Warum fällt uns nie ein, was wir zu Weihnachten schenken sollen?

Alle Jahre wieder: keine Geschenkideen für die Stille Nacht. Eine Psychologin erklärt, warum das so ist.

Zwei Fragen lösen gegen Jahresende zuverlässig bitterliches Ächzen, Seufzen und Stöhnen bei Befragten aus. Die eine ist: Weißt du schon, was du zu Silvester machst? Die andere: Na, schon alle Weihnachtsgeschenke besorgt? In der Sekunde schießt der Weltschmerz in die Leute ein, und ein leidvoll gequältes Lächeln befällt ihr Gesicht. Ja, auch das ist Advent.

Während sich die Silvesterpläne aufschieben lassen (wie immer bis fünf vor zwölf), wird’s mit den Geschenken langsam brenzlig. Einfallen will einem halt nix, aber das kann einen psychologischen Hintergrund haben: Man ist zu Weihnachten im Widerstand. Die einen wissen darum, sie wollen sich von so einer aufdringlichen Tradition wie den Heiligen Abend nicht in die Pflicht nehmen lassen. Christkindliche Querdenker sozusagen.

Die anderen schenken den Offenbarungseid der Einfallslosigkeit, einen Gutschein.

Beide Gruppen sind in Wirklichkeit eine.

Warum Gutscheine geschenkt werden

„Für viele Menschen stellt Weihnachtsgeschenke-Aussuchen einen ,Zwang’ dar“, erklärt uns die Psychologin Romi Sedlacek (lebensthemen.at). „In der Psychologie spricht man von Reaktanz, wenn ein Entscheidungsspielraum eingeschränkt ist.“ Und wann, wenn nicht zu Weihnachten, ist er das: Unterm Baum müssen Geschenke liegen, das wird so erwartet. Das wiederum erzeugt Gruppendruck.

„Reaktanz löst immer Widerstand aus“, so Sedlacek. Und der äußert sich dann mitunter darin, dass wir einen sinnlosen Gutschein schenken. Oder wir prokrastinieren prächtig und können uns schlicht „nicht aufraffen“, etwas zu besorgen. Widerstand halt.

Dazu zählt auch, dass wir oft nichts schenken wollen, das mit dem eigenen Weltbild kollidiert. Also wenn wir Fast Food ablehnen, und sich jemand nix sehnlicher wünscht als McDonalds-Gutscheine. Hier rät die Psychologin, über den eigenen Schatten zu springen. Drückt wahre Wertschätzung aus.

Die zeigt man auch, wenn man beim Schenken nicht nur davon ausgeht, was einem selbst gefällt. Besser ist: achtsam sein statt einfallslos. Und wer unsicher ist, worüber sich die Liebsten freuen würden – einfach nachfragen. Es zeigt: Du bist mir wichtig.

Frage der Freizeit

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Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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