Fashion Week Mailand: Eine Mode-Party in der Vergangenheit

Mailand feiert sich wieder als Fashion-Hotspot, in dem Kim Kardashian das Zepter übernimmt und Anna Wintour das Weite sucht. Wir sind auf Trendschau gegangen und zeigen, wie viel Nostalgie in der modischen Zukunft steckt.

In der italienischen Modehauptstadt ist wieder alles beim Alten – und das in vielfacher Hinsicht. Nach Komplettausfällen und Minimalvarianten der vergangenen Jahre hat die Modewoche in Mailand diese Saison ordentlich Rabatz gemacht. Mit fulminanten Shows und riesigem Budget gieren Luxuslabels um globale Aufmerksamkeit. Das brachte die Stadt mitunter an ihre Grenzen, wenn rund um Locations von Armani oder Gucci der Verkehr ganz zum Erliegen kam.

Vor dem Eingang von Prada schob sich die größte Menschentraube zusammen. Junge Schaulustige waren gekommen, um einen Blick auf ihre Idole zu erhaschen. Chriselle Lim, Emili Sindlev oder Xenia Adonts: Die Stargäste in der ersten Reihe sind beinahe alle Instagram-Influencer oder Tiktok-Stars.

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Während die für ältere Semester unbekannten Herrschaften noch mit den Prada-Ruderleiberln der aktuellen Saison ausgestattet waren, gab es einen sanften Richtungswechsel am Laufsteg.Das kongeniale Design-Gespann Miuccia Prada und Raf Simons schlägt für das Frühjahr 2023 elegantere Töne als in den letzten Kollektionen an. Blazer mit Schleppe, transparente Kleider und schlichte Schnittführung: Miuccia wollte „keine unnötige Kompliziertheit“, wie sie nach der Schau kundtat, und gab sich mit den filigranen Stücken richtungsweisend.

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Weniger Streetwear als früher gab es auch bei Kultlabel Bottega Veneta zu sehen, das in der zweiten Saison von Matthieu Blazy gelenkt wird. Der einstige Schützling von Raf Simons ließ Kate Moss im Karo-Hemd auf den Catwalk spazieren, dazu gab es kastige Blazer und Federkleider in Grün und Gelb zu Songs wie „Wind of Change“ von den Scorpions aus dem Jahr 1990.

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ITALY-FASHION-BOTTEGA VENETA
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Zurück in die Nullerjahre

Andere Modelabels blieben noch offensichtlicher der Vergangenheit verbunden. Genauer gesagt den Nullerjahren, denen schon seit einigen Saisonen gefrönt wird. So ließ Versace Paris Hilton über den Laufsteg stolzieren – das einstige It-Girl war in einem rosa Pailletten-Minidress mit Wasserfall-Ausschnitt zu sehen – ganz so wie die Hotelerbin schon 2002 ihren 21. Geburtstag zelebrierte.

Donatella Versace hatte für ihre Kollektion wohl eine wilde Partynacht im Kopf – mit hautengen Röcken in Violett, in Schwarz und Negligé-Kleidern. 

Paris Hilton 2002

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Paris Hilton 2022

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Versace

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Design-Talent Glenn Martens, der seit kurzem die Marke Diesel wieder relevanter machen soll, setzt ebenfalls stark auf die 90er- und 00er-Jahre mit Metallic-Looks und Jeansstoffen von Kopf bis Fuß. Mehr als 3.000 Gäste lud man zur Bombast-Show.

Viel kleiner, aber nicht weniger beachtet: Das junge Label Cormio, das Trendsetter wie Chloë Sevigny lieben, präsentierte unter dem Motto „Mutterschaft“ dekonstruierte Girlie-Looks vergangener Dekaden, die zeitgeistiger nicht sein könnten. Die Gäste durften auf Schankbänken Platz nehmen.

Diesel

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Cormio

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Fendi

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Mehr Kim, weniger Anna

Wie es ungleich luxuriöser und mit sehr viel Italien-Klischee geht, zeigte Dolce & Gabbana, die Kim Kardashian zur Muse ihres Sommers 2023 erkoren. Vorab wurden sogar Videos auf Mailänder Hauswänden mit dem Pasta essenden Reality-Superstar projiziert. Kim suchte sich ihre Lieblingsstücke von 1987 bis 2007 aus, die dann von Dolce & Gabbana neu interpretiert wurden.
Dazu gehören Corsagen-T-Shirts mit zerrissenen Jeans, Bustiers, viel Haut, Satin und Spitze.

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Auf die Show verzichtet hat Vogue-Chefin Anna Wintour und sorgte damit für den größten Tratsch in Mailand. Schon in New York herzte sie lieber Sarah Jessica Parker und ignorierte deren Sitznachbarin Kim. Medienprofi Kardashian zeigte nun zumindest ein Kurzvideo, auf dem Wintour vorab die D&G-Entwürfe begutachtet.

Dass die mächtige Moderedakteurin die italienische Fashion Week nur zwei Tage mit ihrer Anwesenheit beehrte, irritierte zusätzlich.

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Neben viel Klatsch wurde in der Modehauptstadt etwas sorgenvoller über Dupe Influencer gesprochen. Auf Social Media häufen sich Accounts, die Produkt-Fälschungen (auf Englisch: Dupes) von Luxushäusern bewerben und ihren jungen Followern erklären, wo sie die neuesten Kreationen der Front-Row-Gäste gut kopiert erstehen können.

Immer öfter werden die Dupes als solche auch bewusst zur Schau gestellt. Fälschungen gelten zusehends als cool, der überzogene Modezirkus wird damit aufs Korn genommen. Ein Phänomen, das der Modeindustrie noch ordentlich zu schaffen machen könnte.

Deutsche Mode 

Statt auf die Berliner Fashion Week zog es Online-Händler About You nach Mailand, wo ein riesiges Modedorf aufgebaut wurde, um die Kollektionen von Leni Klum (mit Mama Heidi), Lena Meyer-Landrut und Guido Maria Kretschmer (mit Michelle Hunziker) zu präsentieren

©Getty Images for ABOUT YOU/Franziska Krug
©Getty Images for ABOUT YOU/Franziska Krug

Die Promis

Reality-Superstar Kim Kardashian weiß, wofür sie „gebucht“ wird: Niemand hat für mehr Aufsehen und Fan-Ansturm gesorgt als die Amerikanerin, die als Kreativ-Direktorin von Dolce & Gabbana im Einsatz war. Die extreme PR-Maßnahme  gefiel nicht allen. Vogue-Chefin Anna Wintour glänzte mit Abwesenheit bei der Präsentation der Kollektion, die schon jetzt als Verkaufshit gilt.

Cool und unprätentiös war dagegen der Auftritt von Kate Moss als First Face von Bottega Veneta im Karo-Hemd. Carla Bruni und Naomi Campbell liefen am Catwalk von  Tod’s  um die Wette und die Partyqueen der Fashion Week war ganz klar Paris Hilton die sich für Versace in rosa Glitzer hüllte.

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Christina Michlits

Über Christina Michlits

Hat Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert. Nach Kennenlernen des Redaktionsalltags bei Profil und IQ Style, ging es unter anderem zu Volume und dem BKF. Seit 2010 bei KURIER für die Ressorts Lebensart und Freizeit tätig. Schwerpunkte: Mode, Design und Lifestyle-Trends.

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