
Von Schokomaroni bis Lebkuchen: Die Strategie hinter der frühen Weihnachtsware
Wenn die Temperaturen sinken, haben alljährlich bestimmte Süßigkeiten Saison. Manchen Konsumenten kann es gar nicht früh genug sein.
Manche Regeln gestalten sich so, dass man sich durchaus darauf freuen kann. Im Fall saisonaler Naschereien wie Maroniherzen lautet diese: Die Produktion startet beim Hersteller Heindl immer Anfang September. „Wenn es kühler wird, haben die Leute wieder richtig Gusto drauf“, erklärt Firmenchef Andreas Heindl diese Philosophie.
Dass heuer die dritte Septemberwoche nochmals Temperaturen um die 30 Grad brachte, war zwar so gesehen nicht ganz in seinem Sinne. Heindl nimmt’s aber gelassen.
Die richtige Jahreszeit für Maroni
Für manche Kunden ist die Temperatur ohnehin Nebensache. „Es wird schon Mitte August nach Schokomaroni gefragt“, sagt Heindl. Auch wenn man durch die ganzjährige Verfügbarkeit von tiefgekühltem Maronipüree laufend produzieren könnte: „Das wollen wir nicht.“
Nicht nur aus traditionellen Gründen. Ebenso, weil der saisonale Bestseller frisch produziert und daher nur vier Wochen haltbar ist. Dazu kommt die Logistik, neben den eigenen Shops auch die großen Supermarktketten zu beliefern. Derzeit läuft dafür die Großproduktion an. Bis zu einer Tonne Maronimasse werden in dieser Zeit zu etwa 100.000 Stück Schokomaroni verarbeitet.

Logistik ist gefragt
Die ausgeklügelte Logistik zwischen saisonaler Produktion und Belieferung der Handelsketten sorgt aber mitunter auch für Kopfschütteln, und in den sozialen Medien echauffiert man sich ohnehin gerne. Etwa alljährlich darüber, wenn sich die ersten Lebkuchenpackungen Mitte August bei über 30 Grad in den Märkten auftürmen. „Als Industrie richten wir uns danach, wann der Handel welche Produkte auf seinen Sonder-Verkaufsflächen platziert“, fasst Gerd Hörlesberger, Verkaufsleiter beim Lebkuchenhersteller Kastner im Mühlviertel (OÖ), die Hintergründe zusammen.
Andere (Groß-)Hersteller argumentieren wiederum mit logistischen Gründen. Um die Hauptsaison für Lebkuchen im Oktober und November abdecken zu können, müsse die Produktion bereits im Juni oder Juli beginnen. Und nicht zu vergessen: Steht ein Produkt früh im Supermarkt, spart das auch Lagerflächen. Ein weiterer Grund für frühe Verkaufsangebote ist in der Psychologie zu finden: Saisonale Produkte wecken Vorfreude und Erwartung; und das hebt wiederum die Wertschätzung für das Produkt.
Lebkuchen werde generell von August bis Dezember vertrieben, sagt Kastner-Verkaufsleiter Hörlesberger. Das heißt aber auch, dass bei Herstellern wie Kastner die Produktion noch früher auf das winterliche Gebäck ausgerichtet ist. Ab Mai schon laufen die Klassiker wie Früchte- und Honiglebkuchen und Weinbeißer vom Band.
Ganzjahresprodukt
Jene Jahreszeiten, in denen am meisten Lebkuchen verkauft werden, sind allerdings noch immer Herbst und Advent: November und Dezember sind die stärksten Absatzmonate, zeigen Kaufanalysen aus Deutschland. „Wir sehen aber auch, dass er nicht nur im Winter nachgefragt wird, sondern auch im Frühjahr“, ergänzt Hörlesberger. Der wird zwar eng mit Weihnachten assoziiert, ist aber durch seine Geschichte als Pilgernahrung im Grunde immer ein Ganzjahresprodukt gewesen. Im Gegensatz zu frischen Produkten wie den Maroniherzen hat der Honigkuchen auch heute noch einen gewichtigen Vorteil: „Er ist grundsätzlich ein lange haltbares Produkt, soll sogar eine Zeit lang abliegen.“
Das scheint auch bei den erhitzten Gemütern zuzutreffen. Die Empörung über die frühe Saisonware sei zwar ein alljährliches Phänomen, allerdings ein wenig nachhaltiges, sagte der deutsche Marketingexperte Carsten Leo Demming in einem Interview. Auch wenn sich laut einer Umfrage des Instituts YouGov 73 Prozent der Befragten gegen Weihnachtsgebäck bereits ab August im Supermarkt aussprechen: Zeit zum Ärgern bleibt auch jetzt noch. Ab Oktober kommen Adventkalender und Christbaumbehang in die Supermärkte.
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