Philipp Plein im Interview: „Ich bin kein Freund von Heuchelei“

Der freizeit erzählte der Modedesigner, wie er sich immer wieder aufs Neue inspirieren lässt und weshalb Feminismus heute kein Thema mehr sein sollte.

Sein Markenzeichen sind bis heute glitzerndes Bling-Bling und Totenköpfe, die Philipp Plein vor Jahren auf Vintage-Militärjacken nähte. Das war auch der Start für sein Mode-Imperium. Jetzt akzeptiert der umtriebige Selfmade-Millionär als erster Modeunternehmer digitale Kryptowährungen als Bezahlung in seinen Geschäften. Mit der spricht er über seine Arbeit, seinen Arthouse-Film mit Megan Fox, Feminismus und Vorbilder.

Wenn Sie sich selbst eine Frage stellen könnten, wie würde diese lauten?

Philipp Plein: Ja, das ist eine interessante Frage, normalerweise fragen mich die Leute immer das Gleiche. Allerdings ist das jetzt schwierig zu beantworten. Ich habe so viele Geschichten zu erzählen, die alle spannend sind.

So spannend wie die Geschichten, die Sie in Ihren Modekollektionen erzählen. Woher kommt Ihre Inspiration, Ihr saisonaler Stil-Wechsel vom Luxus-Trash zur Luxus-Klasse?

Viele Leute reden viel Bullshit zum Thema Inspiration. Etwa, dass man dafür nach Indien fliegen muss oder da- und dorthin gehen muss. Aber In-spirationen sind überall um einen herum, du kannst Inspiration sogar bei dir zu Hause auf dem Klo finden. Man muss einfach nur die Augen offen halten, aufnahmefähig bleiben und in der Lage sein, Sachen zu sehen, die andere Menschen nicht sehen. In der Mode reden wir von einem Business, das sehr wankelmütig ist. Das verändert sich jede Saison und es gibt, glaube ich, keine andere Industrie, die so kurzlebig ist wie die Mode. In der Mode muss man sich jedes Jahr neu erfinden. Es ist schon sehr herausfordernd, immer wieder zu versuchen, neu zu sein, aber irgendwie doch den eigenen Stil zu bewahren. Um die Kunden, sagen wir mal, glücklich zu machen mit dem Produkt, das man macht. Das ist wie Leistungssport.

Wie gelingt es Ihnen, diesen Stil zu bewahren und trotz des Arbeitspensums und der vielen Partys jeden Tag kreativ zu bleiben?

Ich glaube, man muss sich immer wieder vor Augen halten, dass alles, was man im Leben hat und erreicht, nur auf Zeit ist. Dass einem nichts geschenkt wird. Wenn man Respekt vor dem Leben und vor dem Erfolg hat, bleibt man aufnahmefähig und leistungsfähig. Wenn man den Respekt verliert und bequem wird, verliert man diesen Drive.

Philipp Plein zeigte seine FW/20/21 Kollektion  „The New Baroque Vol. 2“,  im Frühjahr auf Social Media in einem animierten Video mit Musik von Snoop Dogg 

©Pr/Beigestellt
Sie setzen auf Kryptowährung und fördern junge Designer. Was ist Ihr Modekonzept?

Das Modebusiness ist hart umkämpft und es ist in jeder Industrie eigentlich das gleiche Bild. Wo viel Geld zu machen ist, da findet man die Großen. Und die Großen lassen sehr wenig Platz für die Kleinen. Heute ist es so, dass gerade die Modeindustrie von einigen wenigen großen Konzernen dominiert wird. Das sind fast schon Monopolisten, die keinen Raum mehr lassen für junge neue Designer, überhaupt in den Markt zu kommen. Wenn man mit dem Zeitgeist geht, und auch jungen Designern die Chance gibt, sich zu verwirklichen und sich in dieses Konzept zu integrieren, dann kann das gelingen. Und man soll auch versuchen zu verstehen, was die Leute heute und morgen bewegt. Das ist wie Musik, weil man hört ja auch nur die Musik, die einem gefällt.

Wie meinen Sie das?

Musik- und Modeindustrie sind ziemlich ähnlich. Ja, wir versuchen die Menschen irgendwie mit dem zu begeistern, was wir kreieren. Wenn man sich die großen Hits von den Rolling Stones oder von Coldplay anhört, folgen sie alle irgendwie einer Grundidee. Wenn man einmal eine Formel zum Erfolg hat, dann baut man sie auch weiterhin aus. Und ergänzt sie dann auch immer wieder, sozusagen mit ein bisschen Zeitgeist, um aktuell zu bleiben. Das ist das eigentlich Interessante. Das ist mein täglicher Sport.

Ich liebe die Frauen und die Frauen lieben mich.

Philipp Plein
Nachhaltigkeit ist der Zeitgeist von heute. Ist sie in der Modebranche angekommen?

Sie sollte selbstverständlich sein, aber leider ist es immer noch nicht so. Ich glaube, viele Menschen befassen sich eigentlich zu wenig mit dem Thema und sind schon damit zufrieden, wenn Bio draufsteht, und dann kaufen sie halt einfach das Wort Bio mit. Viele Großkonzerne verkaufen Plastiktüten, gefüllt mit toten Tieren, also Daunen-Nylonjacken, und trotzdem haben sie nach außen hin das Image, dass sie etwas für die Umwelt tun. Bei den Großkonzernen ist auch viel Heuchelei dabei, und ich bin kein Freund von Heuchelei. Also wenn man schon was Gutes macht, und wirklich nachhaltig sein möchte, dann muss es auch richtig sein und nicht nur, um damit in die Medien zu kommen.

Mediales Echo bekam auch Ihr Arthouse- Film für Ihre nächste Kollektion, in dem Megan Fox eine Femme fatale spielt. Wie stehen Sie zu Feminismus?

Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen, die damals allein erziehend war. Meine Mutter hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Das ist jetzt auch schon etwa 40 Jahre her, damals war Feminismus noch nicht so groß geschrieben. Ich bin nur von Frauen umgeben. Auch in meiner Firma sind eigentlich viele wichtige Positionen von Frauen besetzt, weil ich festgestellt habe, dass Frauen die viel härteren Arbeiter sind als Männer. Ich glaube, es ist ein Thema, über das man sich lange unterhalten kann. Nur weil ich Kleider verkaufe, die sexy sind, und es Frauen gibt, die gerne mal sexy aussehen wollen, bin ich deswegen nicht automatisch gegen die Frauenbewegung oder gegen Feministen, wie es manche Medien behaupten. Das ist absoluter Schwachsinn und Humbug. Was Megan Fox angeht, muss ich sagen, dass sie der Inbegriff von Feminismus ist. Sie ist allein erziehende Mutter, hat mehrere Kinder, steht erfolgreich mit beiden Beinen im Leben, verdient ihr eigenes Geld und hat sich jetzt einfach, wie viele andere moderne Frauen auch, von ihrem Mann und Lebenspartner getrennt. Sie ist eine Frau, die sehr viel Power ausstrahlt und mitbringt. Sie ist ein Superstar, der Kurzfilm ist auf sie zugeschnitten und fokussiert. Aber wie gesagt, ich liebe die Frauen und Gott sei Dank lieben die Frauen auch mich, sonst würden sie nicht meine Klamotten kaufen. Ich finde, dass Feminismus ein Thema ist, worüber man heute gar nicht mehr sprechen sollte, weil er selbstverständlich geworden ist.

Aber Ihr großes Vorbild ist Thierry Mugler. Haben Sie noch andere?

Ich fand Karl Lagerfeld ganz cool, weil er hyperintelligent war. Weniger als Inspiration für meine Mode, aber einfach von seinem Charakter und seiner Art, seinem Wesen. Er hat bis zur letzten Sekunde verstanden, was um ihn herum passiert. Sein Erfolg basiert auf seiner Intelligenz. Ich respektiere intelligente Menschen, weil ich von ihnen etwas lernen kann.

Florentina Welley

Über Florentina Welley

Mag. Florentina Welley schreibt seit 2006 als Lifestyle-Autorin über ihre Lieblingsthemen: Mode, Reise, Design und Kunst. Darüber hinaus konzipiert sie Shootings, kuratiert auch Kunst- und Designevents. Auch Film-Erfahrung hat sie, etwa als Co-Produzentin für den Spielfilm „Die toten Fische“, darüber hinaus ist sie in Werbung und Medien bekannt für Konzepte, Textierungen jeden Genres und Modeproduktionen samt Styling, Regieassistenz, Ausstattung und Kostümbild.

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