Hype um gebrauchte Luxusuhren: Welche Modelle im Wert steigen werden
Uhren aus zweiter Hand werden immer populärer. Worauf beim Kauf geachtet werden sollte und welche Modelle sich als Investition eignen.
Nach zweistelligen Umsatzeinbußen während der Pandemie reibt man sich in der Uhrenbranche bereits wieder die Hände. Laut einer neuen Studie des Branchenportals Business of Fashion und der Beratungsfirma McKinsey wird die Uhrenindustrie bis zum Jahr 2025 ein 25- bis 30-prozentiges Wachstum erleben. Ein Segment dürfte sich als besonders profitabel erweisen: Der Markt für Gebrauchtuhren wächst derzeit so schnell, dass dieser in rund drei Jahren bereits Umsätze von bis zu 32 Milliarden US-Dollar jährlich erwirtschaften wird – was mehr als der Hälfte des Marktes für neue Uhren entspricht.
Den Grund für die verstärkte Nachfrage nach gebrauchten Zeitmessern sieht Philipp Man, Geschäftsführer und Co-Gründer der Uhrenplattform Chronext, zum einen in Lieferschwierigkeiten: „Durch die aufgrund der Pandemie weiter wachsende Knappheit im stationären Handel ist dieses Segment zuletzt ein noch größeres Thema geworden.“
Weitere Beweggründe seien attraktive Preise. „Und dann kommt natürlich jene Kundschaft hinzu, die auf der Suche nach Modellen ist, die sehr schwer zu kriegen sind. Entweder, weil sie in limitierter Stückzahl oder gar nicht mehr produziert werden.“ Es sei längst nicht mehr Priorität nur Neues für das Handgelenk zu erwerben.
Neue Kundschaft
Nicht nur bei der Kundschaft findet ein Umdenken statt. Die Uhrenmarken selbst haben lange mit dem Secondhand-Markt gefremdelt. Ebenso viele Juweliere, die sich ihr eigenes Geschäft mit Neuware nicht verderben wollten. „Der Trend ist da, ob die Firmen das wollen oder nicht“, sagt Julien Rossier, Geschäftsführer bei Bucherer Wien. Deshalb ist der Traditionsjuwelier hierzulande nun auch in den Verkauf von Uhren aus Vorbesitz eingestiegen. Seit vergangenem November werden in der Filiale in der Wiener Kärntnerstraße neben Neuware auch sogenannte Certified Pre-Owned Watches angeboten.
„Das ist für uns ein spannender neuer Bereich, da die Kundschaft so unterschiedlich ist“, verrät Rossier. „Viele Jüngere kommen jetzt zu uns. Sobald wir eine seltene Uhr reinbekommen, zieht das natürlich auch eine bestimmte Klientel an.“
Das Thema Investment sei laut dem gebürtigen Schweizer sehr präsent. „Es geht den Menschen jedoch weniger um den Gewinn bei Weiterverkauf, sondern mehr um das Halten des Werts.“
Clever investieren
Macht der Kauf einer Gebrauchtuhr als Anlage überhaupt Sinn? Für Philipp Man, der mit Chronext sowohl Neu- als auch Gebrauchtuhren anbietet, lautet die Antwort Ja. „Ich würde immer eher zu zertifizierten Gebrauchtuhren tendieren, da der normale Wertverfall der Neuware hier schon stattgefunden hat.“
Dennoch rät der Experte dazu, sich die Preisentwicklungen der vergangenen Jahre bei den verschiedenen Modellen genau anzusehen. Ähnlich die Meinung von Julien Rossier: „Am Ende des Tages weiß niemand, wie sich der Wert eines Modells wirklich entwickeln wird. Bei bestimmten Uhren hat man jedoch oft das Glück, dass es sogar eine Wertsteigerung gibt.“
Vor allem zwei Marken stechen diesbezüglich derzeit heraus. „Die stärkste Entwicklung gab es zuletzt bei der Nautilus 5711 mit grünem Ziffernblatt von Patek Philippe“, weiß Philipp Man. „Der Listenpreis liegt bei 30.100 Euro, der Marktwert beläuft sich jedoch auf ca. 350.000 Euro.“ Steht der Investitionsgedanke im Vordergrund, sei auch die Marke Audemars Piguet eine gute Wahl: „Die Royal Oak Double Balance Wheel hat mittlerweile einen Marktwert von 150.000 Euro. Mich würde nicht wundern, wenn sie im kommenden Jahr auf 300.000 Euro ansteigt.“
Davon, eine Uhr nur zu erstehen, um sie im Safe liegen zu lassen, halten beide Experten jedoch nichts. „Der Kauf eines Zeitmessers hat immer auch etwas mit Emotionen zu tun“, sagt Julien Rossier. „Man kauft ihn normalerweise zu einem speziellen Anlass. Und sollte ihn deshalb tragen und genießen. Mit ein bisschen Glück steigert sich der Wert ganz nebenbei.“
Tipps: Kauf von Secondhand-Uhren
Wer als Laie im Internet nach Tipps für den Kauf von gebrauchten Uhren sucht, findet Ratschläge wie: Auf ein gewisses Gewicht achten. Oder nur mit Papieren kaufen. Diese sind laut dem Wiener Juwelier Michael Kruzik allerdings nutzlos. „Wo ist der Gewichtsvergleich? Und selbst wenn man das Gewicht wüsste, werden bei vielen gefälschten Uhren Gewichte in den Boden hineingeklebt“, sagt der Experte. „Zertifikate helfen einem Laien auch nichts. In 80 Prozent der Fälle werden diese auch mitgefälscht.“
Von Käufen am Flohmarkt oder bei nicht spezialisierten Händlern rät Kruzik deshalb ab. „Alles, was aus zweiter Hand kommt, sollte meiner Meinung nach über den Fachhandel laufen.“
Ebenso wie bei Kruzik wird auch bei Bucherer sowie Chronext jede Uhr vor dem Ankauf von Uhrmachern unter die Lupe genommen. Auch die Papiere werden kontrolliert und Referenznummern in Datenbanken eingegeben, um Diebstahl auszuschließen.
Sucht man eine echte und gute Vintage-Uhr am Flohmarkt somit vergeblich? „Natürlich gibt es Glücksgriffe“, weiß Kruzik. „Die sind aber so wahrscheinlich wie ein Lotto-Sechser.“
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