Wie Issey Miyake Falten und nach Wasser duftendes Parfum zum Kult machte

Ein Rückblick auf das Schaffen des japanischen Designers, der im Alter von 84 Jahren starb.

Er hätte sich vielleicht bei den Olympischen Spielen gesehen oder auf einer Theaterbühne. Der Wunsch, Designer zu werden, war jedenfalls nicht etwas, das Issey Miyake von Kindesbeinen antrieb.

Erst ein Blick in die Modemagazine seiner Schwester ließ den Karrierewunsch Athlet oder Tänzer in den Hintergrund rücken – und war der Startschuss für eine der beeindruckendsten Karrieren der internationalen Modebranche. Am 5. August 2022 verabschiedete sich Miyake endgültig von dieser: Er starb im Alter von 84 Jahren an Leberkrebs. Eine kleine, private Beerdigung fand bereits statt.

Letztere wird ganz im Sinne des Visionärs gewesen sein. Im Gegensatz zu anderen Designern, war es Miyake nie ein Anliegen, im Rampenlicht zu stehen. Sein Gesicht hätte wohl so mancher eingefleischte Modefan nicht auf der Straße erkannt, sehr wohl aber seine Designs: Der Name Issey Miyake steht wie kein anderer für Plissees. Nach seiner Modeausbildung in Paris, wo er unter anderem für Hubert de Givenchy arbeitete, kehrte der Modemacher nach Tokio zurück und gründete dort im Jahr 1970 sein Studio.

Unzerknitterbar

In den Achtzigerjahren entwickelte er eine neue Art des Faltenlegens, indem er Stoffe zwischen Papierschichten platzierte und sie in eine Wärmepresse legte. Der sich daraus ergebende Effekt war nicht nur modisch, sondern auch praktisch: Ganz gleich, wie zerknüllt ein Plissee-Kleidungsstück von Miyake im Koffer liegt oder wie oft es gewaschen wird – knittern oder gar seine Form verlieren wird es nie. Oberteile, Röcke, Mäntel, Schals und sogar Abendkleider versah Miyake im Laufe seiner Karriere mit widerstandsfähigen Falten.

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Von jenen Berühmtheiten, die Japans Modevisionär zu seinen Fans zählen konnte, dürfte Apple-Gründer Steve Jobs wohl der überraschendste sein. Dieser beschloss, sich in den Achtzigerjahren eine Art Uniform zuzulegen: „Also fragte ich Issey, ob er mir ein paar schwarze Rollkragenpullover entwirft“, wird Jobs in seiner von Walter Isaacson verfassten Biografie zitiert. „Er machte mir ein paar Hundert von ihnen. Ich habe genügend für den Rest meines Lebens.“

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Sein Sinn für das Reduzierte erwies sich auch im Beautysegment als Erfolgsgarant. Im Jahr 1992 kam das Parfum „L’Eau d’Issey“ auf den Markt. Und das, obwohl Miyake der österreichischen Mode-Doyenne Brigitte R. Winkler einst im Gespräch verriet: „Ich mag kein Parfum, Gerüche stören mich.“ Er wollte lieber das „herrliche Gefühl, nachdem man sich das Gesicht gewaschen hat“ einfangen. Mit Erfolg: Seine olfaktorische Erstkreation wurde zum Weltbestseller.

Nach vorne schauen

Nur über eines sprach Issey Miyake bis zuletzt ungern. Geboren am 22. April 1938 in Hiroshima erlebte er die Atombombenkatastrophe als unmittelbar Betroffener mit. „Was vergangen ist, ist vergangen“, sagte er zu Winkler. Ein Gespräch aus den Neunzigerjahren, das an Relevanz nicht zu verlieren scheint: „Gerade heute, mit all diesen Problemen rund um uns, dürfen wir nicht ganz negativ werden. Aber viele Leute sehen die Zukunft nicht mehr. Daher ist das für mich das Wichtigste: Durch die Kleidung als Ausdrucksmittel möchte ich den Leuten eine positive Einstellung vermitteln.“

Maria Zelenko

Über Maria Zelenko

Seit 2015 beim KURIER. Schreibt seit über einem Jahrzehnt über alles, was die Mode- und Kosmetikwelt bewegt.

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