"Billa Pflanzilla" eröffnet in Wien: Schlange stehen für den veganen Supermarkt

Die erste vegane Filiale der Supermarktkette hat auf der Mariahilfer Straße eröffnet. Der Ansturm war schon eine Stunde vor Ladenöffnung groß.

Zufällig stößt man auf das kleine Geschäft im ersten Untergeschoss des Einkaufszentrums „Gerngross“ auf der Mariahilfer Straße wohl kaum. Das vorwiegend junge Publikum, das sich am Donnerstag bereits um sieben Uhr morgens in einer Warteschlange auf der Mariahilfer Straße eingefunden hat, ist aber auch nicht grundlos hier: Es wartet auf die Eröffnung der ersten veganen Billa-Filiale „Billa Pflanzilla“.

Mehr als eine Stunde vor Ladenöffnung standen die ersten Kundinnen und Kunden schon vor dem Geschäft

©KURIER/Jeff Mangione

Einige warten hier schon eine Stunde vor Ladenöffnung darauf, dass sich die Türen endlich öffnen. „Ich habe heute nur insgesamt zwei Stunden geschlafen“, sagt eine junge Frau in der Warteschlange. Aber die Strapazen scheinen sich gelohnt zu haben: Sie ist nun eine der ersten Kunden, die die Stufen hinunter zum neuen Geschäft beschreiten.

Der "Billa Pflanzilla" befindet sich hinter dem bereits bestehenden "Billa Plus" im ersten Untergeschoss des Einkaufzentrums "Gerngross"

©KURIER/Jeff Mangione

Unten ankommen herrscht erst einmal Verwirrung. Denn hinter dem bereits bestehenden Billa Plus, ist der neue Laden – der in diesem großen Untergeschoss auf den ersten Blick eher einer veganen Ecke des bestehenden Geschäftes ähnelt – nicht gleich erkennbar.

Der Masse folgend finden dann aber doch alle ihren Weg zwischen die Regale mit Hafermilch und veganen Gyoza. Reihum ist die Begeisterung spürbar. Produkte werden in die Hand genommen, bestaunt, wieder ins Regal gestellt. Kunden mit vollbepackten Armen zwängen sich durch die engen Flure mit den vielen Menschen. Ein Mitarbeiter verteilt weiße Einkaufskörbe mit dem gelben Logo der Supermarktkette.

Und mittendrin ein kleiner Stand, auf dem der Bäcker Bernd Hartner und sein Mitarbeiter Christian Schwartz Kostproben ihrer veganen Schokokipferl, Nussschnecken und Mohnstrudel verteilen. Seit 1999 bäckt der Unternehmer aus dem Bezirk Hollabrunn vegan. „Mein Bruder hat vor 23 Jahren verkündet, dass er jetzt vegan leben wird und meine Produkte nicht mehr isst“, sagt Hartner. „Und weil ich nicht damit leben konnte, dass er meine Waren nicht mehr isst, habe ich begonnen, vegan zu backen“.

Christian Schwartz und Bernd Hartner von der Bäckerei "Bernds Welt" backen seit 1999 vegan

©KURIER/Jeff Mangione

Zu Beginn habe es noch zwei Schienen des Sortiments gegeben: Einmal Schokokipferl klassisch, einmal vegan. Einmal Nussschnecke klassisch, einmal vegan. Die Kunden hätten dann aber die veganen Varianten als besser empfunden, weshalb es jetzt nur mehr die vegane Variante gebe, sagt Mitarbeiter Christian Schwartz. Und dem Anspruch des Bäckers, dass die veganen Backwaren den klassischen in nichts nachstehen, werden sie tatsächlich gerecht. Dem Schokokipferl ist sein Veganer-Dasein nicht anzumerken.

Fleischloses Fleisch

Neben den Backwaren beindruckt der neue vegane Supermarkt aber vor allem mit seiner Fleischauswahl – der fleischlosen Fleischauswahl natürlich. Zahlreiche Aufschnitt-Arten, Würste, Hartwürste und sogar Fleischaufstriche – wie etwa die vegane Pommersche auf Erbsenbasis – stehen im Kühlregal.

Ein Regal weiter kann man sich seine eigene vegane Schokocreme abfüllen. Oben kommen die Haselnüsse und die veganen Schokodrops rein. Unten fließt die stark nach Haselnuss schmeckende Creme wieder heraus. Bier und Müsli gibt es ebenfalls zum selbst abfüllen.

Eine Kuriosität – zumindest für herkömmliche Supermärkte – bietet auch die Gemüse- und Obstabteilung. Statt auf Plastikverpackungen setzt man hier auf Produkte zum selbst abpacken: Vogerlsalat und Rucola etwa gibt es lose.

Vogerlsalat und Rucola gibt es hier lose. Zu finden sind im Sortiment auch schwarze Trüffelkartoffeln

©KURIER/Jeff Mangione

Mit einer Greifzange können Kunden über die Menge selbst entscheiden. Und zwischen den Klassikern wie Radieschen und Paprika findet sich auch so manche Rarität: schwarze Trüffelkartoffeln aus Frankreich etwa.

Mehr als ein Trend

Der Schlange an der Kassa zufolge kommt das Konzept gut an. Zwei bis drei Produkte gehen mit fast jedem Kunden nach Hause. Marleen etwa nimmt vegane Gyoza, einen Eierersatz und eine Kakao-Guarana-Mischung mit. Seit fast 11 Jahren lebt sie vegan. Gefehlt habe ihr bisher nichts, sagt sie. Einige Extra-Schmankerl habe sie aber dennoch gefunden. „Für Anfänger kann so ein Geschäft den Umstieg aber deutlich erleichtern, da es viele vegane Ersatzprodukte bietet“, sagt sie. Außerdem sei es sehr angenehm, nicht jedes Produkt auf seine Inhaltsstoffe prüfen zu müssen, sondern darauf vertrauen zu können, dass hier alles vegan ist, sagt Marleen.

Die 29-jährige Marleen lebt seit 11 Jahren vegan. Im "Billa Pflanzilla" hat sie vor allem Extra-Schmankerl gekauft

©KURIER/Jeff Mangione

Bei Billa habe man mit dem Ansturm auf den Laden durchaus gerechnet. „Wir wissen mittlerweile, dass der Genuss von rein pflanzlichen Lebensmitteln kein Trend mehr ist, sondern eine nachhaltige Entwicklung in der Gesellschaft“, sagt Verena Wiederkehr, Head of Plant-Based Business Developement bei „Billa“.

Die ersten Kundinnen und Kunden, die mit ihren gebrandeten Jute-Sackerln aus dem Geschäft strömen, scheinen ihr jedenfalls recht zu geben.

Über Anna Perazzolo

Kommentare