Die Heimkehr des Drei-Sterners: Johannes Nuding im Gespräch
Er ist erst der zweite gebürtige Österreicher mit drei Michelin-Sternen. Nun kommt Johannes Nuding nach Tirol zurück.
Es ist eine Rückkehr und ein völliger Neubeginn gleichermaßen: Nach mehr als zehn Jahren in der europäischen Spitzengastronomie kehrt Drei-Sterne-Koch Johannes Nuding in seine Heimatstadt Hall in Tirol zurück. Dem KURIER erklärte der 33-Jährige, warum er den Erfolg in der Topgastronomie mit dem vergleichsweise kleinen Tirol tauscht.
Ein Schritt, der in der Branche für Aufsehen sorgte. Erst recht für einen Koch, der bereits mit Anfang 20 als großes Talent gehandelt wurde. 2019 wurde seine Küche im Londoner Spitzenrestaurant „The Sketch – Lecture Room & Library“ vom Restaurantguide Michelin mit dem dritten Stern ausgezeichnet. Er ist damit erst der zweite gebürtige Österreicher, der dies erreichte. Der erste und mehrere Jahrzehnte einzige Drei-Sterner war bis dahin Eckhart Witzigmann.
Der richtige Zeitpunkt
Die Rückkehr in seine alte Heimat sieht Nuding als logischen Schritt. „Ich glaube, weil ich so weit in der Welt herumgekommen bin und so viel gemacht habe, kann ich jetzt wieder zurückkommen. Vorher wäre es zu früh gewesen.“ Außerdem habe er nie vergessen, woher er gekommen sei.
„Es kommt nicht immer auf die Größe an. Viele der weltbesten und bekanntesten Restaurants findet man in kleinen Orten und abgeschiedenen Regionen. Es kommt nicht darauf an, wo man etwas macht – sondern was man dort macht.“ Er nennt etwa Ferran Adria im katalanischen Roses oder Andreas Caminada in Fürstenau (Graubünden).
Nun kehrt er mit seiner Frau Lilit zurück, die er in Moskau kennengelernt hat. Acht Jahre hatte er dem „The Sketch“ seine kulinarische Handschrift verpasst, davor war er in Paris und Moskau tätig. „Während dieser Zeit haben wir sehr viel erreicht, all das lasse ich in London zurück.“ Vor allem die Menschen, mit denen er in London, Paris und Moskau zusammengearbeitet habe, werde er vermissen.
Nun blickt der Ausnahmekoch allerdings „nur mehr nach vorn und auf das, was kommt“. Und da hat er einiges vor: „Alles neu aufzubauen, neue Erfolge zu feiern und Menschen zu finden, die die gleiche Passion haben.
Schon seit mehr als einem Jahr wird an der Revitalisierung des 400 Jahre alten Traditionswirtshauses „Schwarzer Adler“ in Hall in Tirol gearbeitet. Nuding und seine Familie (Eltern und Onkel) haben den Gasthof übernommen und renovieren ihn von Grund auf. Die Eröffnung ist für Mitte 2022 geplant. Den Namen „Schwarzer Adler“ behält Nuding bewusst bei. Immerhin existiere das Gasthaus bereits seit Beginn des 16. Jahrhunderts. Während Küche und Gasträume langsam Gestalt annehmen, feilt Nuding an der Küchenlinie.
Denn eines ist klar: In Tirol wird er anders kochen (müssen) als in London. Eins zu eins wird sich die Küche aus dem „Sketch“ eher nicht ins Tirolerische verpflanzen lassen. Allerdings darf man wohl dennoch mit tollen Gerichten ganz im Nuding-Stil rechnen. Vor allem sein Credo mit Perfektion und Fokussierung auf das Produkt wird er nicht ablegen.
Handwerk, detailverliebt
In Hall zu kochen werde sich für ihn nicht von London unterscheiden, betont er. „Wir kochen überall gleich. Zutaten ändern sich und Abläufe müssen überdacht werden. Aber die Seele, das Handwerk, die Emotionen, die Detailverliebtheit und die hohen Ansprüche an uns sind immer die gleichen.“ Der Kochstil werde sehr von den Zutaten abhängen.
Ob er Haute Cuisine oder Tradition und Bodenständiges servieren wird? Da lässt er sich noch nicht so ganz in die Kochtöpfe blicken. Nur so viel: „Wir werden die Tradition nicht vergessen und die Moderne nicht scheuen. Alles muss harmonisch sein, geprägt von unserer nationalen und internationalen Erfahrung.“ Auf jeden Fall soll sich der „Schwarze Adler“ aber natürlich entwickeln. „Wir wollen, dass unsere Gäste mit unserer Küche unserem Weinkeller und Service mitwachsen.“ In der Küche wird Nuding nicht alleine werken. Zumindest ein Kollege aus dem Imperium seines Mentors Pierre Gagnaire kommt nach Tirol.
Apropos Pierre Gagnaire. Der Mastermind, für den Nuding 14 Jahre in Paris, Moskau und zuletzt eben in London arbeitete, freue sich, dass er seinen eigenen Weg in die Selbstständigkeit einschlägt. „Er wurde zu meinem Mentor, weit über das Kochen hinaus.“ Und dieser Kontakt bleibe weiterhin aufrecht. „Das macht den Abschied aus London leichter.“
Zur Person
Johannes Nuding
Nach der Ausbildung in der Villa Blanka in Innsbruck kochte er bei Johann Lafer und Johanna Maier, bevor er auch im Ausland Erfahrungen sammeln wollte
Erste Stationen
Nuding ging nach Paris und heuerte bei Joël Robuchon (zwei Sterne) an
Pierre Gagnaire
Bei der französischen Kochlegende Pierre Gagnaire fühlte sich Nuding zu Hause. Er war erst 25, als ihm sein Mentor die Leitung der Küche seines neuen Sterne-Restaurants in Moskau anbot. Bald darauf folgte „The Sketch“ in London
Auszeichnung
2019 verlieh der „Guide Michelin“ Nuding seine höchste Auszeichnung: Drei Sterne
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