Bunte Oscar-Favoriten: Farb-Beraterin verrät, wie's im Alltag geht

Die Oscar-Favoriten kommen 2025 in Primärfarben. Wie bringt man Farbe in den eigenen Kasten? Eine Farbberaterin gibt Tipps.

"Wicked" war es förmlich ins Gesicht geschrieben. Oder, genauer gesagt, in das von Schauspielerin Cynthia Erivo. Als Elphaba strahlte das Gesicht der 38-Jährigen ebenso wie der Rest ihres Körpers: in einem intensiven, satten Grün

Diese Farbe dominiert nicht nur das Werbeplakat, sondern auch rund 500 Kostüme im Film – für die Bewohner der Smaragdstadt. 

Offiziell sind die Oscar-Nominierungen noch nicht. Aufgrund der verheerenden Brände in Los Angeles wurde die Bekanntgabe von ursprünglich 17. auf 23. Jänner verschoben. Doch einige Filme werden bereits als Favoriten gehandelt - und sie fallen alle mit ihrer Farbintensität auf.

Im Body-Horrorfilm "Substance" zieht Demi Moore in dottergelbem Mantel, kobaltblauem Body oder zinnoberrotem Kleid alle Blicke auf sich. Und obwohl Pedro Almodóvars jüngster Spielfilm "The Room Next Door" eine tragische Geschichte erzählt – die von Autorin Ingrid (gespielt von Julianne Moore) und ihrer sterbenden Freundin Martha (Tilda Swindon) –  wimmelt es am Bildschirm nur so von Kirschrot und Limettengrün. 

Lachen über einen Film von Buster Keaton: Julianne Moore (li.) und Tilda Swinton in "The Room Next Door"

©Warner

Grün steht für Hoffnung 

Warum strahlen uns die Oscar-Favoriten dieses Jahr in so fröhlich-intensiven Farben entgegen? 

Die Wiener Farb- und Stilberaterin Kristina Radon liefert eine Erklärung: "Farben haben ja immer einen psychologischen Hintergrund", sagt sie. "Grün, zum Beispiel, steht für die Hoffnung."

Keine Angst vor Farben auch bei der "Wicked"-Premiere in Los Angeles

©REUTERS/Mario Anzuoni

Diese Symbolik passt einerseits zur Geschichte von Elphaba, die vielleicht zu Unrecht als böse Hexe des Westens gilt. Andererseits ist Grün auch in unserer Zeit von Bedeutung: "Gerade jetzt, nach der Pandemie, brauchen wir die Energie und Kraft dieser Farbe", meint Kristina Radon.

Gelb hingegen steht für die Lebensfreude – eine fast schon sarkastische Wahl für "Substanz", einen Film über eine Schauspielerin in ihren Fünfzigern, die bereit ist, jede Nebenwirkung in Kauf zu nehmen, um ihre Jugend zurückzugewinnen. 

Doch angesichts der düsteren Lebensrealitäten vieler Menschen, wie etwa der andauernden Teuerung, könnte ein wenig Lebensfreude genau das sein, was wir brauchen.

Der Fahrplan für die Oscars 2025

Aufgrund der verheerenden Brände in Los Angeles wurde die Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen am Montag ein zweites Mal verschoben

Ursprünglich hätten sie am Freitag, den 17. Jänner, verkündet werden sollen. Zunächst wurde die Bekanntgabe um zwei Tage auf den 19. Jänner verschoben. Nun sollen sie am Freitag, dem 23. Jänner, stattfinden. 

Am Termin für die Oscar-Nacht selbst wird vorerst weiter festgehalten. Sie soll wie geplant am 2. März stattfinden. 

Doch der Oscar-Lunch, der für den 10. Februar vorgesehen war und zu dem stets alle Nominierten geladen werden, wurde abgesagt

Tomatenrot – eine der leuchtenden Farben, die in Almodóvars "Das Zimmer von nebenan" so prominent in Szene gesetzt werden – wirkt belebend

"Rot kann stimmungshebend sein, erotisch, aber auch aggressiv wirken", sagt die Stilberaterin. Sie erinnert sich an eine eigene Erfahrung: "Wir haben uns für Farbstudien in einfärbig gestaltete Räume gesetzt. Im roten Raum wurde es schnell warm. Ich habe gespürt, wie sich mein Puls intensiviert. Manche Studienteilnehmer haben sogar angefangen, zu streiten."

So bringt man Farbe in den Kleiderschrank

Nach den Jahren einfarbiger Perfektion, geprägt durch die beige Ästhetik vieler Instagram-Accounts, sehnen sich viele Menschen nach kräftigen Farben. Doch wie integriert man diese stilvoll in den Alltag? 

"An sich ergänzen sich Komplementärfarben immer gut", sagt Kristina Radon. "Oft heißt es, man soll sich auf die zwei Farben beschränken, aber ich finde, es dürfen auch drei oder vier sein – solange sie harmonisieren." 

Farbberaterin Kristina Radon: "Mit Farbe zieht man Blicke auf sich"

©Kristina Radon

Aufmerksamkeit ist garantiert - aber ist sie auch erwünscht? 

Dennoch gibt sie zu bedenken: "Mit Farbe zieht man Blicke auf sich. Das muss man sich trauen und auch aushalten können." Für den vorsichtigen Einstieg empfiehlt sie eine Basisfarbe, mit einer Trendfarbe zu kombinieren. "Schon ein bunter Gürtel, Schal oder ein buntes Tuch kann ein monochromes Outfit aufwerten."

Smaragdgrün, Tomatenrot und Goldgelb am Laufsteg

Mit ihrer Farbenfreude liegen die Oscar-Favoriten jedenfalls modisch genau im Trend. Matthieu Blazy entdeckte in seiner Frühling/Sommer 2025-Kollektion für Bottega Veneta (vor seinem Wechsel zu Chanel), das Spektrum von Tomatenrot

Rot bei Bottega Veneta

©APA/AFP/GABRIEL BOUYS

Und auch bei Ferrragamo, Rick Owens oder Burberry wurde der Farbton aufgegriffen. 

2025 wird gold(ig)

Gelb wird uns 2025 ebenfalls begegnen – vor allem in einem satteren, dunklen Ton, der an 24 Karat Gold erinnert, wie in den Entwürfen von Saint Laurent oder Gabriela Hearst.

Bottega Veneta

©APA/AFP/GABRIEL BOUYS

Die prägnanteste Farbe der Saison bleibt aber wohl Grün. Schauspielerin Emma Corrin zeigte bereits bei der Berliner "Nosferatu"-Premiere im Dezember eine der ersten Frühling/Sommer-Kollektionen: eine transparente Kombination aus Mesh und Spitze in Grasgrün, die aus den umliegenden Anzügen hervorstach. 

Auch bei Gucci und Dries von Noten fanden sich in den Modeschauen für die kommende Saison Modelle in Chartreuse, zitronigem Gelbgrün. Und für Victoria Beckham lief Gigi Hadid in fließender Robe in Smaragdgrün über den Laufsteg. 

Aber dann kommt dieses Jahr - konkret im November - noch einmal ein grüne Farbexplosion in die Kinos: der zweite und finale Teil des Musicals "Wicked".

Anna-Maria Bauer

Über Anna-Maria Bauer

Wienerin und Weltenbummlerin. Leseratte und leidenschaftliche Kinogeherin. Nach Zwischenstopps in London und als Lehrerin in der Wien-Chronik angekommen. Interessiert an Menschen, die bewegen, begeistern oder entsetzen; an ungewöhnlichen Ideen und interessanten Unmöglichkeiten. "Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit." Egon Erwin Kisch: Der rasende Reporter.

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