Lederjacke in freier Wildbahn: Rebellion am Catwalk
Modedesigner holen die Jacke zurück auf den Laufsteg und interpretieren die Geschichte von Fahrtwind und Freiheit neu.
Eine für die Ewigkeit! Auch Kate Moss und Rihanna wussten um ihre Ausstrahlung und traten mit ihr auf – meist mit nackter Haut darunter. Brad Pitt oder Bradley Cooper schwangen sich mit einer auf ihre Motorräder. Schwarze Motorradjacken in bockigem Leder, mit silbernen Zippverschlüssen hatten von Beginn an einen etwas anrüchig-heldenhaften Kultcharakter. Stars ziehen sich das Stück bis heute gerne über. Jetzt ist der Look salonfähig geworden.
Der coole Klassiker, der die vergangenen Saisonen eher vergessen im Kasten hing, hat einen bunteren, auffälligeren und luxuriös interpretierten Auftritt bei sämtlichen Fashionlabels. Von der Haute Couture, etwa bei Yves Saint Laurent oder Louis Vuitton, bis zur Ready-to-wear von Philipp Plein oder Gucci. Die Designer wollen so den Spirit aus der Zeit der ersten Motorradjacke neu aufleben lassen, als es um puren Motorsport, Pioniergeist und Freiheit ging. Denn damit fing der Kult an.
Vom Sport zum Punk
Lange bevor die Jacke zum modischen Kultstück und Synonym für Punk und Rebellion wurde, machten 1913 Irving Schotts Lederjacken und -mäntel ihre Anfänge bei der Motorsport-Bekleidung. Er gab ihnen den klingenden Namen „Perfecto“, wie auch sein liebstes Zigarrenformat heißt. Für die damals offenen Ford-T-Modelle brauchte man robusten Regenschutz. In den späten 1920er-Jahren wurden die Jacken erstmals mit dem berühmten Zippverschluss versehen und Schott produzierte Motorradjacken für die ersten Harley Davidsons, die damals gebaut wurden. Die Harley-Davidson-Gangs von New York verliehen den damals noch sehr bockigen Windbreakern ihr cooles Image: das Gefühl von Geschwindigkeit auf dem Motorrad, Aufregung, Gefahr, Abenteuer – Fahrtwind inbegriffen.
Seit damals erlebt dieser Fahrtwind nur kleine Flauten, denn der coole Klassiker tauchte in der Mode- und Filmwelt immer wieder auf und festigte so seinen Kultcharakter. Liebhaber von Vintage-Filmen erinnern sich an Filmklassiker, in denen eine schwarze Bikerjacke einen wichtigen Part einnahm. Etwa als Regisseur László Benedek Marlon Brando mit einer Motorradjacke und einer Harley Davidson als Capo des „Black Rebel Motorcycle Club“ unsterblich machte. Anfang der 1960er-Jahre stand zwar eher Love & Peace auf dem Programm, aber schon 1967 erinnerten Peter Fonda, Dennis Hopper und Jack Nicholson sowie die Band „Steppenwolf“ in dem Film „Easy Rider“ an ein neues Lebensgefühl auf dem Motorrad – selbstverständlich in Bikerjacken.
Das Kleidungsstück wurde in den 1970er-Jahren zum Kultobjekt und zeigte kombiniert mit Nieten, zerrissenen Jeans und schrägen Frisuren seine neue Kraft: die der Nonkonformität. 1978 gab John Travolta dem guten Stück in dem Film „Grease“ noch eine Bedeutung hinzu: Spaß an Leben und Liebe. Und 1987 verlieh ihm Madonna noch einen Nimbus, nämlich Gleichberechtigung, als sie bei ihrer Musikproduktion „Who's That Girl?' in schwarzer Lederjacke auftrat und damit die Macht der männlichen Konnotation als Erste durchbrach.
Ab den 1990er-Jahren wurden Bikerjackets salonfähig, man denke nur an Karl Lagerfeld, der die Motorradjacke bei Chanel erstmals zum Luxuskleidungsstück erklärte. Heute passen die Teile zu jedem Outfit, sind nach wie vor ein Statement, denn sämtliche Designer frischten den alten Fahrtwind modisch auf. Der nahm bei Sport-Modellen Anlauf, wie bei Louis Vuitton und Balenciaga, trägt Tradition etwa bei Gucci und Philipp Plein mit und bläst in Richtung Zukunft mit Mut zu Individualität, bei YSL und Chloe.
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