Kathi Moser bei der wöchentlichen Kontrolle. Ab August kostet sie die Trauben, um zu schauen, wann der richtige Lesezeitpunkt ist

Niederösterreich: Vom Hornmist ins Weinglas

Im Kremstal steht ein pompöses Haus mit Atrium. Dabei nennt Familie Moser sich selbst und ihre biodynamischen Weine bodenständig – und niemals esoterisch.

Es leuchtet einem gelb entgegen, das Atriumhaus. Wo im alten Rom früher Wohlhabende wohnten, haust in Rohrendorf Familie Moser. Kathi Moser, die älteste von fünf Kindern, führt an einem verregneten Tag durch die pompöse Säulenhalle. Ein Glasdach gibt den Blick auf die Regenwolken frei. In der Mitte ein Brunnen. Wie in einem Museum mag man kaum was berühren. Im hinteren Teil des Gebäudes ist es wohnlicher, in der Küchenstube richtig gemütlich.

Atriumhaus

Das Atriumhaus

©Kristin Butz

Weil es regnet, fällt das Teesammeln für die Weinreben aus. Dazu später. Die Katze auf dem Schoß, vor ihr ein Becher Kaffee – Kathi Moser hat es sich auf einem der Küchenstühle bequem gemacht: „Das Haus passt eigentlich gar nicht zu uns. Wir laufen barfuß durch die Gegend.“ Wie zum Beweis kommen Personen in die Küche, grüßen und gehen wieder ihren Pflichten nach. Mutter Andrea kocht.

Die ehemaligen Säulen der Salztorbrücke zieren den Hauptraum des Hauses

©Kristin Butz

Der Grund, dass die Mosers in einem solchen Anwesen leben, liegt in der langen Weintradition. Die wurde vor fast hundert Jahren von Urgroßvater Lenz Moser begründet – einer der bekanntesten Weinnamen im Land. „Alle Mosers waren ihrer Zeit voraus“, erklärt Kathi stolz. So wurde das Weingut Moser – heute Vitikultur Moser – zu einem Betrieb, der biodynamische Weine produziert. Lenz Moser entwickelte in den 1930er-Jahren die Hochkultur, also, dass der Wein in die Höhe wächst und man sich beim Ernten nicht bücken muss. Noch immer wird alles per Hand geerntet. Im Jahr 2000 übernahm Kathis Vater Nikolaus das Weingut und stellte auf biodynamisch um. Er verfolgt die Philosophie, umweltschonend Charakterweine zu produzieren. Seit 2009 sind sie auch Demeter-zertifiziert.

Kremstal, Niederösterreich

©Grafik

„Aber wir tanzen nicht ums Feuer“, sagt die Dreißigjährige lachend. Biodynamische Landwirtschaft bedeutet, die Erde in Balance zu bringen, sie resistenter gegen Schädlinge zu machen – ohne Chemie. Dafür verwenden sie Kamillen- und Löwenzahntee. Und Hornmist. Hornmist? Dafür wird eine Handvoll frischer Kuhmist in ein Kuhhorn gefüllt. Das Horn wird in der Erde vergraben – vorzugsweise bei Vollmond. Es bleibt eine Zeit im Boden. Dann wird der Inhalt in einem Kübel Wasser verrührt und über dem Acker versprüht. Überraschenderweise sagt Kathi darüber: „Wir wollen das Verfahren aus der esoterischen Ecke holen.“

Inwiefern biodynamische Präparate kosmische Energien bündeln und die Qualität der Pflanzen und Böden verbessert, ist nicht endgültig belegt. Kathi ist jedenfalls von der Methode überzeugt. Anfänglich war das ein schwerer Weg. Die trüben Weine schmecken für viele Weintrinker ungewöhnlich, sind dafür oft bekömmlicher. Mit der Zeit wurden die Menschen bewusster, aufmerksamer und das Interesse wuchs.

Info

Anreise
Mit der Bahn nach Krems, weiter mit dem Bus SV820 nach Rohrendorf, oebb.at

Unterkunft
Am Fuße der Burgruine Senftenberg steht das Weingut Nigl. Es wurde zu Hotel und Restaurant umgebaut. Wein gibt es immer noch. Das Hotel hat einen Spa-Bereich  mit Infinitypool und Saunen. Das Lokal serviert regionale und saisonale Schmankerl aus dem Kremstal, weingutnigl.at

59 Jahre
steht das Atriumhaus mittlerweile im Kremstaler Weinbaugebiet. Lenz Moser hatte nach dem 2. Weltkrieg unversehrte Teile klassizistischer Gebäude in Wien erstanden und sie für den Bau verwendet. Man kann das Haus für Events, Verkostungen und Kellerführungen mieten, vitikultur-moser.at

Punkt zwölf sind Mama Andreas Krautfleckerl fertig. Sie hat für alle gekocht. So trudeln jetzt Geschwister, Angestellte und Hunde ein. Nach dem Essen haben sich die Wolken verzogen. „Jetzt ist ein besonderer Zeitpunkt, um in die Reben zu fahren“, erklärt Kathi. Die Farben strahlen, die Trauben glänzen, freier Blick über das Donautal. Sie schnappt sich ihren Hund, verlässt das Atrium, düst los – natürlich barfuß.

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