennung oder Scheidung geregelt werden. Bei Paaren mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten oder bei internationalen Wohnortwechseln können Zuständigkeits- und Rechtswahlvereinbarungen Klarheit schaffen, nach welchem Recht das Ehepaar seine Angelegenheiten regeln möchte.
Eheverträge bieten auch die Chance auf faire Lösungen bei einer Scheidung. Das hat Vorteile für beide Ehepartner.
Der Besserverdienende kann gut planen, während der einkommensschwächere Partner nicht um seine Existenz fürchten muss.
Nicht zuletzt dokumentiert ein Ehevertrag auch den Vermögensstand vor der Ehe, denn alles, was man bereits vor der Eheschließung besitzt, gilt als eingebrachtes Vermögen und unterliegt grundsätzlich nicht der Aufteilung. Klingt trocken, macht in der Praxis aber einen großen Unterschied, da nach vielen Ehejahren kaum einer noch Kontoauszüge hat und die Herkunft der Vermögenswerte nachweisen kann.
Regelungen zu Kontaktrecht oder Obsorge zu den gemeinsamen Kindern können nur als Absichtserklärungen festgehalten werden, rechtlich bindend sind sie nicht. Die Bedürfnisse von Kindern ändern sich, sodass man hier flexibel bleiben muss. Die Ehe ist und bleibt ein Risiko.
Nicht zu heiraten – oder sich nicht abzusichern – ist aber auch keine Lösung. Ich habe damals vor unserer Hochzeit keinen Ehevertrag abgeschlossen. Aber nur, weil Johannes und ich denselben Beruf haben, wir beide arbeiten und uns Kinder und Haushalt teilen. Hätte ich einen Ehevertrag, wäre ich mit den Kindern länger zu Hause geblieben? Ganz bestimmt.
Mag. Johannes Kautz:
Ich habe das als Hochzeit getarnte Megaevent zwar nicht mitverfolgt, ganz spurlos ist die Berichterstattung aber auch an mir nicht vorübergegangen. Ich finde ja, Frau Sanchez hat schon deshalb eine großzügige Abfindung verdient, weil sie sich an ihrem Hochzeitswochenende sage und schreibe 27-mal umziehen musste. Aber vielleicht hat sie das ja auch freiwillig gemacht ...
In Österreich gelten Eheverträge eher als Sache für die Reichen und – vielleicht auch – Schönen. Das liegt einerseits daran, dass nur das in der Ehe erwirtschaftete Vermögen aufgeteilt wird und Unternehmen grundsätzlich ausgenommen sind. Um beim Ehepaar Bezos zu bleiben: Nach österreichischem Recht hätte Frau Sanchez ohne Ehevertrag nach der Scheidung keinen Anspruch auf das Milliardenvermögen.
Der Hauptgrund für die allgemeine Skepsis gegenüber Eheverträgen ist aber, dass sich viele Paare scheuen, mögliche Streitpunkte schon vor der Hochzeit anzusprechen. Wer will schon über die Folgen einer Scheidung diskutieren, wenn der Himmel voller Geigen hängt.
Verträge ohne Exitszenario
Vor diesem Dilemma stehen aber die meisten von uns irgendwann einmal, und zwar nicht nur, wenn es um romantische Beziehungen geht. Auch in geschäftlichen Partnerschaften – etwa bei der Gründung eines Unternehmens – können fehlende vertragliche Regelungen zu bösen Überraschungen führen, wenn das Miteinander nicht mehr funktioniert. Denn ohne klare Vereinbarungen gelten die gesetzlichen Bestimmungen – und die sind nicht immer fair oder praktisch.
Beispielsweise kann eine GmbH ohne entsprechende Klausel im Gesellschaftsvertrag nicht einmal aus wichtigem Grund einseitig aufgelöst werden. Wenn beide Gesellschafter zu je 50 % beteiligt sind und auch noch gemeinsam die Geschäftsführung übernehmen, kann jeder die Entscheidungen des andren blockieren und die Gesellschaft ist im Streitfall handlungsunfähig.

Johannes Kautz ist Rechtsanwalt in Wien.
Wenn man den Partner mitfinanziert
Und ähnlich wie in einer Ehe wird der Anteil am Gewinn nicht danach bemessen, wer den höheren Umsatz macht – beide Gesellschafter erhalten grundsätzlich gleich viel. Stellen Sie sich vor, sie rackern sich ab, während der ehemals beste Freund und jetzige Mitgesellschafter sich entspannt zurücklehnt und voll mitkassiert. Kündigen geht nicht und für Geschäftsführer gilt zu allem Überdruss auch noch ein Wettbewerbsverbot. Bei der Personengesellschaft kann man zumindest kündigen. Bei der GmbH gilt: „Hat man einmal angebissen, hängt man am Haken“ – es sei denn, im Gesellschaftsvertrag wurde ein Exitszenario vereinbart.
Ob in der Liebe oder im Business: Partnerschaften funktionieren auf Dauer nur, wenn beide in dieselbe Richtung rudern. Wenn einer partout nicht teilen will und der andere auf ein faires Miteinander setzt, sind Konflikte vorprogrammiert. Deshalb sollten potenzielle Streitpunkte rechtzeitig angesprochen werden, auch wenn das vielleicht unangenehm ist. Denn die Vogel-Strauß-Taktik rächt sich am Ende immer.
Ich finde nicht, dass man in einer funktionierenden Partnerschaft immer einer Meinung sein muss. Aber es muss möglich sein, Konflikte zu lösen und am Ende an einem Strang zu ziehen. Wenn das schon am Anfang bei grundlegenden Themen nicht gelingt, sollte man vielleicht keine allzu enge Bindung eingehen. Der Glaube daran, dass es gut gehen wird, ist gut und schön, zu viel Naivität kann aber dazu führen, dass selbst ein Ende mit Schrecken nicht mehr so einfach möglich ist.
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