
Jungwinzerin bringt frischen Wind ins Blaufränkischland
Im Mittelburgenland führt Lisa Kölly-Pfneisl seit Kurzem ihr Weingut. Warum sie Wein "verjüngen" will und wie sich die Männerdomäne wandelt.
Der Wind pfeift über den Weinberg, während Lisa Kölly-Pfneisl, 33, mit Hündin Nala ihre Rebstöcke begutachtet. Noch ist es frisch, doch die ersten grünen Spitzen sind schon durchgebrochen.
"Viele stellen sich die Arbeit im Weingarten sehr romantisch vor: Trauben naschen, ein bisschen dahinschneiden", sagt die 33-Jährige. "Dabei muss man sehr penibel arbeiten und steht gleichzeitig unter Zeitdruck, damit die Verarbeitung im Keller rechtzeitig passieren kann."
Als Jungwinzerin gehört die Deutschkreutzerin weltweit noch zu einer Minderheit. Sie entstammt einer Weinbaudynastie – schon ihr Urgroßvater lieferte im Mittelburgenland Weinflaschen per Pferdekutsche aus.
"Mein Opa hat zur Zeit der Industrialisierung groß aufgewirtschaftet", erzählt Kölly-Pfneisl. Ihr Vater Gerhard hat "radikal von Quantität auf Qualität umgestellt": "Neben unseren alten, heimischen Blaufränkischrebstöcken pflanzte er vor 30 Jahren internationale Sorten wie Shiraz, da beginnt jetzt die beste Zeit. Er hat mir sozusagen den Weg geebnet."

Kölly-Pfneisl mit Hündin Nala
©kurier/Martin WinklerKlischees
Dass die einzige Tochter den elterlichen Winzerbetrieb weiterführen würde, stand trotzdem lange nicht fest. Nach der Tourismusschule studierte sie Wirtschaft, ursprünglich wollte sie ihr Hobby – Pferde und Reiterei – zum Beruf machen.
"Nach und nach habe ich gemerkt, wie erfüllend die Arbeit am Weingut ist. Die Vielfalt mag ich besonders: Du kannst dich kreativ entfalten, mit den Händen arbeiten, alleine im Keller dahinwerken, Büroarbeit machen und mit Kunden in Kontakt sein." Erst nach dem Studium ließ sie sich berufsbegleitend zur Winzerin ausbilden.
Als ihr Vater in Pension ging, hat Kölly-Pfneisl – der erste Familienname stammt von ihrem Ehemann – das Weingut offiziell übernommen. Im Oktober wurde die Deutschkreutzerin zur Präsidentin des Verband Blaufränkisch Mittelburgenland gewählt und ist damit die erste Frau an der Spitze eines regionalen österreichischen Weinverbandes. "Man muss sich als junge Frau schon behaupten können. Eine schüchterne Person würde sich schwertun", sagt sie.
Fakten
Events
Beim "Gourmet-Radeln im Blaufränkischland" wird am 17. Mai durch die Weingärten von einem Lokal zum nächsten geradelt. Danach gibt es eine After-Radl-Party in der Vinatrium Weinlounge in Deutschkreutz. Infos, Tickets sowie weitere Veranstaltungen: blaufraenkischland.at
55 %
beträgt der Anteil von Blaufränkisch an den Rebflächen im Mittelburgenland. Die alte heimische Sorte ist damit vor dem Blauen Zweigelt die häufigste in der Region. Auch Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir, St. Laurent und Syrah finden im sonnigen Mittelburgenland ideale Bedingungen vor
Der Abbau von (Geschlechter-)Klischees ist ihr neben umweltfreundlichem Wirtschaften ein besonderes Anliegen. "Früher waren Frauen im Weinbau eine Seltenheit. Ich denke, dass das körperliche Arbeiten und die technischen Voraussetzungen viele abgeschreckt haben. Typischerweise haben ältere Herren auf klassischen Weinmessen ihre schweren Rotweine präsentiert. Mittlerweile gibt es zum Glück mehr Vielfalt."
Eine der Vorreiterinnen ist ihre Cousine, Rosé-Spezialistin Pia Strehn, die wenige Meter entfernt ihren eigenen Weinbaubetrieb führt. Zusammen möchte man im Blaufränkischland die junge Zielgruppe für regionalen, bewussten Weinkonsum begeistern (siehe oben). "Wir veranstalten Weinfeste mit cooler Musik, nicht nur klassisches Weinverkosten, wo man Angst hat, sich falsch zu artikulieren", sagt Kölly-Pfneisl. "Diese Angst möchte ich den Leuten nehmen."

Lisa Kölly-Pfneisl übernahm 2024 das Weingut ihrer Eltern, der Schwerpunkt liegt auf Rotwein
©kurier/Martin WinklerHerausforderungen
Dass antialkoholische Alternativen gefragter werden, trifft inzwischen nicht nur auf den "Dry January" zu. Einen großen Trend weg vom Wein sieht die Winzerin aber nicht. "Gerade der Österreicher versteht, dass es sich bei hochwertigem Wein um ein Kulturgut handelt und geselliges Beisammensein positive Effekte auf die Gesundheit hat", argumentiert sie. "Außerdem sind wir im ländlichen Bereich einer der wenigen Arbeitgeber."
In puncto Regionalität sei beim Trinken noch Luft nach oben. "Wir haben hervorragenden Frizzante aus der Gegend", sagt Kölly-Pfneisl und schwenkt ein Glas prickelnden Rosé aus ihrem Keller. Es muss ja nicht immer orangener Aperitif aus Italien sein.
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