Kaum jemand weiß, worauf es beim Sonnencreme Auftragen wirklich ankommt.

Sonnenbrand und Hautschutz: Dermatologin warnt vor Bräunungs-Mythen

Warum Sonnenmilch weniger wirkt als man denkt, Vorbräunen meist schädlich ist und was wirklich hilft. Eine Dermatologin klärt auf.

Die Tage werden länger, die Temperaturen steigen, wenn auch langsam, und die Sonne gewinnt an Kraft. Bald werden sie da sein, die Tage, wo sie gnadenlos von früh bis spät vom Himmel brennt. Gesundheits- und Schönheitsbewusste wollen sich vorbereiten, bevor sie ihre blasse Haut in Bikini, Badeanzug oder Badehose der prallen Sonne aussetzen. 

Deshalb wird das Thema "Vorbräunen" aktuell auf Social Media heiß diskutiert. Manche empfehlen, vorab ins Solarium zu gehen, um eine "Grundbräune" zu bekommen, andere setzen auf Bräunungskapseln oder Karottensaft in großen Mengen, um die Haut bräunlich zu färben. Aber was davon hilft der Haut wirklich - und was ist schädlich? 

"Vorbräunen ist immer nur schlecht, jede Bräune ist ein DNA-Schaden", stellt Dermatologin Barbara Franz klar. Natürlich solle man einen Sonnenbrand immer vermeiden, aber schon lange vorher schädige man die Haut und das Melanomrisiko steige. "Haut kann sich nicht schützen, sie kann nur auf Schädigung reagieren", wird die Hautärztin nicht müde, zu erklären, "Jede Bräune, egal ob natürlich oder künstliche, egal ob durch Sonne oder Solarium, ist immer ein Zeichen von Hautschädigung". 

"Schwarzer Hautkrebs ist eine der gefährlichsten Krebsarten überhaupt. Er kann sehr schnell Tochterabsiedelungen verursachen und rascher als jeder andere Krebs in die Lymphe oder Blutbahn metastasieren. Das macht ihn irrsinnig gefährlich."

3 bis 5 Minuten Sonne am Tag

Die Haut kann zwar einen gewissen Eigenschutz aufbauen, aber man sollte sie langsam an die Sonne gewöhnen, am besten noch vor den heißen Tagen. Langsam, stellt die Ärztin klar, bedeutet nämlich nicht, sich in der Mittagszeit eine Stunde in die Sonne zu legen. Stattdessen empfiehlt sie, in den Abendstunden oder in der Früh, wenn die sie noch nicht so stark brennt, nur drei bis fünf Minuten in die Sonne zu gehen. Von Mai bis August ist die Sonneneinstrahlung nämlich besonders stark.

Solarium - nur Schaden, kein Nutzen

Zum "Vorbräunen" ins Solarium zu gehen, nützt nichts, sondern schadet nur. Denn im Sonnenstudio wird man UVA-Strahlung ausgesetzt. Dadurch bekommt man nicht nur eine gräuliche, unnatürlich wirkende Bräune, sondern lässt auch die Haut vorzeitig altern. Das Ergebnis ist die berühmte "Lederhaut". Außerdem begünstigt UVA-Strahlung weißen Hautkrebs. 

UVA-Strahlung ist man übrigens auch ausgesetzt, wenn man bei Sonne im Auto oder hinter einem Fenster sitzt. Dabei wird man nicht braun, trotzdem alter die Haut vorzeitig und die Krebsgefahr steigt.

Bräunungskapseln: "Fast noch schlechter" als gar nichts

Bräunungskapseln enthalten meist Canthaxanthin, ein Stoff, der in der Lebensmittelindustrie als Farbstoff eingesetzt wird und/oder Beta-Carotin-Verbindungen. Beiden ist gemeinsam, dass sie der Haut einen eher orange-rötlichen Farbton verleihen, statt dem eigentlich gewünschten Bronzeton

Als Schutz vor der Sonne eignen sie sich nicht, warnt Barbara Franz. "Patienten wiegen sich dadurch in Sicherheit", weiß die Ärztin. Man sei damit fast noch schlechter dran als gar nichts zu nehmen, weil man dazu neigt, sich nicht genug einzucremen. Zusätzlich kann es zu Unverträglichkeiten bei der Einnahme der Kapseln kommen. 

Die Mär von der Karotten-Kur

Ein neuer Trend der auf Social Media die Runde macht, ist, der übermäßige Genuss von Karotten oder Karottensaft. Dadurch werden dem Körper große Mengen von Beta-Carotin zugeführt, das sich in der Oberhaut ablagert. Sie verfärbt sich, bekommt einen gelb- oder orangestich. Das Phänomen ist als Carotinämie bekannt. 

Beta-Carotin ist laut der Medizinerin ein potentes Antioxidans und ein Radikalenfänger. Durch die Sonneneinstrahlung entstehen im Körper freie Radikale, denen das Beta-Carotin entgegenwirkt. Allerdings: "Schutzwirkung vor der Sonne kann so nicht aufgebaut werden", aber "die Augen freuen sich", denn Beta-Carotin wird im Körper in Vitamin A umgewandelt und ist insbesondere für den Sehprozess und die Netzhautfunktion förderlich. 

Dermatologin Barbara Franz

Dr. Barbara Franz ist zertifizierte Fachärztin für Dermatologie bei der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Dermatochirurgie und praktiziert im 9. Bezirk in Wien. hautsachegut.at

©Moritz Schell

Warum sich die meisten falsch einschmieren

Was viele nicht wissen, ist, dass sie Sonnencreme meist falsch anwenden. Die Mindestmenge an Creme, die man auftragen muss, um den auf der Packung angegebenen Lichtschutzfaktor zu erreichen, ist laut der Dermatologin überraschend groß: "Mit normalem Eincremen erreicht man den Faktor nicht, der draufsteht." Verwendet man einen 50+-Faktor, erreicht man meist nur 10, warnt sie. Man ist also weit kürzer vor schädlicher UVA- und UVB-Strahlung geschützt als man glaubt. 

Die Medizinerin propagiert deshalb die "Regel des doppelten Einschmierens". Man cremt sich von Kopf bis Fuß ein und wiederholt das Prozedere danach. So erreicht man die empfohlene Menge noch am ehesten. 

"Sonnenschutz soll in erster Linie angenehm sein", lautet ihr Tipp. Denn aus Erfahrung mit ihren Patienten weiß sie: "Der beste Sonnenschutz bleibt im Regal, wenn er zu klebrig ist oder zu stark riecht". Sie empfiehlt möglichst ölfreie Produkte, deren Zusammensetzung nicht so reichhaltig ist. Das minimiere das Klebegefühl, das viele als unangenehm empfinden. Dadurch steige auch die Bereitschaft, den Sonnenschutz öfter anzuwenden. 

Sonnenmilch ist übrigens nicht besonders lang haltbar. Die Medizinerin empfiehlt "auf jeden Fall" jeden Sommer ein neues Sonnenschutzprodukt zu kaufen, um geschützt zu sein. 

Wer das größte Hautkrebsrisiko hat

Die Menschen, die die meiste Zeit praller Sonne ausgesetzt sind, sind überraschenderweise nicht die, die das größte Hautkrebsrisiko tragen. Bauern und Asphaltierer etwa bekommen statistischerweise nicht so oft Hautkrebs wie andere, weiß die Dermatologin. Hardening, nennt sich der Vorgang, wenn die Haut lernt, mit der Sonne umzugehen. Es entstehen dabei auch sogenannte Lichtschwielen. Dabei wird die Haut durch Gewöhnung an die Sonne dicker. Dadurch verstärken sich allerdings auch Hauterkrankungen wie Rosacea oder Akne.

Am meisten Hautkrebs-gefährdet sind jene - vor allem Frauen - die das ganze Jahr im Büro sitzen oder drinnen arbeiten und sich dann, in ihrem zweiwöchentlichen Urlaub am Strand, sich die volle Sonnendröhnung holen wollen. 

Frauen haben immer eine dünnere Haut als Männer und haben deshalb auch weniger Schutz vor der Strahlung. Hat man dazu noch einen delikaten Hauttyp, ist blond und hat blaue oder grüne Augen, ist besondere Vorsicht geboten.

Warum Fieberblasen und Verkühlungen im Sommer zunehmen

Man ist auch viel anfälliger für Infekte, erklärt die Dermatologin, weil die Sonne das Immunsystem schwächt. Durch UV-Strahlung wird die Immunantwort - die Reaktion des Immunsystems auf Fremdkörper - unterdrückt. Das merken Menschen, die zu Fieberblasen neigen, weil diese in der Sonne öfter auftreten. Das ist auch der Grund, warum man aus dem Urlaub in der Sonne oft krank zurückkommt oder sich eine bestehende Erkältung verschlechtert. Ist man krank, sollte man UV-Strahlung aus diesem Grund unbedingt meiden. 

Zwar wirkt dem das Vitamin D, das man sich über die Sonne holt, entgegen, doch Sonne hat "viel mehr negative Einflüsse als Vorteile", versichert die Ärztin. "Vitamin D kann man problemlos in Form von Kapseln substituieren", sagt Franz, rät aber von Tropfen wegen Dosierungsschwierigkeiten ab. 

Über Marianne Lampl

Digital Producer bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit. Geboren im Burgenland, für den Besuch einer Kunstschule mit 13 Jahren nach Wien gekommen. Studierte in Graz, dann Jahre später doch Journalismus und arbeitete schließlich in Wien beim ORF, bei Heute und PULS24.at, unter anderem als Ressortleiterin für Szene, Lifestyle, Entertainment und Kultur. Seit 2024 bei freizeit.at.

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