Ole Lynggaard: Das Schmucklabel, dem die Königshäuser vertrauen

Seit 60 Jahren produziert eine dänische Familie ihren Schmuck unter eigenem Dach.

Charlotte Lynggaard nach ihrem liebsten Schmuckstück zu fragen, ist, als ob eine Mutter zwischen ihren Kindern wählen müsste: quasi unmöglich. „Es ist wohl die Tiara“, sagt die Schmuckdesignerin nach kurzem Zögern.

Diese wird die meiste Zeit über in einem Safe im Firmenhauptsitz rund eine halbe Stunde außerhalb von Kopenhagen aufbewahrt. Vom beschaulichen Vorort Hellerup aus führt die 56-Jährige gemeinsam mit ihrem Bruder Søren das Schmucklabel Ole Lynggaard – benannt nach dem Vater, der es vor exakt 60 Jahren gründete.

Was im Jahr 1963 als Einzelunternehmen begann, ist heute mit 160 Mitarbeitern eine globale Marke. Mit Seltenheitswert: Im Atelier arbeiten 45 Goldschmiede und -schmiedinnen an den Stücken, die Charlotte designt. Damit ist Ole Lynggaard das größte Schmuckatelier Nordeuropas.

Royale Kundschaft

Besagte „Midnight Tiara“ ist eine der außergewöhnlichsten Kreationen, die hier hinter unscheinbaren Fassaden angefertigt werden. Der Kopfschmuck wurde in 400 Arbeitsstunden aus Gold, das zu Blättern geschmiedet wurde, sowie Mondsteinen und Diamanten gefertigt. Und darf nur von einer Person getragen werden: der dänischen Kronprinzessin Mary. „Sie leiht die Tiara für besondere Anlässe manchmal aus“, erklärt Charlotte. Das Unternehmen ist offizieller Hoflieferant, auch Königin Máxima der Niederlande kauft regelmäßig ein. „Wenn Museen die Tiara für Ausstellungen leihen wollen, bin ich immer besorgt, dass sie verloren geht.“

©ROYAL PRESS EUROPE / Action Press / picturedesk.com

Dass die Tiara der Chefdesignerin besonders am Herzen liegt, zeigt sich beim Blick auf die Arbeitsplätze des Goldschmiede-Teams. Für die Kollektion werden hier Ringe und Broschen  inspiriert vom Blätter-Ornament der Tiara angefertigt. Edelsteine, wie Rutilquarze oder Türkise, faszinieren die 56-Jährige besonders – sie bilden die Basis für zahlreiche farbenfrohe Designs.

Die Goldschmiede erwecken ihre Skizzen zum Leben: Einige sind seit über 25 Jahren bei der Familie Lynggaard angestellt, der dienstälteste hat Charlotte die Goldschmiedekunst einst beigebracht.

©Ole Lynggaard

Alle vor Ort

Den Luxus, die Fertigung der Schmuckstücke nur wenige Meter vom eigenen Schreibtisch überprüfen zu können, lassen sich Charlotte und ihr Bruder Søren einiges kosten. „Jeder neue Produktmanager, den wir einstellen, fragt zuallererst, warum wir die Produktion nicht ins günstigere Ausland auslagern“, sagt der 54-jährige Geschäftsführer. „Alle unter einem Dach zu haben, ist so wichtig. Selbst jene aus der Finanzabteilung sollen die Möglichkeit haben, in der Werkstatt vorbeizuschauen. Charlotte und ich sind im Atelier aufgewachsen – wir lieben den Entstehungsprozess.“

©Ole Lynggaard

Um das Familienbusiness auch als solches weiterführen zu können, schlug das Geschwisterpaar vor einigen Jahren ein äußerst lukratives Angebot aus. „Bernard Arnault (Anm. Chef des Luxuskonzerns LVMH) rief aus Paris an. Normalerweise schlagen wir sämtliche Angebote von Investoren sofort aus – aber dieses Treffen konnten wir unmöglich absagen“, gibt Søren lachend zu. Zwei Jahre wurde der teilweise Verkauf der Firma vorbereitet, bis eine Klausel im Vertrag zur Absage seitens der Lynggaards führte. „Es geht schließlich um die Familie, um unser Leben. Als Firma schnell zu wachsen, ist nicht unsere Priorität“, sagt Charlotte.

Nachwuchs

Bald stehen große Neuigkeiten anderer Art an. Charlottes 26-jährige Tochter Sofia wird ihre erste eigene Kollektion für Ole Lynggaard vorstellen: „Sie ist eine unfassbar gute Zeichnerin, meinem Vater sehr ähnlich. Die Ideen sprudeln nur so aus ihr heraus“, sagt die Mutter. Der Name der ersten Kollektion aus der Feder der dritten Generation hätte kaum besser gewählt sein können: Young Fish.

Maria Zelenko

Über Maria Zelenko

Seit 2015 beim KURIER. Schreibt seit über einem Jahrzehnt über alles, was die Mode- und Kosmetikwelt bewegt.

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