Auf die Plätze: Wie Tennis und Mode seit jeher verbunden sind
Nicht nur sportlich steht Tennis hoch im Kurs. Auf dem Laufsteg interpretieren Luxuslabels Klassiker neu – und zeigen Faltenröcke oder Schweißband.
Elisabeth Kroepfl und Christina Michlits
"Tennis ist ein Sport von Geistesgegenwart, eleganter Bewegung und präzisem Spiel“, erklärte Sir Hardy Amies in seiner Stilbibel, die 1964 erschien. Der Brite galt als Vorbild in Sachen Männermode und wollte ausschließlich weiße Sportkleidung auf dem Tennisplatz sehen.
Nach Strickpullis mit V-Ausschnitt, strahlend weißen Shorts und Faltenröcken hielten aber bald funktionelle – und bunte – Outfits aus Synthetikfasern Einzug in die Tenniswelt. Sportlegende Andre Agassi startete mit grellen Stirnbändern und neonfarbenen Radlerhosen die vielleicht ikonischsten Ausreißer. 1988 erschien er gar in ultrakurzer Jeanshose bei den US Open. Für den Großteil des anwesenden Publikums damals noch ein No-go am elitären Grand-Slam-Turnier.
Danach zeigten Sportlerinnen wie Anna Kournikova, was modetechnisch auf dem grünen Rasen im Trend liegt – und machten das Tenniskleid neuerlich populär. Abseits des Platzes wurde jedoch darauf verzichtet. Bis jetzt. Marken wie Dior und Bottega Veneta haben den klassischen Stil des Schlägerspiels in ihren Frühjahrskollektionen für sich entdeckt.
Sportliche Kollektionen
Auch Trend-Garant Miu Miu stattete seine Models auf der Pariser Modewoche unlängst mit Mini-Faltenröcken, weißen Poloshirts mit Tennisschläger-Logo und Schweißbändern aus. In St. Tropez wurde die neue Freizeitkollektion des Luxuslabels vor einigen Tagen stilecht in einem Tennisclub präsentiert – Modeeinflüsterer wie Chiara Ferragni kamen dort auf den Geschmack des englischen Traditionssports. Selbst an Gucci ging der sportliche Hype nicht vorüber: Ihr Pullover mit rosa Tennis-Stickerei ist längst vergriffen – trotz des Preises von 1.400 Euro.
Die Symbiose aus Sport- und Modewelt hat es also neuerlich auf die Laufstege geschafft. Tradition hat sie aber schon länger. Das zeigte sich bereits im Vorjahr, als die Crème de la Crème der Tennisszene nach Ende der US Open zur Met Gala nach New York geladen wurde. Sowohl die Siegerin Emma Raducanu als auch die viermalige Grand-Slam-Gewinnerin Naomi Osaka und die Williams-Schwestern Serena und Venus waren dem Ruf von Anna Wintour, Chefin der Modezeitschrift Vogue, gefolgt. Wintour selbst ist nicht nur eine enge Freundin von Tennis-Ass Roger Federer, sondern großer Fan des Sports.
Und damit ist die 72-Jährige nicht allein. Wenn es ums Sportliche geht, bleibt Tennis ein klarer Hit unter den Promis. Unter das Wimbledon-Publikum mischten sich kürzlich etwa Schauspieler Tom Cruise oder die Herzogin von Cambridge, die häufig selbst den Schläger in die Hand nehmen soll.
Viele neue Vereine
Dass der Charme der Tenniscourts auch in Österreich mit den Jahren nicht nachgelassen hat, bestätigt Thomas Schweda, Geschäftsführer des Österreichischen Tennisverbands (ÖTV). Vierzig neue Vereine sind hierzulande alleine im Vorjahr dem ÖTV beigetreten, rund 9.500 Spielerinnen und Spieler sind dazugekommen. "Darüber hinaus gibt es aber natürlich auch Leute, die keine Mitgliedschaft haben, aber trotzdem Tennis spielen.“
Die Affinität zieht sich dabei quer durch die Gesellschaftsschichten. "Es ist eine Sportart, die zum Lifestyle für die breite Masse geworden ist.“ Von Jung bis Alt hat viele das Fieber gepackt, wohl nicht zuletzt durch den Erfolg von Dominic Thiem.
Ein Lifestyle, der längst in Kleiderschränke Einzug gehalten hat, wenn man Stilberaterin Kristina Radon Glauben schenkt: "Mode inspiriert sich immer mehr an Kleidungstücken verschiedenster Sportdisziplinen.“ So seien bereits etliche Stil-Klassiker entstanden: darunter das Poloshirt von Lacoste, die weißen Sportschuhe von Adidas oder hohe Tennissocken, die "schon seit einiger Zeit die Waden der Damen und Herren zieren“.
Anfangs genannte Luxuslabels haben diese Klassiker nun zeitgemäß angepasst: In den neuen Kollektionen sitzen die Röcke tiefer und kürzer, auch bei Jacken und T-Shirts wird beim Stoff drastisch gespart. Ob Sir Hardy Amies das wohl gefallen hätte?
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