Sag mir, was du träumst, und ich sag dir, wo du wohnst!
Träumt ihr von Sex - oder doch eher von Schlangen? Oder gar von ausfallenden Zähnen?! Eine Studie kartografiert die weltweit häufigsten Träume nach Ländern. Und wovon träumt Österreich?
Wir alle tun es, und zwar ständig. Auch wenn wir uns oft nicht daran erinnern können. Träumen. Was wir träumen, liegt - meistens - außerhalb unserer Einflussmöglichkeiten, wir sind unseren Träumen gewissermaßen ausgeliefert. Die britischen Schlaf-Experten von morning.co.uk, einer Online-Plattform für Betten, Matratzen und alles, was man so für eine gute Nachtruhe braucht, hat nachgeforscht, wovon die Menschen auf den von ihnen getesteten Möbeln träumen - und eine entsprechende Weltkarte veröffentlicht. Die Ergebnisse sind doch erstaunlich ...
Die armen US-Bürger träumen von ausfallenden Zähnen? Himmelherrgott, wie kommen die denn auf so etwas?! Nicht im Traum würde man einen derartigen Traum für möglich halten. Wobei, jetzt, da die Idee einmal da ist, können wir nur hoffen, dass sie sich nicht auch des Nachts in unser Bettchen legt ...
Hält man sich den Kult vor Augen, der in Amerika um strahlend weiße und perfekt ebenmäßige Zähne betrieben wird, ist diese Art Angsttraum auch gar nicht mehr sooo abwegig. Dazu passt auch, dass die - auch wenn sie's nicht gerne zugeben - sehr von der USA beeinflussten Kanadier ebenfalls von ausfallenden Beißerchen träumen, ebenso wie die Australier. Und die Skandinavier, also zumindest Schweden und Norweger. Bei Briten und Iren könnte diese Art Traum freilich andere Ursachen haben:
Erstaunlich: Sex kommt in den USA erst an neunter Stelle vor, in Kanada und Australien ist er nicht einmal unter den Top 10. Fun Fact: "Down Under" sind dafür Krokodile auf Platz vier, gleich gefolgt von Spinnen. Der eigene Lebensraum spiegelt sich also tatsächlich im Traum wieder.
Und wovon träumen wir Österreicher? Wir halten es mit der Mehrheit, schwimmen quasi mit dem Strom. Denn weltweit am häufigsten wird nach der Bedeutung von Schlangen im Traum gesucht. Das scheint, auch wenn man selbst tatsächlich noch nie von Schlangen geträumt hat oder sich zumindest nicht daran erinnern kann, gar nicht sooo ungewöhnlich. Immerhin sind Schlangen durchaus ambivalent, sie passen gut in Angstträume, sind aber auch faszinierend und schön, Symbol der Medizin und der Heilung, der Verführung und ui!, der Sünde. Und ja, phallisch sind sie auch, natürlich, was den Interpretationsspielraum um ein zusätzliches Spektrum erweitert.
Aber Vorsicht vor standardisierten Interpretationen. Ein Schlangentraum kann natürlich für unterdrückte Ängste und Sorgen des Träumenden stehen, wie von den Auftraggebern der Studie als Erklärung mitgeliefert. Es könnte aber durchaus einen Unterschied machen, ob man in Österreich, wo uns die Sichtung einer harmlosen Ringelnatter schon erschauern lässt, oder in Indien von Schlangen träumt. Manchmal dürfte eine Schlange tatsächlich nur eine Schlange sein, und manchmal wird sie eine tiefere Bedeutung haben. Hier bieten sich Freuds individuelle Assoziationsketten an, da kann jeder selbst schauen, was für ihn dabei rauskommt. Oder für sie. Wäre durchaus spannend im Fall der britischen Rock-Ikone Polly Harvey, wenn sie vom "long snake moan" singt ...
Interessantes Detail: Frauen erinnern sich im Schnitt häufiger an ihre Träume als Männer. Wobei schon Sigmund Freud erfolgreich versucht hat, sich dazu zu "trainieren", sich seine Träume zu merken. Der Psychologe und bekannteste Traumforscher der jüngeren Vergangenheit Paul Tholey geht sogar noch einen Schritt weiter. Er glaubte, dass man die Fähigkeit zu "Klarträumen" erlernen kann. Das sind Träume, bei denen sich der Träumende bewusst ist, dass er träumt. Im Idealfall kann er dann sogar, im Rahmen bestimmter Grenzen, in den eigenen Traum eingreifen. Klingt doch spannend. Falls die Technik Schule macht, würde sich das Verhältnis zwischen Zahnausfall- und Sex-Traum wohl drastisch ändern.
Was Träume nun eigentlich sind, die physiologische Antwort neuronaler Prozesse, wie's die Hirnforschung definiert, oder doch die Auswirkungen unbewusster Prozesse, wovon die Tiefenpsychologie überzeugt ist, kann allerdings auch die hübscheste Traum-Weltkarte nicht beantworten. Nur Hermann Hesses Erkenntnis ist von unerschütterlicher Gültigkeit: "Niemand träumt, was ihn nichts angeht."
James Cameron "erträumte" sich übrigens den Terminator, und auch H.P. Lovecraft soll einige seiner echt gruseligen Ideen im Traum bekommen haben. Da hat man's ja richtig gut, wenn man "nur" von Schlangen träumt.
Um zum vorliegenden Ergebnis zu kommen, durchstöberte morning.co.uk die weltweiten Google-Suchen mit dem Suchwort "Traum". Tatsächlich wurden also die Träume gesucht, die Menschen in den verschiedenen Ländern am meisten beschäftigen - was natürlich AUCH die Träume sein können, die am häufigsten vorkommen. Aber in beiden Fällen sind die Ergebnisse natürlich interessant. Und aussagekräftig.
Eine Frage bleibt allerdings noch immer unbeantwortet: Träumen Androiden jetzt eigentlich von elektrischen Schafen oder nicht?
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