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Wieso entspannt uns das Knistern des Kaminfeuers eigentlich?

Der Gemütlichkeitsfaktor ist nicht nur wissenschaftlich bewiesen, eine Erkundung des Phänomens führt uns auch weit zurück in die Vergangenheit

Stellen Sie sich einmal diese Szene vor: Schon seit Stunden fällt dichter Schnee in weichen Flocken. Er hüllt die kleine Holzhütte am Berg in eine dicke, wattige Schneedecke. Im Inneren sitzt man mit einem spannenden Buch oder einem Glas Rotwein im Kuschelpullover und flauschigen Socken auf dem Sofa. Was fehlt, um dieses Bild richtig stimmungsvoll zu machen? Ganz genau: Das Knacken der Holzscheite im Kaminfeuer. Aber wieso entspannt uns das prasselnde Knistern eines Feuers?

Wissenschaftlich bewiesen

Dass der Effekt nicht nur eingebildet, sondern tatsächlich existiert, hat der amerikanische Professor Christopher Lynn von der Universität von Alabama vor zehn Jahren wissenschaftlich untersucht. Bei einer Studie mit insgesamt 226 Probanden kam er zu dem Ergebnis, dass bei Menschen, die Flammen flackern sahen und dabei auch das Knistern hörten und dies längere Zeit auf sich wirken ließen, tatsächlich ein Abfall des Blutdrucks beobachtet werden konnte.

Das Feuer als Mittelpunkt

Aber warum ist das so? Dazu, meint die Wiener Psychologin Christina Beran, müssen wir ein Stück in die Vergangenheit blicken: „Seit der Erfindung des Feuers versammeln wir uns um eben diese Quelle des Lichts und der Wärme.“ Wie essenziell die wärmende Feuerstelle einst für unser soziales Leben war, zeigt sich schon darin, dass unser Wort Fokus, im Sinne von Mittelpunkt oder Brennpunkt, auf das lateinische Wort focus zurückgeht, das die Feuerstätte bezeichnete. Sie war dabei nicht nur schön anzusehen, sondern brachte auch einen kulinarischen Fortschritt. Schließlich ergab sich aus dem Feuer die Möglichkeit, Nahrung zu kochen und diese so leichter verdaulich zu machen.

Wärmende Vergangenheit

Seit den ersten Feuerstellen hat sich freilich viel verändert, fährt Psychologin Beran fort: „Versammelte man sich zunächst vor dem Radio und später vor den TV-Geräten, sitzen wir heute oftmals getrennt voneinander vor den einzelnen Devices.“ Und nun kommt der Kuschelfaktor: „Wenn wir uns dann vor einem Kaminfeuer zusammenfinden vermittelt es uns auch heute noch das Erleben von Licht und Wärme im konkreten wie auch im übertragenen Sinn.“

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Anna-Maria Bauer

Über Anna-Maria Bauer

Wienerin und Weltenbummlerin. Leseratte und leidenschaftliche Kinogeherin. Nach Zwischenstopps in London und als Lehrerin in der Wien-Chronik angekommen. Interessiert an Menschen, die bewegen, begeistern oder entsetzen; an ungewöhnlichen Ideen und interessanten Unmöglichkeiten. "Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit." Egon Erwin Kisch: Der rasende Reporter.

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