Monica Lewinsky (48) auf der Premiere ihrer Serie „Impeachment“, in der sie von Schauspielerin Beanie Feldstein verkörpert wird
Serie

Monica Lewinsky und #MeToo: Ein Skandal in neuem Licht

Ende der 90er wurde sie eines der ersten Opfer der öffentlichen Demütigung. Mit einer neuen Serie möchte Lewinsky die Kontrolle über ihre Geschichte zurückerlangen.

Britney Spears, Paris Hilton. Und jetzt Monica Lewinsky. Im Windschatten der #MeToo-Debatte, die vor vier Jahren ihren Lauf nahm, ergreifen immer mehr prominente Frauen das Szepter und rücken die jahrelangen sexistischen Erzählungen über ihre Person ins rechte Licht. Während sich Spears aus der Vormundschaft ihres Vaters befreite und Hilton eine Dokumentation vorlegte, beteiligte sich Lewinsky nun als Produzentin an einer Mini-Serie („Impeachment“ ist auf Sky und Amazon Prime zu sehen), die einen der größten Skandale der jüngeren US-Geschichte aus Sicht der beteiligten Frauen beleuchtet.

Dieser ging 1998 als „Lewinsky-Skandal“ oder „Monicagate“ in die Annalen ein und machte die damals 25-Jährige zur geächteten Witzfigur – obwohl Bill Clinton fast 30 Jahre älter, verheiratet und der mächtigste Mann der Welt war, als er eine Affäre mit seiner Praktikantin begann. Doch während dieser rasch wieder als Saubermann dastand, musste sie Häme und eine mediale Hetzjagd über sich ergehen lassen. Alleine Jay Leno soll in seiner „Tonight Show“ 454-mal über sie gespottet haben, ergab eine Analyse der George Mason University.

Scham spiele eine zentrale Rolle in Lewinskys Geschichte, sagt die Anglistin und Gender-Forscherin Elisabeth Lechner. „Und Scham hat viel mit bestehenden Machtverhältnissen zu tun. Sie wurde öffentlich beschämt und über ihre Sexualität abgewertet.“ Lewinsky selbst bezeichnete sich später selbst als „Patientin null des Internetshamings“. Mithilfe von Psychotherapie befreite sie sich nach und nach aus ihrer Schockstarre und trat die Flucht nach vorne an.

Ironie als Waffe

Auf Twitter geht Lewinsky seit #MeToo in die Offensive, spielt immer wieder bewusst auf ihre Schamerfahrung an. „Was ist der schlechteste Rat, den ihr je bekommen habt?“, fragte kürzlich ein User, und sie antwortete: „Dass sich ein Praktikum im Weißen Haus super in meinem Lebenslauf machen wird.“

„Ihre Tweets sind emanzipatorisch und haben eine starke Widerstandskraft“, sagt Lechner dazu. „Sie sagen: ,Habt mich gern, jetzt entscheide ich selbst über meinen öffentlichen Auftritt.‘ Wenn Gruppen oder Individuen es schaffen, sich Handlungsmacht zurückzuerobern und sich vom erdrückenden Mantel der Scham zu befreien, kann das sehr wirkmächtig sein und die Verhältnisse verändern.“

Monica Lewinsky

©REUTERS/Danny Moloshok

Ihre Reichweite nutzt Lewinsky auch, um ähnliche Frauen-Schicksale aufzuzeigen. Dazu zählt Amanda Knox, die in letzter Instanz freigesprochen wurde und mehr als zehn Jahre später immer noch mit Hass konfrontiert ist. Eben erschien in der New York Times ein Artikel über die junge Mutter und ihren schwierigen Weg aus der Beschämung, die sie als junge Studentin erfahren hat.

Konsequenzen

Wie wäre die Clinton-Affäre in der Post-MeToo-Ära verlaufen? Vermutlich anders, wie auch der aktuelle Fall des Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt nahelegt, der nach seinem Fehlverhalten den Sessel räumen musste. „#MeToo hat einen Raum geschaffen, in dem Frauen und queere Menschen solidarisch auf Machtgefälle zwischen den Geschlechtern hinweisen können“, fasst Lechner zusammen.

"Ich glaube, es gibt jetzt ein Bewusstsein für die Problemlage. Wären solche Situationen heute noch denkbar? Leider ja - im Patriarchat sind sowohl Arbeitsplatz als auch Sexualität noch lange nicht frei von Hierarchien und Ungleichheit."

Fakten

Monica Lewinsky
wurde 1973 als Tochter eines Arztes und einer Autorin geboren und wuchs in Los Angeles auf. Nach einem Studium der Psychologie heuerte sie 1995 als Praktikantin im Weißen Haus an.

 

Die Affäre
In den folgenden zwei Jahren kam es  nach ihren Angaben zu neun sexuellen Begegnungen mit US-Präsident Bill Clinton, was dieser leugnete. ’98 wurde wegen Meineids ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet.

 

2014 beschrieb Lewinsky den Skandal in dem Essay „Shame and Survival“ (Scham und Überleben) zum ersten Mal aus ihrer Perspektive. Seither setzt sie sich gegen Cybermobbing ein.

Dass die Beziehung einvernehmlich war, sei irrelevant, betont Lewinsky heute, wenn sie danach gefragt wird. Durch das Machtgefälle zwischen ihr und dem doppelt so alten Präsidenten sei das Verhältnis vor allem eines gewesen: höchst unangemessen. Mit der Serie soll dies nun die ganze Welt verstehen.

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