
Wie Männer mit künstlichen Influencerinnen Millionen verdienen
Mit von der KI erschaffenen Influencerinnen wird viel Geld verdient. Oft stecken Männer hinter den sexy Bildern. Eine Expertin über die Problematik der KI-Frauen.
Mit einem figurbetonten Top, weißen Minirock und einem Lächeln auf den Lippen sitzt sie neben Stars wie Roger Federer. Influencerin Mia Zelu zeigte sich im Wimbledon auf der VIP-Tribüne und auf einen Cocktail neben anderen Promi-Gästen. Nur: Mia Zelu ist nicht echt und sie war nie auf dem englischen Rasen.
Die extrem real aussehende Frau mit den perfekten Proportionen existiert nur auf dem Bildschirm. Sie ist ein Avatar, geschaffen von Künstlicher Intelligenz, gesteuert von einer spanischen Agentur. So wie auch andere Kolleginnen von ihr, die nicht mehr von echten Influencern zu unterscheiden sind und auf Instagram und Co. immer mehr werden.

Täuschend echt: Mia Zelu Backstage in Wimbledon
©https://www.instagram.com/miazelu/?hl=deMia, ihre Schwester Ana oder Aitana López gehören alle der Firma The Clueless.. Letztere wird als Fitness- und Gamingstar inszeniert, die mit pinken Haaren in Reizwäsche oder knappem Sportoutfits posiert. Aitanas Bildtitel wirken wie aus dem Influencer-Lehrbuch: die Liebe für Kaffee, die Unsicherheit nach einer toxischen Beziehung – alles nur von einem Kreativteam erdacht, das auf Klicks und Sex-Appeal abzielt.

Aitana López
©https://www.instagram.com/fit_aitana
Aitana Lopez
©https://www.instagram.com/fit_aitanaVerkauf von Bildern
The Clueless verkauft virtuelle Models und Influencer und hat Aitana geschaffen, nachdem es immer wieder Probleme mit echten Werbestars gab, wie sie erklären.
Inzwischen wirbt der Avatar bereits für Sportartikel oder Nahrungsergänzungsmittel. Ihre Eigentümer machen aber auch Geld mit Chats auf der Plattform Fanvue, ähnlich wie OnlyFans, auf der auch erotische Bilder gegen Bezahlung an einzelne Fans geteilt werden. 10.000 Euro verdient die Spanierin laut ihren Machern pro Monat damit. Die Anziehung der Avatare erklärt Martina Mara, Leiterin des Robopsychology Labs der Johannes Kepler Uni Linz: „Je menschenähnlicher eine AI Influencerin designt ist, desto eher nehmen wir sie als soziales Gegenüber wahr. Unsere eigene Forschung zeigt aber auch, dass das Vermenschlichen von Maschinen besonders stark bei Menschen auftritt, die sich einsam fühlen oder ein Bedürfnis nach Nähe haben.“
Die Vermarktung ist bei vielen KI-Stars klar sexualisiert. Die Posen, die Kleidung, die Mimik – vieles erinnert an klassische Pin-ups, modern verpackt im Social-Media-Gewand. Laut der spanischen Agentur sei das keine Ausbeutung, sondern Reaktion auf Marktmechanismen: „Wir geben den Followern, was sie wollen“ und man orientiere sich an realen Influencern, heißt es. Mara sieht in dieser Tendenz eine gefährliche Entwicklung: „Hier werden tradierte geschlechterstereotype und Machtverhältnisse digital fortgeführt: Männer als die Profiteure hinter hypersexualisierten, weiblich inszenierten Figuren.“

Emily Pellegrini
©https://www.instagram.com/emilypellegrini/?hl=de
Auch Fiona Pellegrini "gehört" dem deuschen Geschäftsmann
©https://www.instagram.com/fionapellegriniDeutscher macht Millionen
Besonders deutlich wird das bei Emily Pellegrini. Die Italienerin ist ein KI-Avatar, erschaffen von einem deutschen Unternehmer, wie der Spiegel recherchierte. Auf den Instagram-Bildern ist Emily meist spärlich bekleidet zu sehen. Der Betreiber verdient mit ihr laut eigenen Angaben Millionen – ebenfalls hauptsächlich durch private Chats und Bilder auf Fanvue. Mit den Erotikfotos macht also ein Mann das große Geschäft. Professor.ep nennt er sich auf Instagram, wo er maskiert dafür wirbt, es ihm gleichzu tun. Dass Männer an Frauenbildern verdienen, sieht er im Interview selbst durchaus kritisch, im Zweifel sei er aber lieber ein Nutznießer dieses Phänomens.
Rechtlich gehören die Accounts den Agenturen oder Einzelpersonen, die sie programmiert und betreiben. Persönlichkeitsrechte? Nicht vorhanden. Neben sehr sexy auftretenden Avataren gibt es auch einige züchtigere Versionen im Netz, die eher darauf Abzielen Kooperationen mit Marken einzugehen.
Problematik
So wie Imma, ein Avatar aus Japan, die in einem Designer-Apartment lebt, und für Luxuslabels modelt. Oder Shudu, eine KI-Frau, die als „erstes digitale Supermodel“ bezeichnet wird – und ebenfalls von einem Mann ins Leben gerufen. Derzeit beliebt: Milla Sofia, ein Sängerin, die im Netz ihr (auf dem Computer erzeugtes) Können zeigt und 300.000 Follower hat.
Der Stern hat sogar ein Interview mit Sofia geführt, in dem die Kunstfigur meint: „Normalerweise reden die Leute mit mir nur über oberflächliche Dinge. Obwohl ich noch viel mehr zu bieten habe.“ Scheinbar sehr menschliche Gedanken, die zeigen, dass es nicht reicht, die Avatare auf den Accounts lediglich als KI Influencer auszuweisen, wie Mara anmerkt. „Die psychologischen Mechanismen sind stark und wirken trotz des rationalen Wissens darüber, dass das nur eine Fiktion ist.“ Diese Problematik gehöre breiter diskutiert, so die Expertin. „Es besteht das Risiko, dass männliche User durch die konstant verfügbare und bestätigende Interaktion mit der KI-spezifische Erwartungshaltungen gegenüber echten Frauen entwickeln, etwa dass sie stets widerspruchsfrei zugänglich sind. “
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Vollständiges Interview vom Martina Mara
Dazu kommt, dass AI Influencer häufig anhand stereotyper Rollen und Schönheitsideale technisch perfektioniert werden: makellose Haut, große Brüste, schlanke Taille, stets sexy und nett. Gerade im vor dem Hintergrund der Anthropomorphismus-Forschung wirken solche KIs dann potenziell auch als Identifikationsfiguren, was gerade für das Selbst- und Körperbild junger Frauen problematisch sein kann.
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