Warum lassen wir die Wäsche immer so lange auf der Leine hängen?

Gehörst du auch zu denen, die ihre Wäsche nie verräumen? Ein Zeichen dafür, dass man sein Leben nicht im Griff hat?

Geht es nach der berühmten japanischen Aufräumexpertin Marie Kondo müsste man ihn sofort aus der Wohnung schmeißen: den Wäscheständer. Oder hat sie das nicht so gemeint, als sie uns vor Jahren beibrachte, nur in der Wohnung zu behalten, was uns „Tokimeku“, also Freude, bereitet. Ach so, das galt nur für Kleidung und „Komono“, also Kramuri. Einen Wäscheständer braucht es ja, irgendwo aufhängen muss man die gewaschenen Socken schließlich. Aber kennst du auch diese theoretische Einsicht, dass man gleich alles abhängen, bügeln und verräumen sollte, aber es dann einfach nicht tut.

Das nimmt nie ein Ende: Wäsche nervt

Meine kleine, empirische Umfrage ergab: Das kennen viele. Die Palette der Gründe geht von „Ja, stimmt, ich nehme die Sachen oft direkt von der Leine und ziehe sie an“ über „Ich komm nicht gleich zum Bügeln und im Wäschekorb wird alles zerdrückt“ bis zu „Nach der Arbeit bin ich oft  zu müde, um das auch noch wegzuräumen“.
Den meisten geht das  Wäschethema auch gehörig auf die Nerven. „Die nimmt kein Ende!“ Und es scheint unangenehm zu sein, diese kleine Unaufgeräumtheit des Alltags zuzugeben, man sei ja  schließlich nicht faul. Das Problem ist aber weniger die Wäsche, als  das schlechte Gewissen, das einen beschleicht. Vergleichbar mit dem, das einen bei noch nicht entsorgtem Altglas oder einem ungemachten Bett befallen kann. Ja hat man denn sein Leben nicht im Griff?

Ordnung macht glücklich. Wirklich?

Irgendwo zwischen Erziehung und Ratgeber-Literatur haben wir gelernt: Ordnung macht glücklich. Verbaut man sich da etwa ein besseres Leben?! Blödsinn. Besser wir geben gemäßigtem     Wäsche-Chaos nicht zu viel Bedeutung. Denn – so haben es französische Wissenschaftlerinnen formuliert – es handelt sich auch um ein gelerntes „Glaubenssystem“, wenn ein bissl Unordnung Unbehagen bereitet. So will uns etwa Werbung weismachen, nur eine cleane Wohnung bringe Lebensqualität - und Zufriedenheit. Da fällt mir ein, eine Tante erzählte mir mal, dass zum Jahreswechsel keine Wäsche hängen dürfe. Das bringe Unglück. Soll ich doch noch schnell abhängen? Ach was, das sind doch meine Lieblingsbluse, meine Lieblingsjeans und die Lieblingssocken auch noch. Irgendwas davon zieh ich zu Silvester gleich an - den Rest im neuen Jahr. Voll die Freude im Blick!

Frage der Freizeit

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Annemarie Josef

Über Annemarie Josef

stv Chefredakteurin KURIER freizeit. Lebt und arbeitet seit 1996 in Wien. Gewinnerin des Hauptpreises/Print bei "Top Journalist Award Zlatna Penkala (Goldene Feder)" in Kroatien. Studium der Neueren Deutschen Literatur in München. Mein Motto: Das Leben bietet jede Woche neue Überraschungen.

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