Nordsee, Deutschland: Meer zum Wandern und Wundern

Wie riesige Pilze liegen an die hundert Strandkörbe über den flachen Hang im grünen Rasen verteilt. „Der Deich ist seit einigen Jahren höher und breiter, um das Land und den Hafenort Büsum dahinter bei einem möglichen Ansteigen des Meeresspiegels infolge des Klimawandels vor Überschwemmungen zu schützen.“ Biologin Ingrid Austen war früher als Wissenschafterin tätig, jetzt begleitet sie mit viel Engagement Gäste durch das von der UNESCO geschützte Weltnaturerbe.

Die Sonne strahlt kräftig vom Himmel und lässt die sanften Wellen der Nordsee glitzern, die einige hundert Meter vom Deich entfernt an einer schnurgeraden Wasserkante beginnen und bis zum Horizont reichen. Es ist gerade Ebbe. Auf dem Watt, der weiten sandigen Fläche, viele Kilometer breit, tummeln sich weit verstreut Wanderer mit Kindern und Hunden. „Die Wattflächen werden zweimal täglich überflutet, drei Meter steigt dabei das Wasser, zwischen Hoch und Niedrigwasser liegen 6 ¼ Stunden. Ohne genauere Kenntnisse sollte man niemals auf dem Watt spazieren, nur allzu schnell könnte die Flut auflaufen und den Rückweg behindern“, warnt Ingrid Austen.

Barfuß geht es über den feuchten, sandigen Boden. Die Oberfläche ist ziemlich fest, in einigen flachen, kleinen Mulden haben sich Wasserlacken gebildet. Boden und Wasser fühlen sich angenehm warm an.

Auf den ersten Blick erscheint die weite Fläche trist und leblos. Mit einer Mistgabel sticht die Biologin wie zufällig in den weichen Boden und fördert jede Menge Leben zutage. Fette Wattwürmer fressen sich tief in den Boden hinein, verdauen Bakterien und Algen und scheiden den gereinigten Sand an der Oberfläche in Form von Spaghettihaufen wieder aus, die bei Ebbe tausendfach zu finden sind. Klaffmuscheln leben bis zu dreißig Zentimeter tief im Boden, mit einer Art Schnorchel filtern sie das Meerwasser nach Plankton. Mit leichtem Streicheln einer Muschel gelingt es der Biologin, diese Zunge ein wenig auszufahren.

Je länger Spaziergang und Erklärungen der Führerin dauern, umso häufiger entdecken die Besucher auch selbst einige dieser Lebewesen, wie gut getarnte Einsiedlerkrebse. Diese wunderbare Natur am Wattenmeer ist zweimal jährlich von besonderer Bedeutung, wenn Millionen Zugvögel hier Rast machen.

Zurück im sicheren Strandkorb sitzend, schweift der Blick über die Weite des Watts, das nun erstaunlich schnell in der einsetzenden Flut verschwindet.