Warum lange Handschuhe wieder im Trend sind
Fast vergessen, schlummerten sie jahrelang in Omas Kleiderkiste. Jetzt haben sämtliche Modedesigner den Charme langer Handschuhe wiederentdeckt.
Sie sind wieder da, die Accessoires aus einer Zeit, als der Handkuss zum täglichen Ritual gehörte und sie auch bei Zeremonien an europäischen Höfen eine zentrale Rolle spielten. Handschuhe waren das vornehme Accessoire der wohlhabenden Gesellschaft, beliebt bei Männern wie Frauen und kamen auch in der Medizin des 20. Jahrhunderts beim Schutz vor Krankheiten zum Einsatz.
Seit ihrer Erfindung, man vermutet, dass bereits die Eiszeit-Menschen ihre Hände in Felle wickelten, schützen sie gegen Kälte und dienen als Teil der Arbeitsbekleidung. Zudem gelten sie heute als modisches Statement.
Um manche der kostbar gefertigten Handschuhe, die etwa auf Gemälden von Tizian aus dem 16. Jahrhundert an den Händen königlicher Porträts zu sehen sind, ranken sich sogar mörderische Legenden. So soll die französische Königin Caterina de’ Medici ihre Widersacherin, Königin Johanna III., mit parfümierten Handschuhen vergiftet haben. Denn früher wurden Lederhandschuhe noch mit Tierexkrementen gegerbt. Deshalb befüllte man sie mit duftenden Kräutern und Parfums, um den Geruch zu überdecken. Dieser "Handschuh-Mord" soll wiederum Alexandre Dumas zu seiner Erzählung "Die Königin Margot" inspiriert haben.
Waren es bei den kostbar bestickten Handschuhen auf den europäischen Höfen die Farben Rot, Weiß und Gold, die Macht und Status symbolisierten, bekamen die Handschuhe im 20. Jahrhundert mit der Farbe Schwarz eine Bedeutung hinzu: die der Verführung. So trug Audrey Hepburn zu einem ärmellosen langen schwarzen Givenchy-Etuikleid eine Perlenkette und lange schwarze Stoffhandschuhe – ein unvergesslicher Modemoment im Film "Frühstück bei Tiffany".
Und Marlene Dietrich behielt schon in den 1930er-Jahren ihre schwarzen Handschuhe beim Anzünden ihrer Zigaretten an, die sie zu ihrem ikonischen Smoking trug und stylte gerne helle lange Handschuhe zu schwarzen Wintermänteln. Den geheimnisvollen Nimbus schwarzer Handschuhe haben auch Regisseure von Dario Argento bis Alfred Hitchcock effektvoll in ihren Thrillern aufgegriffen. Umso schöner, dass Modedesigner den Glamour und die Geheimnisse, die die langen Accessoires verkörpern, jetzt zurückholen.
So stylt man die Handschuhe
Zum Glück kommen heute zwar auch nachhaltige, aber geruchlose Konservierungsverfahren zum Einsatz. Warum gerade lange Handschuhe wieder im Trend sind?
Nicht zuletzt deshalb, weil in vielen Winterkollektionen heuer ärmellose oder Halbarm-Kleider und Pullis zu finden sind. (auf dem Foto ganz oben: Farbakzente zum Halbarmpulli von Blumarine FW 24). Auch nackte Haut und Transparenz zu zeigen, ist weiterhin in Mode.
Daher erfüllen die Trendteile im Winter gleich beides: sie wärmen und sind als modische Eyecatcher gedacht, die jedem Stil eine individuelle Note verleihen können. Dazu haben Modedesigner zwischen Paris und Mailand tief in die Kostümkisten gegriffen und vergangene Styles neu interpretiert. Klobige Bauarbeiterhandschuhe wurden zu schicken, dick wattierten Lederhandschuhen, die weit über den Ellbogen hinaufgezogen werden können. Vorausgesetzt man schoppt den Mantel- oder Kostümärmel hoch, wie es Miu Miu vorschlägt.
Feine Lederhandschuhe, die fast bis zur Achsel reichen gibt es bei Blumarine oder Tod’s. Sie sehen zu Halbarm-Pullis oder ärmellosen Abendkleidern gut aus, setzen Farbakzente und sind praktisch. Denn der Mantel wird einfach darüber gezogen. Ein Thema aus den 1960er-Jahren zeigte wiederum Ermanno Scervino auf dem Catwalk. Er holte die feinen transparenten Chiffonhandschuhe aus den Sixties zurück und verlängerte sie bis zum Oberarm. So bekommt auch der Transparenztrend eine neue Note.
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