Brust oder Rücken? Wie die Kleinsten schwimmen lernen
Umdenken: Statt eines einzigen Stils stehen heute mehrere parallel am Programm.
Brustschwimmen ist wohl die älteste Schwimmtechnik der Welt. Höhlenmalereien aus der Steinzeit zeigen Figuren, die sich in Bauchlage im Wasser fortbewegen. In vielen Ländern ist es bis heute die erste Schwimmtechnik, die Kinder erlernen. Auch in Österreich hat der Stil eine lange Tradition. Anders ist das in den USA und Australien, wo mit Kraulen begonnen wird. In manchen osteuropäischen Ländern wie Ungarn steht Rückenschwimmen am Anfang.
Tatsächlich gab es in den vergangenen Jahren ein Umdenken dahingehend, dass nicht mehr nur ein Schwimmstil im Fokus steht. „Jeder Stil hat Vor- und Nachteile. Brustschwimmen ist eine sehr komplexe Schwimmart. Es gibt Kinder, die den Brustbeinschlag sofort gut umsetzen können, wir versuchen aber, die Kinder nach ihren Veranlagungen abzuholen“, erklärt Peter Steiner, in dessen gleichnamiger Schwimmschule Brust- und Rückenschwimmen parallel unterrichtet werden.
Rückenschwimmen sei eine wichtige Grundfertigkeit, um sich über längere Dauer im Wasser zu bewegen. Auf dem Rücken gelinge es auch ohne große Kraftanstrengung an der Wasseroberfläche zu bleiben.
Ungesund?
Brustschwimmen geriet immer wieder in die Kritik, da es – falsch ausgeführt – Halswirbel und Kniegelenke belastet. Viele würden die Beine nicht korrekt anwinkeln oder ins Hohlkreuz fallen. Dass der Kopf nur zum Einatmen über Wasser ist, werde oft nicht umgesetzt. „Gesundheitliche Bedenken betreffen aber eher Erwachsene, die bereits Probleme mit der Wirbelsäule oder dem Knie haben und die Brustschwimmen falsch erlernt haben. Im kindlichen Alter ist der Stil kein Problem und für den gesunden Körper ist jedes Schwimmen gut“, betont Steiner.
In den meisten Schwimmschulen beginnen Kinder ab drei oder vier Jahren mit Wassergewöhnung. „In den ersten Kursen geht es um die Grundsicherheit im Wasser, das heißt, dass die Kinder sich für kurze Strecken frei und ohne Schwimmhilfe über Wasser halten können“, sagt Steiner. Die Kinder lernen im Wasser zu schweben, freiwillig unterzutauchen, auf dem Rücken zu liegen, Luftblasen ins Wasser zu blubbern und wie es ist, Wasser ins Gesicht oder in die Ohren zu bekommen. „Ziel ist, Vertrauen zum Wasser zu gewinnen. Erst später kommt das, was man unter klassischem Schwimmunterricht versteht, nämlich die verschiedenen Stile wie Brust-, Rücken und Kraulschwimmen.“
Die Kurse finden meist in Kleingruppen und ohne Schwimmflügerl oder -scheiben statt. Stattdessen hat sich in den vergangenen Jahren die Schwimmnudel als wichtiges Utensil für Anfänger etabliert. „Die Nudeln sind mehr als ein Spielzeug. Heute sind sie aus dem Schwimmunterricht nicht mehr wegzudenken, weil sie sehr gut dabei helfen, erste Bewegungen zu lernen. Ich empfehle sie auch Eltern, um mit den Kindern dort, wo sie stehen können, damit zu üben.“
Lücken durch Pandemie
Tendenziell beobachtet Schwimmlehrer Steiner einen Trend dahin, dass Eltern die Kinder eher für Kurse anmelden, als es ihnen selbst beibringen zu wollen. Gleichzeitig gäbe es aber auch Achtjährige und ältere Kinder, die noch kaum Schwimmerfahrung haben. Die Pandemie habe solche Lücken verstärkt. Der Schwimmunterricht in den Volksschulen könne fehlende Grundkenntnisse nicht ausgleichen. „Das Schulschwimmen beginnt ab der dritten Klasse, das ist ein bisschen spät und zielt nicht darauf ab, die Kinder bei null abzuholen“, so Steiner.
Gelingt es Kindern, sich einige Meter über Wasser zu halten, heißt das übrigens noch nicht, dass sie wirklich schwimmen können. Für Steiner ist das erst dann erfüllt, wenn sie das Freischwimmerabzeichen absolviert haben. Das heißt: 15 Minuten frei schwimmen in einem beliebigen Stil. Abgelegt werden kann die Prüfung ab sieben Jahren. Das Abzeichen befreit allerdings nicht von der elterlichen Aufsichtspflicht.
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