Cocobello: Was man im Bermuda-Dreieck der Adria snackt
Im Bermuda-Dreieck der Adria zwischen Jesolo und Lignano gehören die kalten Kokosnuss-Spalten dazu wie Pizza und Sonnenbrand.
Coco! Coco-Bello! Es ist nichts weniger als der Schlachtruf des Sommers, der über den Strand schallt. Zwischen endlosen Reihen an dicht aneinander gestaffelten Liegestühlen, wie hineingewürfelt in einen Wald aus Sonnenschirmen, und in der Hitze grausam vor sich hinbrutzelnden Beach- und Bauchbodys bahnen sie sich mäandernd aber unaufhaltsam ihren Weg.
Im Bermuda-Dreieck der Adria, also in Jesolo, Caorle, Bibione und Lignano, gehören die Cocobello-Verkäufer zum fixen Strandinventar wie Gelato und Aperol, Goldketterl und Spaßkickerl, Minigolf und Luna Park. Mag sich auch einiges an einem bodenständigen österreichischen Sehnsuchtsort wie Tschesolo verändert und dem Zeitgeist angepasst haben (Glaspaläste! Italo-Japan-Fusionküche! Klimanlagen!) – die eisgekühlten Kokosnuss-Spalten bleiben fest verankert wie Hans Krankls bloße Füße im braunen Sand.
Cocobello! Bello-coco-coco! Hinter jeder Sandburg kann jederzeit ein neuer fliegender Händler hinter einer Sandburg auftauchen und seine Ware anpreisen. In einem geflochtenen Korb ruhen die Scheiben, bevor sie in einen Kübel kalten Wassers getaucht und dem gierigen Käufer ausgehändigt werden, andere kommen gleich mit Eisbox.
Süßlich-seifiger Klassiker
Und wollen wir kurz dieses ganz einzigartige Weiß bereden, das sich da einladend vor einem aufbiegt, strahlend weiß, als hätte jemand es mit SportZiel-Zahnpasta (noch so eine Erinnerung aus den Achtzigerjahren) aufpoliert? Triefend nass glänzt dieses Schneeweiß in der Sonne, zu erstehen manchmal auch an einem Standl, wenn die Spalten, auf Etagen geschlichtet unter einem Schnürlregen dauerduschen.
Im kulinarischen Universum rangiert das Cocobello irgendwo zwischen Steckerlfisch, Jolly-Eis und Grillwurst. Kein Gedicht für Gourmets, aber beißt man, ermattet von der Juli-Hitze hinein, schießt sofort unweigerlich dieser süßlich-seifige Geschmack ins Nervensystem, milchig, herzhaft, exotisch erfrischend. So hat der Sommer als Kind geschmeckt, als man sich zu Ferienbeginn im roten Opel vom Papa ohne Air Condition mit dem Rest von Österreich gemeinsam über den Brenner Richtung Bella Italia staute. Und so schmeckt er auch heute.
Wobei die Kokosmänner längst nicht mehr die Alleinherrscher sind am Strand. Unter sie haben sich jede Menge anderer Ragazzi gemengt, die alles feilbieten, was man nicht braucht, aber dennoch gerne kauft. Eine Fülle von Liegetüchern, die sie, zu Türmen gestapelt auf ihren Schultern tragen. Sonnenbrillen. Armbänder.
Oft wird die 15-minütige Strandmassage angeboten, das Wellness-Spa des kleinen Mannes. Mitunter wird dem meist eher nicht legalen Handel mit scharfen Regeln begegnet, auch Touristen, die kaufen, wurden schon gestraft. Den Cocobello-Verkäufer an der Adria kann das hoffentlich nicht verscheuchen. Den hat immerhin auch schon Der Nino aus Wien besungen: Muscheln suchen, Ausflug buchen, Kokoshändler schreien: Bello, Bello, Coco Bello, Jesolo, oh Jesolo! Wie heißt es doch im gleichnamigen Buch über die hiesige Identität: Österreicher bist du erst in Jesolo.
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