20 Jahre Online-Dating: So viele Singles haben sich im Netz verliebt

Hochzeit, Babys, Dates: Eine Umfrage gibt Aufschluss darüber, wie Apps das Liebesleben der Österreicher geprägt haben.

"Und wie habt ihr euch kennengelernt?" Noch vor zehn Jahren wäre die Antwort "im Internet" wohl eher verhalten ausgefallen. Heute scheint sie fast schon die Norm zu sein: Immer mehr Menschen finden in Dating-Apps und Online-Portalen zueinander und erzählen davon, als wäre es im Supermarkt geschehen.

"Mittlerweile kennt jeder Zweite mindestens ein Paar in seinem persönlichen Umfeld, das sich online gefunden hat. Man redet offen darüber und schätzt vor allem die Tatsache, dass man online Menschen mit ähnlichen Interessen und Lebensstilen finden kann", bilanziert Caroline Erb, die seit Jahren als Psychologin bei Parship tätig ist.

Die Online-Partnervermittlung hat im Frühling eine repräsentative Umfrage zu "20 Jahre Online-Dating" durchführen lassen, deren Ergebnisse nun veröffentlicht wurden (siehe Grafiken). So lange ist es her, dass die ersten Singles im Netz ihr Liebesglück versucht haben. Das Fazit der Psychologin nach zwei Jahrzehnten digitaler Anbahnung? "Online-Partnersuche ist schon lange nichts Exotisches mehr und steht seit zehn Jahren an erster Stelle, was das Kennenlernen betrifft, gefolgt von 'über Freunde' und dem Arbeitsplatz."

Die Studie zeigt, dass fast die Hälfte der Österreicher schon einmal ein Online-Date hatte, bei den unter 30-Jährigen sind es sogar 60 Prozent, die Erfahrungen mit der Partnersuche im Netz gemacht haben. Auch die Babyboomer holen auf. "Je älter, desto eher sinkt die Zahl, dennoch bestätigt jeder Vierte über 60, zumindest einmal in seinem Leben jemanden getroffen haben, den sie oder er im Internet kennengelernt hat", berichtet Erb.

1,5 Millionen Österreicher sind mit einem Online-Date zusammengezogen. Zudem gab es dank Online-Dating 450.000 Hochzeiten und 350.000 Kinder.

Wie alles begann

Angefangen hat alles, natürlich, am Tag der Liebe: Am Valentinstag des Jahres 2001 ging Parship mit seinem Service zur Partnervermittlung online. Die Plattform gilt als Pionier im deutschsprachigen Raum, weil sie als Erste den wissenschaftlich fundierten Matchmaking-Algorithmus anwandte, der bis heute zum Einsatz kommt. Über einen psychologischen Fragebogen ermitteln Singles ihre Beziehungspersönlichkeit und werden anschließend mit passenden Pendants - potenziellen "Matches" - verkuppelt. Das Prinzip mit dem Motto "So viel Ähnlichkeit wie möglich, so viel Unterschied wie nötig" stammt vom Hamburger Psychologieprofessor Hugo Schmale, der im vergangenen Jahr 91-jährig verstorben ist.

Im Laufe der Jahre ist der Markt förmlich explodiert, inzwischen existiert für jede Vorliebe und Nische eine zugeschnittene Plattform. Christen oder Landwirte haben ebenso ihre eigenen Kuppel-Portale wie Bisexuelle oder Menschen, die schnellen Sex suchen oder ihre Ehepartner betrügen wollen.

Über die Gratis-Wisch-App Tinder avancierte der digitale Flirt in den 2010er-Jahren zum Massenphänomen - mit all seinen Schattenseiten. Durch das scheinbare Überangebot an einsamen Herzen und die einfache Bedienung mutierte das Kennenlernen zum stupiden Wisch-und-Weg-Zeitvertreib auf der Couch. In einer Umfrage gaben zuletzt 70 Prozent aller Jungen an, an einem "Dating-Burn-out" zu leiden. Die Sehnsucht nach Offline-Kontakten wächst.

Ist die Hoch-Zeit des Online-Dating vorbei? "Ich halte es für wichtig, dass man die passende Plattform für seine Bedürfnisse auswählt und sich im Vorfeld über seine Erwartungshaltung im Klaren ist", rät Erb. "Es ist sinnvoller, sich auf potenziell interessante Menschen zu konzentrieren, weniger Kontakte gleichzeitig aufrechtzuerhalten und sich und andere damit möglicherweise zu blockieren. Man sollte offen und authentisch agieren und im Idealfall online wie offline aktiv sein."

Kommentare