John Lennon singt wieder: So klingt der "letzte" Beatles-Song "Now And Then"

Die Stimme des Musikers wurde auf einer Demoaufnahme mit KI-Hilfe isoliert, Song am Donnerstag weltweit erschienen.

Das "letzte Lied der Beatles" ist veröffentlicht: Am Donnerstag war erstmals weltweit der Song "Now and Then" zu hören, bei dem die Stimme des 1980 verstorbenen legendären Sängers John Lennon zu hören ist. Und so klingt das (zum Anhören auf Spotify folgen Sie diesem Link):

Schnellkritik von KURIER-Redakteur Marco Weise

Manche Dinge greift man besser nicht auf, lässt sie lieber liegen. Das gilt nicht nur für Gender-Debatten bei Familienfesten, sondern auch für Tonaufnahmen, die seit Jahren in der Schublade verstauben. Und das bringt uns aus aktuellem Anlass zu den Beatles, die, obwohl nur noch zwei der „Fab Four“ am Leben sind, 50 Jahre nach der Trennung – dank Künstlicher Intelligenz – die wahrscheinlich letzte Single veröffentlichen. Sie heißt „Now And Then“, erblickte am Donnerstag um Punkt 15 Uhr das Licht der  Welt. 

Die Spannung war groß, aber bereits nach dem Refrain ist klar: Die Aufregung war umsonst. Eh klar, muss man hinzufügen. Denn was hat man sich  erwartet?
Man hört einen unterdurchschnittlichen Beatles-Song, ein Liebeslied, das im Midtempo gemütlich an einem vorbeiplätschert: „Now And Then I Miss You“, singt Lennon, dessen Stimme hörbar bearbeitet wurde. Dazu werden  Chorgesang,   verliebte Gitarrenmelodien, langweilige Beats und ein betont trauriges Klavier geliefert. 

Für die Restlverwertung waren die beiden noch lebenden Beatles, McCartney und Ringo Starr, verantwortlich. Ausgangspunkt war ein Demo-Tape, das John Lennon 1979 in seiner Wohnung in New York City aufgenommen hat. 1994 spielte der 2001 verstorbene George Harrison die  Gitarren ein. Dann war  Schluss. Denn das Trio konnte den Song aufgrund eines technischen Defekts in Lennons Aufnahme nicht abschließen. Die Technologie, die Regisseur Peter Jackson für seine Beatles-Doku-Reihe „Get Back“ genutzt hatte, machte es nun möglich. Aber nicht nötig.

Basierend auf einem Demo von John Lennon, dessen Stimme dank modernster KI-Technik von sämtlichen Nebengeräuschen befreit wurde, haben Paul McCartney und Ringo Starr den Track fertiggestellt. Elektrische und akustische Gitarren von George Harrison stammen von 1995.

Zur Entstehungsgeschichte gibt es eine neue Doku:

Entbrummt

Die Geschichte von "Now And Then" beginnt in den späten 1970er-Jahren, als Lennon im New Yorker Dakota Building ein Demo mit Gesang und Klavier einspielte. 1994 übergab seine Frau Yoko Ono die Aufnahme Paul, George und Ringo - zusammen mit Lennons Demos für "Free As A Bird" und "Real Love". Letztere beide Songs wurden für das Projekt "Anthology" fertiggestellt und als "neue" Beatles-Songs veröffentlicht.Allerdings war es zu diesem Zeitpunkt aufgrund technischer Einschränkungen nicht möglich, Lennons Gesang und Klavier zu trennen. Daher blieb das Lied im Archiv.

Hier kam nun Peter Jackson ins Spiel. Für die Dokumentationen "The Beatles: Get Back" konnten der Neuseeländer und sein Team mithilfe der sogenannten MAL-Audiotechnologie von WingNut Films Mono-Aufnahmen entmischen und Instrumente, Gesang sowie alle einzelnen Stimmen in Gesprächen der Beatles isolieren.

"Echte Beatles-Aufnahme"

"Da war sie, Johns Stimme, kristallklar", wird McCartney in einer Aussendung zitiert. "Es ist ziemlich emotional. Und wir alle spielen darauf, es ist eine echte Beatles-Aufnahme." Den Lead-Gesang auf "Now And Then" teilen sich Lennon und McCartney. Die Gitarrenparts von Harrison stammen vom damals gescheiterten Versuch, den Song für die "Anthology"-Reihe fertigzustellen.

Die Single kommt digital und auf Vinyl in den Handel. Am 10. November folgen um insgesamt 21 Songs erweiterte Neuauflagen der Werkschauen "1962-1966" ("The Red Album") und "1967-1970" ("The Blue Album") von 1973, die für viele der Einstieg in die Welt der Beatles. Auf beiden Alben (CD und Vinyl) zusammen sind nun 75 Titel vertreten - von der ersten Single "Love Me Do" bis zum finalen "Now And Then".

Georg Leyrer

Über Georg Leyrer

Seit 2015 Ressortleiter Kultur und Medien, seit 2010 beim KURIER, seit 2001 Kulturjournalist. Zuständig für alles, nichts und die Themen dazwischen: von Kunst über Musik bis hin zur Kulturpolitik. Motto: Das Interessanteste an Kultur ist, wie sie sich verändert.

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