Warum die Menschen auf Mittelmeer-Kreuzfahrt gehen

Gigantisch? Jedenfalls. Verwirrend? Mitunter. Cool? Durchaus. Mit der MSC World Europa entlang Italiens Küste und über Malta nach Barcelona und Marseille.

Diese Reise startet in einem holzgetäfelten Teesalon in einer englischen Grafschaft. Ein Pianist sorgt für leise dahinplätschernde Musik. An einem der kleinen Tische samt Etagere mit Teegebäck sitzt Lady Di und schenkt der Kellnerin ein Lächeln und Dank – allerdings nicht in feinem „BBC-English“; Diana klingt mehr nach CNN. Und der Teesalon befindet sich an Bord der MSC World Europa, die sanft auf den Wellen des Mittelmeeres dahinzieht.

Der pensionierten Ärztin und ihren Freundinnen, die sie Lady Di rufen, ist das einerlei. Die vier Endsechzigerinnen aus Detroit genießen es, auf dreihundertdreiunddreißig Metern Länge und siebzig Metern Höhe verwöhnt zu werden. Vom Salon ins britische Pub Billard spielen? Oder ins Sushi-Restaurant samt Kochshow und japanischer Trommelkunst? Zum Mexikaner? Oder vielleicht ins amerikanische Steakhaus und danach in der Dolce Vita Bar Rock ’n’ Roll tanzen? Oder in der Champagner-Bar den Tag ausklingen lassen? Die Golden Girls kichern und lassen sich alles offen.

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Einfach treiben lassen. Kein schlechter Plan angesichts der Überfülle an Aktivitäten, die an Bord und auch an Land geboten werden. Genua, Neapel, Sizilien, Malta, Barcelona und Marseille liegen auf der Route. Allesamt mindestens eine Reise wert.

„Für uns ist das Schiff die wunderbarste Art, in all diese wunderschönen Orte in Europa zu reisen“, erzählt Lady Di und nippt an ihrem Tee. „Von Stadt zu Stadt, ohne Zimmer zu wechseln oder in Europa herumzufliegen, was ja auch Emissionen verursacht.“ Ihre Freundin Denise ergänzt lachend: „Die Kreuzfahrt ist quasi eine super-bequeme Taxifahrt durch Europa.“

Schwimmendes Taxi

Die MSC World Europa ein Taxi? Wohl mehr eine schwimmende Stadt, die zumindest am letzten Stand der Technik ist und mit Flüssigerdgas, LNG, betrieben wird. Sylvia Bachert von MSC Cruises, einer der größten Reedereien weltweit, wird nicht müde zu betonen: „Es sind wir, die Kreuzfahrer, die für die ökologische Entwicklung unserer Schiffe viel tun – auch wegen der Proteste von Umweltschützern gegen unsere Branche.“ Weltweit seien etwa vierhundert Kreuzfahrtschiffe unterwegs, aber etwa eine Million Lastschiffe, über die niemand nachdenke, der sich ein Teil auf der anderen Seite der Welt bestelle.

Aber zurück zu den Amerikanerinnen im Teesalon. Reichen ihnen die kurzen Stopps in den Hafenstädten auf ihrer Europa-Tour? „Jein.“ Deshalb haben sie die Reise folgendermaßen geplant: Erst ein paar Tage in Paris und Marseille, dort einschiffen und bei jedem Hafen raus zum Ausflug, etwa nach Pompeji oder Taormina (Sizilien). Dann Ausschiffen in Barcelona, wo sie noch eine Woche Urlaub anhängen werden.

Am Nebentisch, wo Deutsche dem Gespräch gelauscht haben, erntet dieser Plan Ahs und Ohs. So werde man die nächste Schiffsreise auch planen, ist sich die Runde einig. „Die paar Stunden in Neapel waren mir viel zu kurz. Aber jetzt habe ich Gusto bekommen. Ich kehre sicher wieder hierher zurück“, sagt Mathias aus München. „Und nach Malta komme ich auch wieder. Garantiert.“

Sonnenuntergang im Jacuzzi ist ein Highlight.

©Ulrike Botzenhart

Im Hier und Jetzt

Derlei ist den Brüdern Paul (vierzehn) und Clément (zehn) völlig fremd. Sie leben im Hier und Jetzt. Genießen die Wasserrutschen, die Pools und Jacuzzis, das breite Sportangebot, den Kids Club und die Zockerhallen. Die jungen Franzosen überschlagen sich vor Begeisterung. Und ihre Eltern, die ebenfalls ihre Kreuzfahrt-Premiere erleben, strahlen mit ihren Söhnen um die Wette.

Die Mittvierziger kritisieren nur eines: zu viele Menschen. Deshalb haben sie ihr Reisebudget aufgestockt, um in den Spezialrestaurants à la carte essen zu können. „Die Entscheidung war goldrichtig und das Essen ist wirklich fantastisch“, schwärmt Marlène, ihr Mann Sébastian nickt zustimmend.

Mehr als 6.200 Passagiere sind an Bord des gigantischen Schiffes und trotzdem läuft diese sympathische Familie aus Toulouse der KURIER-Reporterin in der Woche immer wieder über den Weg. Beim Frühstück in einem der riesigen Restaurants. Beim Rollschuhfahren oder Kicken im Sportplex. Auf dem Weg ins Spa. Oder um Mitternacht nach der Theatershow „Rock DJ – Robbie Williams Experience“. Da ist selbst der quirlige Clement stehend k. o. und bekommt kaum mehr einen Satz zusammen.

Die Außenkabinen sind gute Rückzugsorte von den Menschen.

©Ulrike Botzenhart

Während die Familie in ihre geräumige Außenbordkabine samt Balkon stolpert, beginnt für andere erst der (Tanz-)Abend. Auch hier, je nach Gusto, bis in die frühen Morgenstunden – so wie das junge Italiener-Rudel, das zum Abschluss einer durchtanzten Nacht noch frühstückt, bevor sich die Truppe fröhlich winkend und „Buona notte!“ rufend auf den Weg ins Bett macht. Vorbei an den stillen und staunenden alten Japanerinnen und Japanern, die als Erste ins Restaurant gekommen sind. Die Asiaten bekommen ihr Stück „Italianità“ also zum Frühstück serviert.

Auf so einem Schiff treffen Menschen aus fast allen Teilen der Welt aufeinander. Elegante Südkoreanerinnen, die sich in Ballrobe vor dem Dinner fotografieren lassen, können da auf laut rappende Afrikaner samt Gettoblaster stoßen. Die feiernde Großfamilie aus Nigerias Hauptstadt Lagos wird niemand vergessen, der sie und ihre Lebensfreude bewundert hat.

©Ulrike Botzenhart

Im Schlund der Kobra

Besonders leicht lassen sich Jung (alle Rutschen an Bord sind erst ab sechs Jahren erlaubt!) und Alt (unendlich) an einem Ort an Bord kennenlernen: Dort, wo alle geduldig warten, um durch den Schlund einer Kobra elf Decks in die Tiefe zu gleiten. Realisten nennen es spiralförmige Trocken-Röhrenrutsche. Und sie verweisen darauf, dass Menschenfeinde keinesfalls auf ein so großes Schiff gehen sollten. So antizyklisch kann man gar nicht unterwegs sein.

Selbst vor Sonnenaufgang finden sich immer Romantikerinnen an Deck, um auf See das Farbenspektakel zu genießen. Es soll Menschen geben, denen das als Grund für eine Kreuzfahrt schon reicht.

Infos

Das Mittelmeer Mit einer Fläche von 2,5 Mio. Quadratkilometern ist es 30 Mal so groß wie Österreich

Das Schiff Die MSC World Europa fährt im Winter Genua–Neapel– Messina–Valletta–Barcelona– Marseille–Genua; Ab-Preis hierbei für 7 Nächte bei 543 € inkl. Hotel Servicegebühr p. P. Buchbar bis 4. 12. 2023. Ein-  und Ausschiffen in jedem Hafen möglich! msccruises.at

Flüssigerdgas LNG  ist der derzeit sauberste Schiffskraftstoff, der in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht. Die MSC World Europa und die MSC Euribia sind damit bereits auf See. Die MSC World America folgt 2025

Ulrike Botzenhart

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