"Starmania 22" startet: Ein bisschen Auszeit vom Krieg

Ab Freitag kürt der ORF in neun Liveshows wieder den „Star des Jahres“. Nach dem Vorjahr ist man krisenerprobt. Die sechste „Starmania“-Staffel fällt allerdings in besonders schwierige Zeiten.

Freitag, 20.15 Uhr. In den Nachrichtensendungen wurde gerade das neue, schreckliche Lagebild aus der Ukraine vermittelt. Nun fällt das Scheinwerferlicht in ORF1 auf die Eventshow „Starmania 22“ und auf Moderatorin Arabella Kiesbauer.

Wie geht der öffentlich-rechtliche Sender damit um?

„Es gab im Vorfeld viele Diskussionen, wie man eine Unterhaltungssendung dieser Größenordnung in so einer Zeit angemessen produziert“, sagte ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz bei der Präsentation der neuen „Starmania“-Staffel am Mittwochnachmittag. Der ORF habe bis ins Nachmittagsprogramm hinein evaluiert, man wolle sich „pietätvoll im Eskapismus“ zeigen, „damit auf allen Kanälen klar ist, dass wir wahrnehmen, in welcher Zeit wir uns befinden.“ Aber: „Unterhaltung gehört auch in einer so schweren Zeit ganz klar zu unserem Auftrag.“

Von einer Krise zur nächsten

„Es ist so wie, sich eine Auszeit zu nehmen", meinte Groiss-Horowitz. "Es senden fast alle Kanäle des ORF von einer Krise zur nächsten, dafür gibt’s den ORF auch. Es gibt aber auch immer mal wieder einen großen Bedarf nach einer Pause.“

Was „Starmania 22“ betrifft, habe Unterhaltungschef Alexander Hofer und sein Team „Fingerspitzengefühl“ bewiesen, „was geht und was geht nicht.“

Alles bereit für den Start von ?Starmania 22? am 4. März ab 20.15 Uhr in ORF 1

Alexander Hofer, Kurt Pongratz und Stefanie Groiss-Horowitz bei der Präsentation von "Starmania 22"

©ORF / Hans Leitner

Angemessen

Hofer legte dar, was unter dem Zauberwort „angemessen“ zu verstehen sei: „Wir werden bei Musikauswahl und Inszenierung darauf achten, dass in der Grundtonalität immer klar ist, dass wir eine Unterhaltungsshow zeigen, die in eine Zeit fällt, in der furchtbare Dinge in unserer Nähe passieren.“

Trotzdem müsse es „die Möglichkeit geben diese zwei Stunden einmal innehalten zu können und sich einem Thema zu widmen, das letztlich auch für die psychische Gesundheit unseres Publikums wichtig ist.“

Es habe kurz Überlegungen geben, die Show zu verlegen. Hofer verwies darauf, dass klassische Faschingssendungen aus dem Programm genommen wurden, aber: „Es kann das Leben und das Programmangebot jetzt nicht komplett ruhen, und so wie wir beauftragt sind für Information zu sorgen, sind wir auch beauftragt, für Unterhaltung zu sorgen: angemessen und richtig eingeordnet.“

Hofer verwies auf den Live-Charakter, der Möglichkeit zur aktuellen Reaktion lasse. Wie beim Auftakt heute auf den Ukraine-Krieg Bezug genommen wird, ließ Moderatorin Kiesbauer (siehe unten) allerdings offen.

Starmania 22

Die beiden Fix-Juroren Josh und Lili Paul-Roncalli mit Arabella Kiesbauer und Philipp Hansa, der wieder aus dem Off kommentiert

©ORF [M] / Hans Leitner

"Einen Knopf drücken, sonst geht’s nicht"

Um die Castingshow ab 4. März (20.15 Uhr, ORF1) mit 22 Kameras, 210 Quadratmeter LED-Fläche und 30 Tonnen Equipment am Lichtrost ins rechte Licht zu setzen, setzt man wieder auf den bewährten Regisseur Kurt Pongratz – auch die Bühne ist unverändert.

Dennoch gibt es einige Neuerungen: Es sind diesmal deutlich weniger Kandidatinnen und Kandidaten am Werk. Dies soll die Bindung ans Publikum stärken, die Entwicklung der einzelnen „Starmaniacs“ soll so besser nachvollziehbar sein. Die Songs werden länger. Statt straffen neunzig Sekunden im Vorjahr werden es knapp zwei Minuten sein.

Das im letzten Jahr vielkritisierte Regelwerk wurde deutlich vereinfacht (siehe oben). Es gibt kein Grün- und Rotlicht (für sofortiges Aus) durch die Jury mehr, das Publikum darf bereits ab der ersten Show mitentscheiden.

Die beiden fixen Juroren, Sänger Josh und Artistin und Model Lili Paul-Roncalli, werden von wöchentlich wechselnden Gastjuroren unterstützt. Heute wird das die junge österreichische Popmusikerin Tina Naderer („Bleibst du bei mir“) sein, sie wird auch selbst auf der Bühne stehen.

Moderatorin Arabella Kiesbauer nahm bei der Präsentation ebenfalls auf die aktuelle Situation in der Ukraine Bezug: „Auch ich bin zwiegespalten. Wir alle konsumieren die News und sind schockiert. Aber ich gehe auf die Bühne und bin natürlich gut drauf. Es gibt da einen Knopf, den ich drücke, sonst geht’s nicht.“ Viel passiere auch aus dem Bauch heraus, sagte Kiesbauer, aber: „Wie ich die Show eröffnen werde, wird man erst um 20.15 sehen.“

Keine Schlagershow

Im Vorfeld für Aufsehen sorgte, dass auch Schlager in den Musikkanon aufgenommen wurde. Hofer beruhigte: „Es wird keine Schlagersendung.“ Man habe aber „bewusst Genregrenzen geöffnet“, die Sendung soll „breiter werden“. Falls Kandidaten eine Affinität zeigen, wolle man im Lauf der Show auch Schlager zulassen, aber: „Die Hauptmusikatmosphäre wird weiterhin heimischer und internationaler Pop sein.“

Zweite Krise

In den aktuellen Kriegswirren ist die zweite große Weltkrise etwas in den Hintergrund gerückt. Bei „Starmania“ wird aber in den ersten beiden Shows noch auf großes Studiopublikum verzichtet. Ab Show drei plant man mit „Family & Friends“ der Kandidaten, in den letzten drei Finalshows nach Ostern will man, bei entsprechender Pandemielage, auch öffentliches Publikum im Studio begrüßen.

Peter Temel

Über Peter Temel

Seit 2009 beim KURIER. Zunächst Entwicklung des Kultur-Themenangebots auf kurier.at. Später bei härteren Themen der Innen- und Außenpolitik angelangt, dann Aufbau und Gestaltung des Satire-Portals "KURIER mit Schlag". Aktuell wieder im Kulturbereich verankert und mit Freude TV-Tagebücher schreibend. Habe eigentlich immer "was mit Medien" gemacht, Geschichte und Philosophie studiert. Privat stehen Fußball, Skifahren, Wandern hoch im Kurs.

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