Saison-Eröffnung: Die wahren Schweizerhaus-Freunde

Der 15. März ist seit mehr als 100 Jahren der offizielle Eröffnungstermin des wohl berühmtesten Wiener Bierlokals. Statt Prominenz feierten heuer vor allem die Stammgäste.

„So long steh i ned amol bei der Austria on“, beschwert sich ein Mann, der die riesige Menschentraube vor dem wohl bekanntesten Gasthaus im Wiener Prater bemerkt. „Na is jo logisch, es Wetter is urgeil“, antwortet ihm sein Begleiter. Zwar nicht ganz ohne Wolken, aber bei angenehmen 15 Grad versammeln sich am Dienstag Hunderte vor den Toren des Schweizerhauses. Wie seit mehr als 100 Jahren üblich, beginnt die Saison hier am 15. März.

Vor dem Gasthaus bildete sich eine große Menschenetraube. Hunderte warteten auf die Eröffnung

©Anna Perazzolo

Was die Polit-Elite des Landes – von Werner Kogler bis Sebastian Kurz – im vergangenen Jahr noch als „Tag der Freude“ pries, war heuer, zumindest vonseiten der Prominenz, kaum besucht. Wurde im Vorjahr im Schweizerhaus noch groß die Wiederauferstehung der Gastronomie zelebriert, dürften in diesem Jahr vor allem der Krieg in der Ukraine und die noch immer andauernde Pandemie die Feierlaune getrübt haben.

Nicht so bei Toni Faber: Der Dompfarrer ließ sich den Besuch nicht nehmen.

 

Kontrolle ist besser

Vielen anderen dürften die Wirren dieser Zeit ebenfalls nicht so sehr auf den Magen geschlagen haben. Die Stammgäste kamen nämlich in Scharen. Um Punkt 11 Uhr stürmten sie, unter dem Applaus der Kellner, durch die großen grünen Tore ins Lokal. „Alle kommen rein“, schrie ein Besucher in einer der hinteren Reihen – vermutlich zur Beruhigung der Masse. Und tatsächlich, jeder der hineinwollte, bekam einen der 2.350 Plätze im Lokal oder im Garten. In den abgelegenen Ecken blieben einige davon sogar leer.

Einige der 2.350 Sitzplätze sind sogar leer geblieben

©Anna Perazzolo

An der 2-G-Kontrolle am Eingang mussten aber alle vorbei. Das bot gleichzeitig die Gelegenheit, lange nicht getroffene Bekanntschaften wiederzusehen. „Bist a wieder do?“, sagte ein Stammgast zu einem Securitymann. „Jo, jetzt kenn i mi aus“, erklärte dieser. Seinen Ausweis musste der Herr dem Türsteher aber dennoch zeigen.

Grüne Fanartikel

Die ganz besonders engen Freunde des Schweizerhauses waren deutlich zu erkennen: Mit grünen Schweizerhaus-Kappen und weißen Schweizerhaus-Schals saßen sie im Gastgarten bei der ersten Stelze der Saison. Einige brachten sogar Blumen für Chefin Regina Kolarik mit.

©Kurier/Gilbert Novy

Wie es sich für das bekannte Lokal gehört, floss auch das Bier in Massen. Trainierte junge Männer mit Tabletts voller Krüge verschafften sich mit ihren „Achtung“-Rufen Gehör inmitten der Livemusik von einer Band, die ihre Darbietung immer wieder mit Trinksprüchen unterbrach.

Saisonstart

Geschichtsträchtig
Seit 1920 gehört das Schweizerhaus der Familie Kolarik. Somit startet das Gasthaus heuer in seine 102. Saison

Fahrgeschäfte
Auch die Fahrgeschäfte eröffnen. Im Gegensatz zur Gastronomie, wo weiterhin 2-G-gilt, ist der Zutritt zu Achterbahnen und Co. nicht beschränkt

Neuigkeiten
Neue Attraktionen ziehen im Prater ein. Etwa der „Olympia-Looping“, die angeblich höchste mobile Achterbahn der Welt oder die gläserne „Plattform 9“ auf dem Riesenrad. Über ein weiteres Fahrgeschäft wird derzeit noch gemunkelt

Dass dieser 15. März alles andere als ein gewöhnlicher Dienstag war, bemerkten auch zwei junge Frauen, die am Schweizerhaus vorbeispazierten. „Boa do geht’s richtig ab“, staunte eine der beiden. So oder so ähnlich dürfte es im Schweizerhaus von jetzt an jeden Tag ablaufen. Zumindest bis zum 31. Oktober, wenn die grünen Pforten des Lokals für die Winterpause wieder geschlossen werden.

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