Wiener Szene-Barkeeper: Was der Drink über dein Date aussagt

Aperol oder Moscow Mule: Steven Daevel weiß die besten Drinks fürs erste Treffen. Und erkennt an der Wahl des Getränks, wie dein Date tickt und die Chancen auf Liebe stehen.

Er ist einer der besten Barkeeper der Stadt: Steven Daevel stand bereits in der Albertina Passage und im Roberto's hinter der Theke. Nun mixt er mit meisterlicher Hand in der versteckten Speakeasy-Bar Fitzcarraldo (Neubaugasse 38 im siebten Bezirk), einem der aktuell angesagtesten Szene-Lokale Wiens, seine Drinks. Der 33-Jährige ist allerdings auch ein aufmerksamer Beobachter. In langen Nächten hat er bereits hunderte Dates miterlebt und beobachtet. Anhand seiner Erfahrung kann er also durchaus gut beurteilen, wer beim ersten Rendezvous was bestellt - und was dieser Cocktail über ihn aussagt. 

"Grundsätzlich sollte man bestellen, worauf man Lust hat", rät Daevel, wenn man sich zum ersten Mal mit einem potentiellen Partner trifft, "gleichzeitig aber gilt: weniger ist mehr".

Und das betrifft vor allem den Alkoholgehalt, was das bestellte Getränk betrifft. "Bei einem ersten Date ist man meistens nervös und nippt dadurch eventuell öfter am Glas, als einem lieb ist", so der bei diversen Wettbewerben ausgezeichnete Mixologe. "Man möchte für sein Gegenüber möglichst locker erscheinen, aber wahrscheinlich auch nicht gleich sein beschwipstes Ich preisgeben. Daher rate ich eher zu leichteren Drinks mit geringerem Alkoholgehalt."

Meisterhaft: Steven Daevel bei der Arbeit in der Roberto's American Bar

©Kurier/Gerhard Deutsch

Für die freizeit hat Daevel fünf ideale wie beliebte Date-Drinks herausgepickt - und uns auch gleich verraten, welche charakterlichen Eigenschaften er jemandem zuschreibt, der sie bestellt. 

1. Americano

"Allen voran empfehle ich den Americano - nicht nur, weil es der Drink ist, den James Bond im Buch ,Casino Royale' von Ian Fleming noch vor seinem geschüttelten, nicht gerührten Martini bestellt. Ich empfehle ihn auch, weil er der Vorläufer des Negroni ist. Gleiche Teile roter Wermut und italienischer Bitterlikör, getoppt mit Sodawasser und garniert mit einer Orangen- und Zitronenzeste, machen ihn zu einem außergewöhnlichen Aperitif."

Wer diesen Drink bestellt, so Daevel, ist meist feinsinnig in seiner Art, traditionsbewusst, geradezu brillant. Immerhin gibt es den Americano bereits seit dem 19. Jahrhundert: Ein Klassiker also, und jene, die ihn genießen, angenehm wertebewusst. Subtile Zweisamkeit wird großgeschrieben, inspirierende Gespräche werden gesucht - wenn das mal nicht als vielversprechend gilt.

Americano

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2. Moscow Mule bzw. Kiew Mule

"Ein Moscow Mule ist die ideale Wahl fürs erste Date, weil er ein wunderbar erfrischender Cocktail aus Vodka, Limettensaft und Gingerbeer bzw. karbonisierter Ingwer-Limonade ist. Spritzig, und mit einem Hauch Schärfe. Serviert wird er klassisch im Kupferbecher und mit einer Gurkenscheibe."

"Ein Drink mit dem man beim Gegenüber definitiv Eindruck machen kann!", so Daevel. "Daher bestellen diesen Cocktail offene und selbstbewusste Menschen, deren Urteil man trauen kann und die klare Entscheidungen treffen können." Hier weiß also jemand, was er will - kein halbgares Rumeiern, sondern ein Treffen auf Augenhöhe und eine Konversation mit offenem Visier. Mit Sicherheit ein spannendes erstes Rendezvous!

Moscow Mule 

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3. Pimm's Cup 

"Der Pimm's Cup gehört zu Wimbledon wie der Rasen, auf dem gespielt wird und ist der offizielle Drink des Tennisturniers. Aber auch in unseren heimischen Bars wird der Longdrink gern bestellt. Gemixt wird er mit einem auf Gin basierenden Digestif-Likör namens Pimm's No 1 Cup, der schöne Aromen von Zimt, Lakritze und Bitterorange aufweist. Aufgefüllt wird das mit einer Zitronenlimonade oder einem Ginger Ale, und anschließend garniert mit einer Gurken-, Orangen- und Zitronenscheibe, Erdbeere und einem Minz-Zweig. Das lässt den Drink schon beim Servieren appetitlich wirken."

Wer bei seinem Date einen Pimm's Cup bestellt, dem ist auch die Wertschätzung von Steven Daevel gewiss. "Es gibt kein schöneres Wort als jenes, das ich für Menschen übrig habe, die sich für genau diesen Cocktail entscheiden: weltoffen", schwärmt der Barmann. "Es sind Menschen, die eine Anpassungsfähigkeit für jede Situation auszeichnet. Die eine einzigartige Aufgeschlossenheit für alles was ihnen in den Sinn kommt aufbringen - und das auch in jedem anderen hervorrufen, der ihnen die Möglichkeit gibt."

Pimm's Cup

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4. Aperol Sour

"Den Sour empfehle ich gerne als tolle Alternative zu einem Aperol Spritz, er erlangt auch immer mehr an Bekanntheit. Gemacht wird er mit einem Schuss mehr Aperol, mit gleichen Teilen gepresstem Zitronen- und Orangensaft. Serviert wird er natürlich auf Eis. All das macht diesen Cocktail zu einem unwiderstehlichen Geschmackserlebnis. Auf Wunsch auch gern mit Eiweiß oder als vegane Version mit Aquafaba (veganer Eischnee) geshakt. Und auch gerne ohne Eis in einem Coupette-Glas - wäre mein Tipp für all jene, die diesen Drink beim nächsten Date gerne mal probieren möchten." 

Was der Aperol Sour auf den Charakter des Dates schließen lässt? "Es überrascht nicht wirklich, dass diesen Drink vor allem innovative Menschen bestellen, die einen großen gedanklichen Spielraum für Kreativität á la Daniel Düsentrieb ihr eigen nennen", erklärt Mix-Profi Daevel. "Menschen, mit denen man über Gott und die Welt reden kann."

Ein Glücksfall, eindeutig: Denn Nervosität wird bei einem Treffen mit so einer Person schnell verfliegen, man kann ganz authentisch sein, den Abend auf sich zukommen lassen - und Langeweile dürfte bei so einem Date wohl auch nie aufkommen. Diesem Stimmungskiller kommt nämlich wohl der Einfallsreichtum des Gegenübers zuvor.

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5. Ipanenema

"Der Trend zeigt, dass viele beim ersten Date auf alkoholfreie Drinks zurückgreifen - das sogenannte Zero-Proof-Dating, bei dem man bei einer Verabredung auf alkoholische Getränke verzichtet, um besser feststellen zu können, ob eine wahre Verbindung zum Gegenüber besteht, ist nicht nur in anderen Ländern Mode, sondern auch bei uns immer häufiger. Kein Wunder also, dass diverse Getränkehersteller alkoholfreie Varianten ihrer bekannten Liköre und Spirituosen entwickelt haben. Ein Klassiker der sogenannten ,Mocktails' ist die Ipanema."

"Bekannt ist sie als die ,jungfräuliche' Version der beliebten Caipirinha, wobei hier der Cachaça mit Ginger Ale getauscht wird. Als kleinen Twist gebe ich noch etwas Passionsfruchtsirup hinein, um dem Ganzen eine fruchtigere Note zu verleihen."

Und so tickt der Ipanema-Besteller: "Die Menschen, die ihn bestellen, sind genauso abwechslungsreich wie dieser Drink", so Steven Daevel. " Dazu versprühen sie eine angenehme Lebhaftigkeit, sind vertrauenswürdig und ganz bestimmt niemals langweilig." Klingt nach einem Dating-Jackpot: gegenseitiges Referieren des Lebenslaufes inklusive Hobbys und Vorlieben ist hier ganz sicher nicht gefragt. Stattdessen erquickende, spannende Gespräche - und das mit jemand, den man als offen, zugänglich und ehrlich einschätzen darf.

Jedoch: "Wie heißt es doch so schön: Alles ist relativ", fügt Daevel seinen Tipps und Einschätzungen hinzu. All jenen, denen bald das nächste Date ins Haus steht, rät er klug, sich auch nicht zu stark an seinem Erfahrungsschatz festzuhalten: Wer sich vorurteilsfrei auf sein Gegenüber einlässt und einfach seinem Gefühl vertrauen, ist auf dem richtigen Weg. "Am besten ist, sich selbst ein Bild von der Person zu machen, die einem gegenüber sitzt - und wer weiß, vielleicht ist es ja die nächste Miss bzw. der nächste Mister Right."

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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