Marktgeschichten: Blaubär

Wenn der August die große Hitze mit sich bringt, verlegen wir das Backen in die kühlen Morgenstunden und eilen mit den ofenwarmen Muffins ins Freibad.

Herrlicher Sonnenschein empfängt mich am Markt, als ich an diesem Donnerstag ins Café eile. Wie jeden Tag bekommen die Standler ihren ersten "Macchiato“ auf dem Silbertablett serviert, dazu gibt es ein Stück Heidelbeer-Zitronenkuchen, extra von der Chefin gebacken. "Gibt’s heute echte Waldheidelbeeren?“, frage ich Erol. "Ein paar Schachterln habe ich ergattert, sie sind doch wirklich etwas Besonderes, und es gibt auch am Grünmarkt nicht allzu viel davon“, erzählt mir mein Standler. "Die Kulturheidelbeeren stammen von den amerikanischen Beeren ab und sind im Gegensatz zu unseren europäischen nicht durch und durch blau gefärbt. Sie sind auch mindestens doppelt so groß, länger lagerfähig, aber halt auch weniger aromatisch“, trumpfe ich mit Fachwissen auf. 
 

Im Café lasse ich das ganze Team von den wilden Heidelbeeren kosten, bis wir alle violett gefärbte Münder haben, die Gäste werden heute staunen, wenn sie uns lächeln sehen. "Wilde Heidelbeeren esse ich am liebsten pur, mit ein bisschen Joghurt, Granola und Honig. Wenn sie ‚müde’ werden, was ja leider relativ rasch passiert, koche ich sie schnell mit ein wenig Zucker ein und esse sie mit meinem Frühstückssemmerl“, lasse ich Adnan wissen, der den Kochlöffel schwingt, da Daniel auf Urlaub ist. 

"Im Westen Österreichs heißen Heidelbeeren Schwarzbeeren“, erkläre ich, bevor ich ihm die Geschichte von meinem ersten Hund erzähle, ein Zwergpudel mit Namen "Marilyn“, der sich beim Heidelbeerbrocken immer die Beeren vom Strauch geholt hat. Heuer werde ich die Heidelbeeren in den Bergen wohl verpassen, weil wir in Wien sehnsüchtig auf unser Enkerl warten. Aber vielleicht habe ich Glück wie in vergangenen Jahren, und wir entdecken bei einer Gipfelwanderung in der Höhe noch die ein oder andere reife Beere, die Ende August am Stammerl hängt.  

Sind sonnenwarme Beeren nicht ein großes Sommerglück? Zurück in meiner Küche zuhause sinniere ich über meine Sommerfreude, das baldige Oma-Sein. Dazu gehört auch, in diesem Monat das Backen kinderfreundlich zu gestalten, was bietet sich hier besser an als Heidelbeer-Muffins? Für jedes Picknick oder den Schwimmbadbesuch perfekt geeignet, nur kann ich nicht widerstehen und verpasse ihnen noch einen Knuspermantel mit einem Hauch Zimt, der so gerne ein Techtelmechtel mit den violettblauen Beeren eingeht. "Muss ein Streuselteig extra sein, das ist so mühsam!“, jaulen die Mittlere und ihre Freundin auf, die zu Besuch sind.
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen, ich stelle den Timer und messe, wie lange es dauert, Streusel herzustellen, Abwiegen und Zimtsuchen inklusive. "Nicht einmal fünf Minuten!“, triumphiere ich und bringe den Damen die ofenwarmen Küchlein. Während sie sich durch den zimtigen Knuspermantel zu den saftigen Beeren vorkosten, ergänze ich: "Außerdem keine Widerrede – Omas haben immer Recht!“.

Tipp

Für die Aufbewahrung die Beeren möglichst in einer Lage im Kühlschrank aufbewahren und so rasch wie möglich verwenden
 

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