Frau trinkt Rotwein aus langstieligem Glas

Perspektivenwechsel: Alte, weiße Weinmänner

Es braucht mehr Weinfrauen - zumindest ist der Restaurantkritiker der britischen Times, Giles Coren, davon überzeugt.

Ein Raunen ging durch die internationale Weinwelt, als kürzlich der Restaurantkritiker und Kolumnist der britischen Times, Giles Coren, in gewohnt scharfzüngiger Manier über die alten weißen Männer in der Weinbranche herzog. Es brauche mehr Weinfrauen statt der männlichen Wein-Langweiler mit „purpurrotem Gesicht, hängenden Wangen und Seidenstecktuch in der Blazertasche“. Detailverliebt beschreibt er das eigene Geschlecht etwa als „schwer atmende Wichtigtuer mit indigofarbigen Zähnen“. Seine Häme brachte ihm naturgemäß einen Shitstorm ein – nicht nur die verspotteten Herren beklagten sich bitter, auch Frauen fragten sich, ob der gute Coren die letzten zwei Jahrzehnte verschlafen habe. Wo es doch in der Weinbranche nur so wimmle vor Frauen.  

Das mag in Großbritannien so sein, hierzulande kann von einer Flut an Weinfrauen keine Rede sein: Zwar absolvieren mehr junge Frauen eine Sommelier-Ausbildung oder Weinbauschule  – in der Praxis sieht die Sache anders aus: Head-Sommeliers hochdekorierter Häuser sind immer noch vorwiegend Männer, es gibt nach wie vor mehr Winzer als Winzerinnen, mehr männliche Weinkritiker und -schreiber. Eine Frauenquote, das vielleicht subtilste Instrumentarium der Diskriminierung, braucht es in der Weinbranche aber nicht: Die Zeiten, als bei hochkarätigen Weinverkostungen Männern erlesenster Stoff kredenzt wurde, während man die anwesenden Frauen mit mittelmäßigem rosa Sprudel bei Laune hielt – in einem separierten Raum naturgemäß  –  die Zeiten sind vorbei.

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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