Klobig, kantig, kultig: Die Fischer-Sandalen sind der It-Schuh des Sommers

Wie die breit-geriemten Sandalen, die einst Fischer und Matrosen trugen, in die Schuhschränke der Stars schafften. Und was das mit zwei einstigen Kinderstars zu tun hat.

Gib einem Mädchen die richtigen Schuhe, so soll es Marilyn Monroe gesagt haben, und sie kann die Welt erobern. Doch an den Schuh, der derzeit die Herzen der Fashionistas erobert, hat Monroe dabei wohl nicht gedacht. 

Katie Holmes wurde unlängst in ihnen in New York gesichtet. Taylor Swift und Hailey Bieber haben sie bereits vergangenen Sommer ausgeführt. Hillary Duff entschied sich in Los Angeles für ein cremefarbenes Modell. Und Alexa Chung wählte ein schwarzes Paar für ihren letzten Besuch in Wimbledon.

Die Rede ist von den sogenannten Fischer-Sandalen, den fisherman sandals. Ein robuster Schuh aus Leder mit breiten Riemen, geschlossener Zehenpartie, dicker Sohle und einer Schnalle am Knöchel. Den manche Modejournalistinnen auch so beschreiben: hässlich. 

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Aus komisch wird cool

"Von Zeit zu Zeit", schreibt Lifestyle-Journalistin Alice Howarth in Harpers Bazaar, "dringt ein 'komisch' aussehendes Design in Modekreise ein und wird sofort als cool eingestuft."

Das Paradebeispiel dazu: Birkenstock. Ein Schuh, der in den 1980ern von Eltern als bequemer Schlapfen ausgeführt wurde, in den die damaligen Teenager aber nicht einmal für Geld hineingeschlüpft wären, ist auf einmal in jeder größeren Einkaufsstraße zu finden. 

Birkenstock-Geschäft

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Dabei war es den Gründern gar nicht ums Aussehen gegangen. Carl Birkenstock hatte 1945 in Bonn händisch einen fußgesunden Schuh gefertigt; sein Sohn Karl erfand daraufhin eine standardisierte Einlage – und konnte damit gesunde Schuhe in der Masse produzieren.

Vom Fischen zur Fashion

Diesen Sommer bekommen die deutschen Sandalen Konkurrenz von einem Modell, bei dessen Erfindung der modische Aspekt ebenso wenig im Vordergrund stand. Die Fischer-Sandale wurde bereits im römischen Reich von  - wie der Name andeutet - Fischern und Matrosen getragen, die für ihre Arbeit robustes und schützendes Schuhwerk benötigten. Die Sandale aus strapazierfähigem Material bot ausreichend Schutz vor den Elementen, während die offenen Seiten in warmen Klimazonen für Atmungsaktivität sorgten.

Doch ganz zufällig ist der aktuelle Aufstieg dieser Sandalen in den Fashion-Olymp nicht. Denn es haben sich gleich mehrere Luxusmarken der Neuinterpretation angenommen.

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Bereits in den 1970ern erlebten die Fischer Sandalen unter Prada ihren ersten Hype. Sie waren aus gebürstetem Leder und im typischen Strandstil der 50er Jahre. Der klobige Eindruck erhielt durch die elegante Sohle, das feine Leder und das berühmte dreieckige Prada-Logo auf der Vorderseite Raffinesse. 

Als leichter Schuh, der mehr Schutz bietet als der legere Flip-Flop, dennoch luftig ist, ist er einerseits praktikabel, argumentieren Fans. Gleichzeitig kann man mit ihm weiche, filigrane Outfits kontrastieren, Stile brechen, Blicke auf sich ziehen. 

Das Comeback der Kinderstars

Nun sind diese Schuhe – wie so viele Trends der 1980er –  zurück. Diesmal liegt der Aufstieg an einer Luxusmarke, die in vielen Belangen ganz untypisch ist. Im Jahr 2006, als bunte Crop Tops, übergroße Sonnenbrillen und verzierte Jeans gefeiert wurden, erschien in New York ein Modelabel, das aus sieben Teilen bestand.

Mary-Kate und Ashley Olsen

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Die früheren Kinderstars Mary-Kate und Ashley Olsen wollten mit The Row unaufgeregte, minimalistische, aber qualitativ einzigartige Kleidungsstücke auf den Markt bringen. "Wir hatten damals das Gefühl, dass es keine andere Marke gab, die sich auf das Herzstück einer tragbaren Garderobe im Luxussegment konzentrierte", sagten sie in einem Interview. 

Das bekannteste Stück aus ihrem ersten Sortiment: das – wie sie es nannten – "perfekte weiße T-Shirt". Zu haben um 300 Euro.

So teuer wie eine Monatsmiete

Die Neuinterpretation der fisherman sandals brachten sie 2019 auf den Markt. Typisch solide, mit - im Unterschied zum Prada-Modell - gerader Sohle; erhältlich in schwarz und elfenbeinfarben. Doch sie richtig in den Fokus rückte die Marke selbst und damit der Schuh in den jüngsten Jahren. 2023 wurde 185 Mal so oft nach "The Row" gegoogelt wie im Jahr zuvor.

So begehrt sind ihre Fischer-Sandalen nun, dass sie aktuell ausverkauft sind. Sie würden einen aber ohnehin vor die Wahl stellen, ob man neue Schuhe oder lieber die Monatsmiete bezahlen möchte. Das Paar kommt auf 1.240 Euro. 

Dagegen wirkt der Klassiker von Prada um 690 Euro wie ein Schnäppchen. Dazu gibt es den Schuh von diversen Anbieten um einiges günstiger. Deichmann oder Asos führen Modelle um rund 30 Euro.

Bei dem derzeitigen Hype wäre Marilyn Monroe aber vielleicht doch zu einem Paar verleitet gewesen. 

Anna-Maria Bauer

Über Anna-Maria Bauer

Wienerin und Weltenbummlerin. Leseratte und leidenschaftliche Kinogeherin. Nach Zwischenstopps in London und als Lehrerin in der Wien-Chronik angekommen. Interessiert an Menschen, die bewegen, begeistern oder entsetzen; an ungewöhnlichen Ideen und interessanten Unmöglichkeiten. "Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit." Egon Erwin Kisch: Der rasende Reporter.

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