Mulmiges Gefühl bei Start oder Landung: Das betrifft bis zu 25 Prozent der Menschen

Flugangst - Wie schlimm sie werden kann und was man dagegen tut

Flugangst ist ein weit verbreitetes Phänomen: Bis zu 25 Prozent der Menschen leiden darunter.

Check-in, Gepäckaufgabe, Sicherheits-Check, viele Menschen, Stress, Durchsagen, dann rein ins enge Flugzeug, das anfängt zu summen und zu brummen. Dann folgt das Ruckeln, die Beschleunigung, das Abheben, schließlich ist man in der Luft. 

Ein Gefühl von Freiheit, gepaart mit Vorfreude auf den Urlaub für die einen, der absolute Albtraum für andere. Und von denen gibt es ziemlich viele. Jeder Vierte empfindet Unwohlsein oder Angst vor dem Fliegen. Zehn Prozent leiden an der viel stärkeren Form von Flugangst, Aviophobie.

Beim Fliegen gebe es "eine ganze Abfolge von potenziell angstauslösenden Situationen, die das Anspannungsniveau deutlich höher machen können", sagt Psychiater und Psychotherapeut Udo Wortelboer. 

Sicherheits-Statistik hat keine Chance gegen das "ich sterbe gleich"-Gefühl

Egal wie oft man sich auch vorbetet, dass Fliegen laut Statistik extrem sicher sei, gerade rund um Start und Landung oder bei Turbulenzen komme es bei manchen Menschen zu "katastrophisierenden Gedanken", so Wortelboer - bis hin zu einer Panikattacke, die sich unter anderem in dem Gefühl "Ich werde verrückt" oder "Ich sterbe gleich" äußern könne.

Abheben ohne Angst: Auch das kann ein Ziel sein

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Im Gegensatz zur "normalen" Flugangst, reicht es bei einer Flugphobie schon, eine Flugreise zu planen - schon droht die Panikattacke. Wenn das Einsteigen ins Flugzeug unmöglich erscheint, könnte professionelle Hilfe notwendig sein.

Flugangst - Was man dagegen tun kann: 

Das hängt davon ab, wie stark sie ausgeprägt ist, so der Psychiater:

  • Leichte Flugangst: Wer keine größeren Beeinträchtigungen hat, kann sich selbst helfen, etwa mit speziellen Hörbüchern, Podcasts oder Apps, die dabei unterstützen, mulmige Gefühle zu kontrollieren.
  • Mittelstarke Flugangst: Hier kann ein Flugangst-Seminar sinnvoll sein. Vermittelt werden Informationen über Angst und die objektiv hohe Sicherheit beim Fliegen, außerdem Beruhigungsstrategien, Atemübungen und Entspannungstechniken. Diese Seminare werden oft in Kooperation mit einer Fluggesellschaft angeboten und schließen mit einem "echten" Flug ab.
  • Schwere Angst oder Phobie: "Je ausgeprägter die Beschwerden sind, und wenn weitere Ängste oder depressive Symptome vorliegen, ist in jedem Fall eine psychiatrische oder psychotherapeutische Diagnostik zu empfehlen, um eine zielgerichtete Therapie zu planen."
Das zentrale Element bei der Überwindung einer Flugangst ist die Konfrontation

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Wie funktioniert die Konfrontationstherapie?

Wie viele Phobien wird auch eine schwere Flugangst meist mit kognitiver Verhaltenstherapie behandelt, deren Elemente auch bei Flugangst-Seminaren zum Einsatz kommen. Zum Beispiel die sogenannte Psychoedukation, also Informationen zur Angst, ihrer Funktion und Entstehung.

"Im Zentrum steht jedoch die Konfrontation mit der angstauslösenden Situation", so Wortelboer. Diese erfolgt in der Regel schrittweise, von angstauslösenden Gedanken über Bilder bis zu Orten oder Situationen, die mit dem Fliegen zu tun haben. Wenn Betroffene dann bei einem "echten" Flug die Erfahrung machen "Es hat funktioniert!", sei das sehr hilfreich.

Mit VR-Brille gegen die Flugangst

Je öfter man das erlebt, desto besser realisiert das Gehirn, dass die Angst unnötig ist. Hier kommt Virtual Reality ins Spiel. Die Technologie wird bei verschiedenen Phobien bereits angewandt, und manche Fluggesellschaften bieten VR-gestützte Programme gegen Flugangst an, etwa Air France

Mit VR-Brillen und spezieller Software können Betroffene in einer computergenerierten Wirklichkeit realitätsnahe Flugsituationen erleben – von der Sicherheitskontrolle über das Einsteigen bis zum Start und der Landung. Das kann helfen, aber kann es die "echte" Erfahrung ersetzen?

Möglicherweise. Moderne VR-Systeme gehen über eine rein visuelle Simulation hinaus: Durch vibrotaktile Elemente in Handschuhen, Westen oder Stühlen können sogar die Bewegungen eines Flugzeugs simuliert werden. Studien zeigen, dass solche VR-basierte Konfrontationstherapien auch bei Flugangst wirksam sein können. "Außerhalb von Forschungsvorhaben sind sie allerdings noch kaum verfügbar", so Udo Wortelboer.

Der Mediziner rechnet aber damit, dass sich das in den kommenden Jahren ändern wird. Unter anderem auch, weil ein simulierter Flug wegen der entfallenden An- und Abreise wesentlich weniger zeitaufwendig ist als ein echter. Außerdem lasse sich die VR individuell anpassen und angstauslösende Flugsituationen herausgreifen, die Betroffene dann häufiger und intensiver beüben können.

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