Geschirrtuch in Männerhand: Nach wie vor ein seltenes Bild.

Geschlechtergerechtigkeit: Lust auf engagierte Hausmänner

Echte Gleichstellung bei der Hausarbeit könnte die weibliche Libido beflügeln.

Kochen, putzen, Wäsche waschen: Noch immer sind diese und andere Haushaltstätigkeiten in der Regel Frauensache.

Dass sich die klassische Rollenverteilung in den eigenen vier Wänden hartnäckig hält, lässt sich mit Zahlen untermauern: Hierzulande verrichten laut Eurostat über 80 Prozent der Frauen täglich das Gros der Hausarbeit. Europaweit liegt der Anteil der Männer, die sich täglich im Haushalt betätigen, bei 34 Prozent – bei Frauen bei 79 Prozent.

Die Folge: Frauen sind vielfach einer Mehrfachbelastung durch Haushalt, Kinderbetreuung, Beruf und oft auch Pflege älterer Angehöriger ausgesetzt. Eine Bürde für Psyche und Körper.

Die haushaltsbezogene Geschlechterungerechtigkeit könnte auch das sexuelle Lustempfinden von Frauen beeinträchtigen, berichten die Autorinnen einer jüngst erschienenen Studie.

Bei der Erforschung der weiblichen Libido seien gesellschaftliche Faktoren bisher weitgehend außen vor gelassen worden, betonen Emily Harris, Psychologin und Genderforscherin an der australischen University of Melbourne, und Sari van Anders, Neurowissenschafterin an der Queen's University in Kanada.

Versuche, das geringe sexuelle Verlangen von Frauen "mit Medikamenten, Stressabbau oder Achtsamkeitstherapie zu beheben, kann nicht erfolgreich sein, weil dabei die Ursachen für das Gesamtbild, zu denen auch geschlechtsspezifische Ungleichheiten gehören, außer Acht gelassen werden", heißt es in der Erhebung, die im Fachblatt Archives of Sexual Behavior erschienen ist.

Zahlen und Fakten

Lust-Verlust
7 von 10 Frauen gaben vergangenes Jahr im Zuge einer Umfrage der Achtsamkeits-App Headspace an, schon mal die Lust an Intimität verloren zu haben. 2018 kamen Forschende der kanadischen Universität Guelph zu dem Ergebnis, dass Frauen im Schnitt weniger Sex als Männer wollen.

Definitionssache
Allerdings ist die wissenschaftliche Perspektive auf die weibliche Libido mit Vorsicht zu genießen: Sexuelle Begierde wird meist auf das Bedürfnis nach Sex reduziert. Dabei können laut Expertinnen und Experten auch körperliche und emotionale Nähe lustvoll erlebt werden.

Geschlechtervergleich
Laut der letzten Zeitverwendungserhebung der Statistik Austria (2008/09) verbringen Frauen täglich 3:42 Stunden mit Hausarbeit, Männer 1:58 Stunden. Derzeit werden neue Daten erhoben – ob sich in puncto Haushalt etwas verändert hat, wird sich zeigen.

Lustkiller Staubwischen

Um herauszufinden, ob die ungleiche Aufteilung der Hausarbeit ein geringes sexuelles Verlangen bei Frauen zumindest in Teilen erklären könnte, führten die beiden Wissenschafterinnen Online-Befragungen durch. Sie baten die Teilnehmerinnen, Aussagen über den Sex in ihrer Beziehung, die Aufteilung der Arbeit im Haushalt und ihr emotionales Erleben zu machen.

Es zeigte sich: Frauen, die im Vergleich zu ihren Partnern mehr Hausarbeit verrichteten, berichteten auch über ein geringeres sexuelles Verlangen. Sie empfanden diesen Zustand auch eher als ungerecht und sahen ihre Partner als von ihnen abhängig an, was wiederum beides mit einem geringeren sexuellen Verlangen verbunden war.

Längst überholte Rollenbilder werden auch durch die Werbeindustrie genährt. Ein Mann in der Waschmittelwerbung? Nach wie vor eine Seltenheit. Genderneutrale Werbung für Haushaltsprodukte steckt zwar noch in den Kinderschuhen, progressive Tendenzen lassen sich aber erkennen. Zumindest in der Küche sind Männer in der Werbung öfter zu sehen als noch vor 20 Jahren. Das belegen aktuelle Analysen von Fernsehwerbespots an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Generell seien Männer heute häufiger im häuslichen Umfeld zu sehen.

Ran an den Putzfetzen

Traditionelle Geschlechterrollen aufzubrechen, könnte die sexuelle Zufriedenheit von Frauen potenziell steigern, sind sich Emily Harris und Sari van Anders sicher. Sie empfehlen Frauen, die gerechte Aufteilung der Hausarbeit offen anzusprechen und Männer nicht aus der Verantwortung zu entlassen. Man(n) solle mit Neugier an die Sache herangehen. Heißt: Ran an den Putzfetzen!

Der Weg zur echten Gleichstellung von Mann und Frau im Haushalt mag noch ein weiter sein. Ihn konsequent zu beschreiten, würde sich aber für beide Geschlechter lohnen.

Marlene Patsalidis

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