Einmal ist keinmal: Phänomen Partnerlook

Die Beckhams lassen Paar-Outfits neu aufleben. Style-Sünde oder Liebesbeweis? Dahinter stecken Botschaften – und Aussagen über die Beziehung

Ein Beckham kommt selten allein: Mit Inbrunst ertüftelt das Promi-Pärchen seit Jahrzehnten immer neue Partnerlooks – zuletzt etwa bei einer Premiere in London. Es ist nicht das erste Mal, dass beide sich modisch aufeinander abgestimmt zeigen, und nicht immer waren es glanzvolle Auftritte. Was bekamen unsere Augen da nicht alles zu sehen: vom schwarzledernen Biker-Outfit aus dem Windkanal bis zum Zwillingslook in Weiß Marke Bling-Bling. Sein Faible fürs Fashionable krönte das Promi-Pärchen 1999 mit seiner Hochzeit: Zum Tortenanschnitt schritt es im purpurnen Partnerlook – schrill und süß zugleich. 

Nun aber scheint sich das Blatt zu wenden. Der Hype um die Netflix-Doku "Beckham“ lässt die ikonischen Modefaxen des Ex-Fußballstars und des Ex-Spice-Girls neu aufleben, mittlerweile werden sie für ihren modern inszenierten Partnerlook gelobt. Die Beckhams beeindrucken mit farblich und stilistisch ergänzend abgestimmten Outfits, ob in komplimentären Anzügen (er in Schwarz, sie in Weiß) oder in herbstlich inspirierter Mantelharmonie: chic anzusehen und perfektioniertes Couple Dressing.
 

Das "Wir-Gefühl“

Ob die partnerschaftlichen Red-Carpet-Looks auch auf die Alltagsmode übergreifen, bleibt fraglich. Idente Outfits, das gemahnt meist an Pärchen mit zweifelhaftem Hang zur totalen Symbiose. Völlig klein zu kriegen war der Partnerlook dennoch nie.  

Vielleicht liegt es ja an seinem Willen zur Botschaft: Wir gegen die Welt. "Durch den Partnerlook wird das  Wir-Gefühl enorm verstärkt“, erklärt Susanne Hafner die zwischenmenschlichen Zusammenhänge. Dabei gilt dasselbe Prinzip wie bei Fußballteamtrikots oder einheitlicher Arbeitskleidung, so die Psychologin: "Der Look wirkt als Bestätigung nach innen – man beweist sich, dass man eins ist. Aber auch als Abgrenzung nach außen. Indem man anderen anzeigt: Der oder die gehört zu mir.“

David und Victoria Beckham im Leder-Look

©Bandphoto / dpa / picturedesk.com

Machtgefüge bei Paaren 

So ein Partnerlook ist aber nicht nur Symbiose, sondern manchmal auch eine Frage des Machtgefälles. Etwa, wenn einer  sich dem Stil des anderen auffällig mehr angleicht, als umgekehrt. Mit Schaudern erinnere man sich, wie Ben Affleck sich in der ersten Zeit seiner Beziehung mit Jennifer Lopez zu kleiden begann wie ein Rapper aus der Bronx.

Oder an Brad Pitt, der sich von Gwyneth Paltrow bis Angelina Jolie prinzipiell zum Style-Spiegelbild seiner Freundinnen machte. Wenn bloß einer der Partner konstant bestimmt, wie beide sich zu kleiden haben, so Hafner, stehe die Stylingfrage stellvertretend für die Beziehung. Und statt aufeinander zuzugehen, werde Egoismus großgeschrieben.

Ein Ungleichgewicht, wo Balance im Vordergrund stehen sollte. Hinzu kommt: Wer den anderen spiegelt, verzichtet bewusst auf individuellen Ausdruck seiner Persönlichkeit. Und auf den wird in der Modewelt ja bekanntlich großer Wert gelegt. 

Schon früher sorgten die Zwillingsoutfits von David und Victoria Beckham  für Aufsehen

©imago images/Mary Evans/Mary Evans/Imago-Images

Unisex-Mode im Trend

Wird er das?  Einzigartig war gestern. Längst neigen große Teile der Gesellschaft dazu, von einer gewissen Uniformität beseelt zu sein:  vom Hipster bis zum Handelsmann tragen viele dieselben Marken, Sneakers, Kleider. 

Dazu kommt der Vormarsch der Unisex-Mode. Der gern ironisch belächelte Partnerlook ist längst ein breitenwirksames Phänomen. "Wir möchten Individuen bleiben“, so Psychologin Hafner, "aber kleiden uns zwecks Eingliederung in die Gesellschaft annähernd gleich. Wir passen uns an: an unser Alter und unser soziales Umfeld.“

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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