Ausgetrunken

Keiner polarisiert so wie der Cosmopolitan

Es gibt Barkeeper, die weigern sich, den Cosmopolitan zu mixen. Doch der Drink ist das gewohnt – und wird überleben.

Cosmopolitan? Niemals! Es gibt Barkeeper, die weigern sich, den Drink zu mixen. Andere etwas rabiatere Exemplare drohen schon vorab mit einem Lokalverbot, sollte wer auf die Idee kommen, den pinken Drink zu bestellen. Weil sie den zu uncool finden.

Kann man cool und puristisch finden. Oder auch nicht. Gerhard Tsai von der viel prämierten Speakeasy Bar "Tür 7" in Wien hat sich für Letzteres entschieden. Wenn er richtig gemacht werde, sei der richtig gut. Und damit hat er recht. „Er hat so einen schlechten Ruf, weil in Europa oft viel Cranberrysaft dabei ist. In New York, wo er herkommt, verwenden sie wesentlich weniger davon.“ Und auch der Sex-and-the-City-Boom der 90er und frühen Jahrtausender hat wohl mit ein Scherflein beigetragen, dass den viele heute nicht mehr wirklich gut finden.

Der Cosmopolitan wird es aber überleben, er ist ein Auf und Ab gewohnt.

Schon in den 30ern gab es in den USA einen Gin-Drink, der dem heutigen Wodka-Drink etwas ähnelte. In Barbüchern stand ein Rezept aus Wodka, Cointreau, Saft einer Zitrone und 1 Teelöffel Himbeersirup. Und wie das so ist beim Cosmopolitan, dann war der auf einmal wieder weg und in Barbüchern nicht mehr zu finden.

Dann tauchte in den 80ern der Stealth Martini auf, der  eigentlich schon alle Inhalte eines modernen Cosmopolitan aufwies: Wodka, Orangenlikör, Limettensaft und Cranberrysaft – nur der Wodka war nicht aromatisiert, worauf einige Bartender beharren. Wodka, Orangenlikör und Limettensaft sind auch für einen anderen verwandten essenziell, der in den 80ern für rasante Nächte sorgte: Der Kamikaze.

Aus San Franciscos Schwulenclubs

Ende der 80er-Jahre war der Cosmopolitan in  New York auf jeden Fall das Ding. Vorher hatte man unter diesem Namen einen übermäßig großen pinken Martini vor allem in den Schwulenclubs San Franciscos getrunken. 
Der Barkeeper Toby Cecchini aus der Bar Odeon im New Yorker Viertel Tribeca hatte damit ein bisschen daran herumexperimentiert. Er schuf das Standard-Rezept Cointreau als Triple Sec sowie frisch gepressten Limettensaft. Andere Bartender nannten ihn dann nur noch „Das Arschloch, das diesen pinken Drink erfand, der uns versklavt hat“.

Wikipedia kennt übrigens noch einen Erfinder: „Nach Markteinführung des Wodkas Absolut Citron in den USA soll Cheryl Cook im Jahr 1985 den ersten „modernen“ Cosmopolitan mit Zitronenwodka, Triple Sec, Rose’s Lime Juice und Cranberrysaft in ihrer Bar The Strand in Miami Beach gemixt haben.“ 

Sei es, wie es sei: In den 90ern war er plötzlich vorbei, der Espresso Martini oder der Mojito übernahmen für einige Jahre die Vorherrschaft. Bis, ja bis zum 18. Juli 1999. Da flimmerte die Episode „The Chicken Dance“ aus der zweiten Sex-and-the City-Staffel über die Schirme. Darin bemerkt Nymphe Samantha, dass sie beinahe mit jedem Mann in Manhattan Sex hatte. Und das ärgert sie gewaltig. Sie geht in eine Bar, um sich wegzuschießen und bestellt Cosmopolitans. Danach trinken den die Damen in rauen Mengen. Und weil das so sophisticated wirkte, machten viele auf der ganzen Welt mit.

Vier Jahre, nach dem Ende der Serie kam der Sex-and-the-City-Film. In einer Szene prosten die Protagonistinnen einander mit den Cosmos zu. Ihnen schmeckt`s.  Wieder. Warum haben wir aufgehört, diese zur trinken?“, fragte Miranda. „Weil alle anderen damit anfingen“, sagt Carrie drauf.

Und so macht ihn übrigens Gerhard Tsai von der Tür 7. Nicht gleich vorab den Mund verziehen und die Nase rümpfen. Wobei: Tun Sie das, nachher werden Sie bereuen, das getan zu haben. Und eventuell noch einen Cosmopolitan ordern.

Über "Ausgetrunken"

In diesem Format beleuchtet die freizeit die Historie diverser Drinks und wirft einen Blick auf deren kulturelle Bedeutung.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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