Marktgeschichten: osterliches Eierlei von Nicole Ott

Die Natur leuchtet frühlingsfrisch und bald schon versteckt der Osterhase die bunt gefärbten Eier, mit Glück auch das ein oder andere Nesterl.

Frühlingsfreude überkommt mich, als ich an diesem Samstagmorgen über den Bauernmarkt spaziere. Ich erspähe Tulpen in allen Farben und Schattierungen, besonders die Papageientulpen haben es mir angetan, die erst in der Vase zu Hause ihre üppigen Blüten öffnen werden. Eine alte Dame verkauft Stiefmütterchen, die zu winzigen Sträußen zusammengebunden sind, und obwohl ich weiß, dass ihre Schönheit allzu vergänglich ist, kann ich nicht widerstehen und nehme sie mit. Dann gibt es mannshohe Palmkatzerlstecken, die sich in alle Himmelsrichtungen verbiegen. 
Und endlich sehe ich auch Schachteln voller bunter, glänzender Ostereier. „Hier stellt sich die Gretchenfrage“, drehe ich mich zum Liebsten um, der gerade freudig zum Speckstand eilen will. 

 

„Sollen wir heuer wieder selber Eier färben?“ Das bringt mich gedanklich zu den Besorgungen, die noch erledigt werden wollen. Auch wenn es in unserer Familie (noch) keine Enkerln gibt, die an den Osterhasen glauben, geht es doch recht traditionell zu. Jedes Kind bekommt ein Nesterl, heuer sehr nachhaltig aus Filz gewoben. Dazu den Osterschinken. „Aber wenn schon, dann ein richtig schönes Schinkenbein“, ermahnt mich dazu der Älteste. „Macht die Oma die Gemüsemayonnaise?“, fragt mich der Jüngste hoffnungsfroh. Da beschließe ich, dem Familiengeheimnis heuer endgültig auf die Schliche zu kommen und lade die Oma zum Kochen ein. Mit ihr in meiner Küche fühle ich mich wieder wie ein kleines Mädchen, das vor Ostern eine ganze Lage Eier vom Bauern holt, sie später färbt und mit einer Speckscheibe einreibt, rauchige Finger inklusive.   

Tipp

Um Grünfärbung des Dotters zu vermeiden, die Eier nicht länger als neun Minuten sprudelnd kochen lassen
 

Gerührt, nicht gemixt

Das Gemüse für die Mayonnaise muss ganz regelmäßig geschnitten sein, sonst wird das nichts“, lässt die Oma in dieser Frage nicht mit sich spaßen. Ich überlege  ein bisschen bang, ob ich den gleichen Tonfall habe, wenn ich den Liebsten beim Gemüseschnippseln ermahne. Die Mayonnaise wird natürlich nicht wie bei mir schwuppdiwupp mit dem Pürierstab, sondern mit der Küchenmaschine gerührt. Dazu kommt wie jedes Mal, wenn wir unser Familienessen verschmausen, die Geschichte meiner ältesten Tante, die zum ersten Mal mit fünfzehn Jahren die Mayonnaise rühren durfte – mit der Gabel! Initiation in den 50er-Jahren, sozusagen, nicht auszudenken, wenn ich der Mittleren mit solchen Ideen gekommen wäre! 
„Siehst du, so schnell geht das“, betrachtet die Oma zufrieden die fertige Mayo, außer Acht lassend, dass ihre backerfahrene Tochter das Ei und das Öl angewärmt hat, auf dass sie besser emulgieren. Flugs habe ich  noch ein Ei gekocht und beim Verkosten denke ich an all die schönen Familienfeste, bei denen hart gekochte Eier, Schinken und Gemüsemayonnaise verspeist wurden. Und wie schön es wird, wenn ich mit meinem Enkerl Ostereier färben werde und dabei alte Schnurren erzähle.  

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