So war das erste Wien-Konzert von Helene Fischer: Liebesgrüße aus der Turnhalle

Das erste von fünf Wien-Konzerten begeisterte 10.000 Fans.

Von einer Illusion müssen wir uns verabschieden: Dass Schlager eine Art Randerscheinung wäre. Schlager ist der neue Pop.

In der Wiener Stadthalle, wo am Dienstag das erste von fünf Konzerten der Schlager-Königin stattfand, waren wir alle. Herren mittleren Alters im Anzug. Junge Frauen in deutlich zu engen Jeans. Seniorinnen am Gehstock. Mädchen im Volksschulalter, die einander den Lidstrich nachzogen. Manche Männer sahen mitgenommen aus.

Helene Fischer hatte zum Konzert gebeten, und alle, alle waren gekommen.

©APA/EVA MANHART

Helene-Fischer-Konzerte sind nicht nur musikalische Ereignisse, sondern vor allem auch Liebesgrüße aus der Turnhalle. Fischer tanzt, hängt an Seilen, wirbelt durch die Luft, dreht sich im Feuerkreis, steht inmitten von Wasserfällen. Dass sie bei all diesen Leibesübungen auch noch genug Luft zum Singen hat – das Konzert klang tatsächlich „live“ – ist außerordentlich beeindruckend.

Bei „Atemlos durch die Nacht“, also dem großen Hit, lässt sie sich von einem überlebensgroßen Roboterarm durch die Luft wirbeln – ein tatsächlich atemberaubender Effekt.

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Lederhose

Wie immer war Fischer deutlich zu kühl angezogen, im ersten Teil trägt sie Höschen und Bustier, im zweiten Teil knappe Lederhose. Einmal erscheint sie in einem die ganze Bühne bedeckenden, im Wind wehenden roten Kleid.

Zur Person

Die Sängerin

Helene Fischer kam 1984 in Krasnojarsk in der damaligen Sowjetunion zur Welt. Ihre Eltern sind Russlanddeutsche. 1988 übersiedelte die Familie nach Deutschland. Mit mehr als 18 Millionen verkauften Tonträgern zählt Fischer zu den erfolgreichsten Schlagerkünstlern der Welt.

Die Show

Fischers „Rausch“-Tournee wurde gemeinsam mit dem Cirque du Soleil konzipiert. Die Akrobatik-Elemente sind atemberaubend und höchst kunstvoll gestaltet.

Die Musik ist angesichts dieser Show – die an einen Disney-Film oder eine Zirkus-Aufführung erinnert – fast zweitrangig.

Aber es gibt die Großraumdisco, den Pop-Hadern, den Schmachtfetzen, die ganz große Liebes-Ballade. Zwischendurch wendet sich Fischer, beeindruckend sympathisch, immer wieder an ihr Publikum: „Wien, ihr seid großartig.“ Dann holt sie zwei Zuschauerinnen – eine junge Frau aus Tirol und ein kleines Mädchen aus Wien – auf die Bühne, plaudert mit ihnen und macht geduldig Selfies.

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Die Band – offenbar wird hier wirklich live gespielt – ist erst im zweiten Teil ausgiebig zu sehen, der auf einer kleinen Bühne in der Hallenmitte beginnt. Daneben fluten ständig spärlich bekleidete Tänzerinnen und Tänzer die Bühne.

Dieser Show ist nur eines vorzuwerfen: Dass sie mit mehr als drei Stunden (inklusive Pause) fast ein bisschen zu lang ist.

Beim Hinausgehen sagte dann ein junger Mann zu seinem Freund: „De Tschudas Briest san oba a ned schlecht.“ Wenn das die Metal-Könige Judas Priest gehört hätten!

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

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