Flaschenpost: Weinempfehlung 3.0

Die neuste technische Errungenschaft ChatGPT macht auch vor der Weinbranche keinen Halt, wie Christina Fieber weiß.

Rustikale Weintradition war gestern. Inzwischen hat ChatGPT auch in die Weinbranche Einzug gehalten. Die gehypte künstliche Intelligenz in Form eines textbasierten Dialogsystems scheint einfach alles zu können, antwortet brav auf jede Frage, kann expressionistische Gedichte schreiben und neuerdings auch schwierige Fachprüfungen meistern. So berichtete das britische Weinmagazin „The Drinks Business“, die Wunderwuzzi-KI hätte die theoretischen Prüfungen zum Master-Sommelier mit links bestanden. Man gratuliert. Die Qualifikation gilt in der Weinwelt als eine der höchsten Auszeichnungen, für die Menschen aus Fleisch und Blut monatelang büffeln. 

Freilich, den praktischen Prüfungsteil hat man dem Chatbot erspart, da fehlen dem System noch ein paar  technische Voraussetzungen. Ist aber sicher nur eine Frage der Zeit, bis die KI mit digitalen Zungen und Nasen Weinaromen erschnüffelt, erkostet und in ebenso bizarre Degustationsprosa fasst, wie das bislang nur geschulte Trinker vermochten. Bis dahin muss man sich mit Tipps per Chat zufrieden geben. Auf die Frage nach der passenden Weinempfehlung zu Seebarsch mit Limettensauce etwa rät die  Maschine, einen leichten Weißwein in Betracht zu ziehen. Labert dann noch täuschend fachecht von Säure, Frische und Frucht, um dann   einen Sauvignon blanc aus Marlborough, Neuseeland oder einen Pinot Grigio aus dem Friaul zu empfehlen. Da fragt man sich  schon, wer das Ding trainiert hat.

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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