Kiwidom in der City Farm Augarten in Wien

Von Kiwi bis Kohl: Winterernte mit einem Hauch Exotik in Wien

Warum Kiwis, Granatäpfel und Okras auch mitten in Wien wachsen und Salat auch ganz frisch im Winter geerntet werden kann.

Von Ingrid Greisenegger

 

Den „Kiwi Dom“ auf der City Farm Augarten in Wien kennzeichnet seine Kuppelform mit einem Bodendurchmesser von 8 Meter. An seinen Metallstangen ranken sich Kiwi-Pflanzen, bekanntlich Schlinggewächse, langsam hoch. Es braucht wohl noch eine Weile bis er zum ersehnten Schattenspender wird und ein dichtes Blätterdach und dichte Seitenwänden entfaltet. Doch Eile ist bekanntlich kein guter Begleiter beim Beobachten von Natur. Immerhin kann man heute schon sagen: Die Richtung stimmt. Peter Bachler, der Kompostexperte der City Farm (im Bild oben rechts) und sein Begleiter genießen eine Arbeitspause. 

Auf die Kiwi der Sorte Actinidia deliciosa können die beiden allerdings jetzt noch nicht zugreifen. Denn geerntet werden sollen die Früchte erst vor dem ersten Frost. Mitte Dezember sind sie dann weich und genussreif. Sie könnten, bei entsprechender Lagermöglichkeit, beispielsweise einem Erdkeller, bis Juni ohne Qualitätsverlust gelagert werden. Auch Kaki, Granatäpfel und Paw Paw, die „Indianerbanane“, hat bereits irgendwo auf dem 4.000m2-Gelände der City Farm einen Platz gefunden. Letztere punktet mit cremigem Fruchtfleisch, das man löffelweise genießt. Und es soll noch weitergehen mit den Exoten und ihren Genüssen, mitten in Wien. 

Deren steigendes Wohlbefinden in unseren Breiten ist dem Klimawandel geschuldet, der die längeren und wärmeren Sommer verursacht. Ihre häufigeren und in ihrer Vielfalt bestechenden Auftritte verdanken sie aber einer erstmals umfangreicheren Verfügbarkeit von Jungpflanzen. Sie sind gekommen, um zu bleiben, bereichern das Stadtbild und den Speiseplan. Obstexperte Siegfried Tatschl, der auch die City Farm berät, freut sich an diesem Aufrüsten. „Im Grunde haben wir nämlich nur eine geringe Artenvielfalt“, meint er, „denn durch die wiederkehrenden langen Eiszeiten in unserem Raum sind wir damals etwas zu kurz gekommen. In Asien haben sich die Eiszeiten deutlich weniger bremsend ausgewirkt. 

Ein Mann steht da und hält zwei Äpfel in seinen Händen.

Obstexperte Siegfried Tatschl vor einem Chinesischen Dattelbaum. Granatäpfel und Entenbirnen (chinesische „Duck Pears“), jetzt im Exotentrend, empfiehlt er auch Anfängern. 

©Elisabeth Scheidl

So ist dann beispielsweise aus Zentral- und Ostasien vor rund 3.000 Jahren der Apfel von dort zu uns gekommen. Erst im 19. Jahrhundert begann man, sich hier für den Obstbau ernsthaft zu interessieren“. Jetzt entdeckt man eben neue Einwanderer im Land. Beispielsweise die Chinesische Dattel (Ziziphus jujuba). Sie schmeckt wie Apfel, Dattel und Kokosnuss in einer Frucht, dazu kommt noch ein Hauch von Schokolade. 

Hoch belobt werden von Siegfried Tatschl auch die „Duck Pears“, die die Chinesen „Entenbirne“ nennen. Es handelt sich um Kreuzungen der Ussuribirne mit der Weißen Birne, die wohlschmeckende und optisch attraktive neue Sorten ergeben. Die kleinen Bäume wachsen bis 3 m hoch, regelmäßige Pflegeschnitte erhalten die kompakte Form und fördern die Fruchtbarkeit. Zu beziehen bei praskac.at, zahradnictvi-spomysl.cz und botanic-wug.de

Gemüse-Exoten

Neuzugänge gibt es aber auch im Gemüsebeet und bei den Gewürzpflanzen. Wolfgang Palme, Gemüseexperte und Leiter der City Farm Augarten, hat im Mai Okra (im Gemüsebau seltene Malvengewächse) angebaut, eine Pflanze, von der auch die rosa-weißen Blüten essbar sind. Ab August haben die Okras, es gibt sie mit grünen oder roten Schoten, kräftig zugelegt. Jetzt sind sie zwei Meter hoch, mit Stämmen von 10 cm Durchmesser. Bis in den Herbst hinein werden sie laufend zugleich neue Blüten und Früchte produzieren. Wie man die Schoten zubereitet? Palme rät, sie nur einmal längs zu halbieren (weil sie an den Schnittflächen schleimen) oder sie gleich im Stück zu grillen oder kurz anzubraten. Okra benötigt, wie auch Ingwer, Kurkuma und Erdnüsse, wettergeschützte Plätze. Palme setzt sie in Frühbeetkästen und unter Hochbeethauben, wobei immer für reichlich Frischluft gesorgt werden muss, also für offene Fenster, weil diesen Exoten Überhitzung nicht bekommt. Was man noch beachten sollte: Okra und Erdnüsse haben es gern warm und trocken. Ingwer und Kurkuma hingegen warm und feucht, letztere sollte man besprühen.

Grüner Feldsalat im Schnee

Salat im Frost – aber ohne Schäden. Viele Gemüse sind weit weniger frostempfindlich als oft angenommen.
 

©Artist-freed

Snow Food 

Noch während im September und Oktober die Ernte der neuen Exoten im Küchengarten oder auf dem Balkon ansteht, darf – ja, alle Jahre wieder! – das Auspflanzen von „Snow Food“ nicht vergessen werden. Es handelt sich um Winterfrischgemüse: Salate, Radieschen, Karotten, Mangold u.v.m. Wer im September seine Jungpflanzen ins Beet setzt (in breiter Palette zu erwerben beim Bio-Jungpflanzenmarkt der City Farm), darf sich auf grüne, sogar bunte Weihnachten freuen. „Snow Food“ ist Teil der 4-Jahreszeiten-Methode, die auf der City Farm exemplarisch praktiziert und in Workshops vermittelt wird. Man unterscheidet vier Pflanzsaisonen. Von der Aussaat im Frühbeetkasten oder unter der Hochbeethaube im Jänner über das Auspflanzen von Frucht- und Sommergemüse von Ende April bis Ende Mai, gefolgt von der Pflanzsaison 3, die von Mitte Juni bis Ende Juli reicht. Da kommt auch schon das erste „Snow Food“ ins Beet, dessen Hauptauspflanzzeit, die vierte im Jahr, aber im September liegt. Das System ermöglicht reiche Ernten rund ums Jahr, sogar im tiefen Winter. Heute kann sich Österreich nur zu 55 Prozent selbst mit Frischgemüse versorgen – mit Hilfe der 4-Jahreszeiten-Methode ließe sich der Versorgungsgrad stark steigern. Denn sie funktioniert bis ins Hochgebirge hinauf. Der Gartenbaubetrieb „Garten am Berg“ praktiziert sie in Pichl-Schladming auf 960m Seehöhe, und das ist nur ein Beispiel unter vielen.

Grafik-Anleitung wo man welches Gemüse im Beet hinpflanzen muss
©Grafik

„Snow Food“ wird ohne Verschwendung von Heiz- und Lichtenergie großgezogen – also extrem klima-und kostenfreundlich. Ab Mitte Dezember bis in den März hinein wird frisch geerntet. Im Freilandbeet wie auch beim Urban Gardener auf der Terrasse oder auf dem Balkon. Der Ermutigung zu einem Selbstversuch ist die Grafik „Snow Food muss jetzt ins Beet“ gewidmet.

CITY FARM PROGRAMM

Bio-Winter-Frischgemüse- & Jungpflanzenmarkt: 

Fr, 19. September 2025 | 14–18 Uhr 
Sa, 20. September 2025 | 10–18 Uhr
Fr, 26. September 2025 | 14–18 Uhr 
Sa, 27. September 2025 | 10–18 Uhr

Bio-Innenstadtgemüse: 
jeden Freitag, 14–17 Uhr am Marktstand beim Eingangstor

 

 Stadtfarm-Boxen auf einem Holztisch, gefüllt mit frischem Gemüse und Kräutern.
©Elliot Titze

JETZT NEU! Bio-Gemüsekisterl

Die Gemüsekisterl mit saisonalem, ultrafrischem Bio-Gemüse aus unserer Marktgärtnerei können einfach über das Kontaktformular auf der Website bestellt und jeden Freitag 14–17 Uhr beim Eingangstor abgeholt werden. Preis: 15€ 
Adresse: Obere Augartenstraße 1/8 1020 Wien 
Kontakt:  +43 6606648450 oder [email protected]
Mehr Infos unter: www.cityfarm.wien

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