Hypergamie: Wie der Wunsch nach dem "Hochheiraten" zum Singledasein führt
Eine aktuelle US-amerikanische Studie zeigt, dass Alleinstehende immer häufiger einen Partner mit höherem Status in Betracht ziehen. Doch dadurch kämpfen vor allem Frauen damit, einen Partner zu finden.
Bereits seit einigen Jahren zeigt sich eine neue Entwicklung in der Datingszene - zumindest unter jungen alleinstehenden Personen zeichnet sich ein Trend ab, dass lieber ein Datingpartner gewählt wird, der einen höheren Status hat, als man selbst. Das zeigte eine US-amerikanische Studie der Marktforschungsagentur Talker Research, bei der 2.000 Männer und Frauen befragt wurden: 47 Prozent der Befragten waren dem Phänomen gegenüber positiv eingestellt.
Doch ist der Trend wirklich neu? Nun, zumindest mehr als 40 Prozent der Befragten war der Begriff "Hypergamie" nicht bekannt. Er beschreibt die Vorliebe, eine Person als Partner in Betracht zu ziehen, die einen höheren Status hat. So gelingt es der ersten Person, durch eine Partnerschaft oder Heirat in eine höhergestellte soziale Gruppe aufzusteigen. Doch nur weil das Wort vielen Menschen unbekannt ist, muss das Phänomen nichts Neues sein.
Das Warten auf den Prinzen, die Hoffnung, "entdeckt" zu werden von einem Gentleman "aus gutem Hause". Vor allem Frauen werden in Film und Literatur seit jeher mit diesem Gedanken gefüttert. Man denke zum Beispiel an das arme Aschenputtel mit ihrem Märchenprinzen oder an Jane Austens Romane, in denen die Frauen oftmals mit finanziellen Sorgen zu kämpfen haben und am Ende doch ihren wohlsituierten "Mr. Darcy" bekommen. Auch wenn solche Darstellungen für Perioden angemessen sind, in denen die Absicherung der ökonomischen Situation der Familie als gängiges Heiratsmotiv galten, so sind sie heute wohl nicht mehr zeitgemäß. Oder etwa doch?
So könnte die Suche nach einem Partner mit höherem Status heute durchaus noch mit dem Bedürfnis nach finanzieller Sicherheit zusammenhängen. In Anbetracht der wirtschaftlichen Krisen ist es laut Umfragen aus Deutschland für viele Menschen immer wichtiger geworden, in welcher finanziellen und beruflichen Situation sich der Partner befindet (40 % der Befragten). Allerdings geben auch viele der Befragten an, dass für sie Geld in der Partnerschaft - angeblich - keine große Rolle spielt (52 %). Vielmehr verbinden wir heute wohl andere Werte mit dem Begriff "Hochheiraten".
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Bildung als wichtiges Statussymbol
Vielen Menschen auf der Partnersuche ist es wichtig, dass der oder die Zukünftige zumindest einen gleichwertigen, wenn nicht sogar höheren Bildungsabschluss besitzt. Marcia C. Inhorn, eine Anthropologin und Professorin an der Yale University, untersuchte hierzu bereits die sogenannte "Mating Gap" (zu deutsch: "Paarungslücke").
Sie wollte herausfinden, warum Frauen ihre Eizellen (freiwillig, nicht aus medizinischen Gründen) einfrieren lassen. Forschung ergab, dass dies vor allem alleinstehende Frauen Ende 30 mit höherem Bildungsabschluss tun. Der Grund überraschte sie: Für die meisten ergaben sich nicht etwa Karrierechancen, sodass sie ihren Kinderwunsch aufschieben wollten. Vielmehr lag es an etwas - oder jemand - anderem. "Sie waren eine nach der anderen Frauen, die in ihrer Karriere erfolgreich waren und gleichzeitig nach einem Partner gesucht hatten, aber einfach keinen Partner für die Fortpflanzung finden konnten", meinte Inhorn gegenüber dem Guardian. Viele der Frauen gaben in der Befragung an, sie wollten jemanden mit einem ähnlichen Bildungsniveau finden.
Das ist in den meisten Ländern allerdings gar nicht so einfach. Dagegen sprechen die Unterschiede zwischen Mann und Frau, wenn es um den Bildungsabschluss geht. Für Österreich verzeichnete die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Jahr 2022, dass 47,6 Prozent der Frauen einen höheren Bildungsabschluss haben, während das bei nur 38,7 Prozent der Männer der Fall ist (Daten erhoben unter Einwohnern im Alter von 25 bis 34). In anderen Ländern ist die Differenz zwischen Männern und Frauen sogar noch größer. In Island ist der Anteil an Frauen mit einem tertiären Bildungsabschluss beispielsweise fast doppelt so hoch wie der Anteil der Männer (29 % der Männer vs. 55 % der Frauen).
Status ist demnach auch heute noch ein wichtiges Kriterium. Doch während früher finanzielle Sicherheit im Vordergrund stand, wartet man heute auf den Partner, mit dem es perfekt passt. So stellte auch Inhorn fest, dass Frauen nach jemandem auf Augenhöhe suchen, der ihre Situation teilt oder verstehen kann. Die Teilnehmerinnen ihrer Studie gaben oft an, dass Männer mit geringerem Bildungsabschluss von ihrem Erfolg eingeschüchtert sind und das auch explizit als Grund angaben, warum sie nicht zusammenpassen könnten. Dadurch haben viele Frauen mit tertiären Bildungsabschlüssen auch in Österreich häufig Schwierigkeiten, einen passenden Partner zu finden, und bleiben somit alleinstehend.
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