Fest der Weiblichkeit: Das modische Spiel mit Hyperfeminität

Mehr Taille, mehr Spitze, mehr von allem, was für das Weibliche steht: So ist die Frühling/Sommer-Mode 2025. Klischee oder Statement?

Da geht noch was: „Hyperfeminität“ heißt einer der aktuellen Modetrends, nicht nur im Frühjahr und Sommer, sondern auch in der Herbst-Winter-Saison 2025. Insofern spannend, als im Gegenzug männlich inspirierter Power-Look angesagt ist, mit stark betonten Schultern und Krawatten, wie etwa bei Saint Laurent. Was mehr denn je zeigt: Getragen wird, was Spaß macht, und die eigene Persönlichkeit unterstreicht – abseits irgendwelcher Normen und gesellschaftlichen Vorschriften. Motto: „Ich entscheide, wie feminin ich sein will – oder eben nicht.“

Chloé: Das Spiel mit Gegensätzen

©APA/AFP/BERTRAND GUAY

Minimalismus ist jedenfalls passé, stattdessen dominieren weibliche Raffinesse, Grazie und Opulenz in fast schon überzeichneter Form. Sanduhr-Silhouetten, Pastelltöne, voluminöse Tüllelemente, enganliegende Bleistiftröcke oder zarte Kleider aus duftig-floralen Stoffen wie Spitze oder Chiffon, mit Schleifen und verspielten Mustern. Ein bisschen prätentiös, ganz schön viel Romantik. Dazu: kleine Handtaschen, spitze Schuhe. 

Simone Rocha

©REUTERS/Hollie Adams

Und, voilà: Die Taille ist wieder da - betont, zum Beispiel, durch das „Peplum“, auch: „Schößchen“. Ein Muss ist sie allerdings nicht, viele Designer zeichnen gleichzeitig eine Weiblichkeit, die nicht einengt. Wie etwa bei Chloé, als Marke, die auf einen weichen boho-romantischen Stil setzt mit locker-femininen Silhouetten, nicht einschnürend, natürlich, fließend und frei.  In den sozialen Medien läuft der Trend unter Hashtags wie #coquette, #hyperfeminine oder #softgirl.

Chanel

©REUTERS/Gonzalo Fuentes

Ein Rückfall in alte Rollenbilder, Geschlechterklischees und weitere ähnliche Schubladen, um womöglich den „Male Gaze“ zu bedienen, den männlichen Blick? Die Frage scheint naheliegend, aber: nein. Denn hinter der Übertreibung des Weiblichen steckt viel mehr als nur ein oberflächlicher Trend, wie Modeexperten betonen: Sie verstehen Hyperfeminität als kulturelles Phänomen, das aktuelle, gesellschaftliche Fragen berührt und am Ende Souveränität meint. Auch im Sinne eines vorherrschenden Zeitgeistes, wie schon Coco Chanel betonte: "Mode ist nichts, was nur in der Kleidung existiert. Mode ist in der Luft, auf der Straße. Mode hat etwas mit Ideen zu tun, mit der Art wie wir leben, mit dem, was passiert." Und so wird mit der Vorstellung, eine Frau müsse auf ihre Schönheit oder Weiblichkeit reduziert werden, entschlossener denn je aufgeräumt. 

Chloé

©APA/AFP/BERTRAND GUAY

Wie gesagt: Eine Frau darf weiblich sein (oder auch nicht) – weil sie es kann und will.  Ein Ausdruck der Selbstermächtigung und Stärke, abseits jeglicher Stereotypien und auch durchaus im Kontrast zu anderen (männlich betonten) Looks. Und vor allem abseits damit verknüpfter Vorstelllungen und Erwartungen. Eine Form des „Empowerments“ also: Die Kraft des Weiblichen als Mittel, um sich ganz bewusst mit der eigenen Identität zu verbinden. Nicht zu vergleichen mit jener Zeit, als Frauen ultrafeminine Mode und rote Lippen trugen, um ihre Rolle als adrette Hausfrau und Schmuckstück an der Seite des Familienoberhaupts zu bedienen. 

Carolina Herrera

©APA/AFP/KENA BETANCUR

Carolina Herrera

©APA/AFP/KENA BETANCUR

Heute versteht sich feminine Mode in ihrer Überhöhung vielmehr als Angebot unter vielen Möglichkeiten. Als Vorläufer dieser Ästhetik gilt etwa der durch den Erfolg der Barbie-Verfilmung im Jahr 2023 ausgelöste Trend „Barbiecore“, der bewusst mit den Rosarot-Klischees weiblicher Selbstdarstellung spielte. 

Dass so manches hyperweibliches Stilelement auf Vergangenes zurückgreift – siehe: Babydoll-artige Kleider – kann aber auch als Sehnsucht und Flucht verstanden werden. Nach einer einfacheren Welt, in ein "Früher", das weniger komplex und kompliziert scheint wie das Heute. Ein Hauch von Eskapismus also, in eine glanzvolle und verspielte Welt. Oder einer Inszenierung davon. 

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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