
Recht kompliziert: Darf er den Verlobungsring zurückverlangen?
Zwei Anwälte, zwei Ansichten, eine Rechtslage: Das Wiener Duo erzählt Geschichten aus seiner Ehe, beantwortet Fragen, die uns im Alltag beschäftigen, erklärt, was vor Gericht zählt – und wie er oder sie die Causa sehen.
Der Fall: Meinen Verlobungsring habe ich erst zwei Jahre nach unserer Hochzeit bekommen. Kein Sonnenuntergang, kein Kniefall – nur ein schneller Entschluss mitten im Chaos des Familiengründens. Unser erstes Kind war kaum auf der Welt, der Umzug stand vor der Tür, und zwischen Windeln und Möbelkartons war für Romantik schlicht kein Platz. Mein „Traumring“ kam später, als wir schon längst Mann und Frau waren – als nachgereichte liebevolle Geste, nicht als Versprechen. Zurückgeben? Diese Frage stellte sich bei uns nie. Aber was, wenn das Versprechen nicht eingelöst wird? Wenn einer kalte Füße bekommt und die Hochzeit in letzter Sekunde abgeblasen wird, obwohl der Ring übergeben wurde, die Location schon gebucht ist und die Einladungen verschickt sind? Darf man den teuren Ring zurückverlangen? Immerhin war es ein Geschenk und hat auch einen emotionalen Wert.
Mag. Carmen Thornton:
Für die meisten Menschen ist ein Verlöbnis eine Gefühlsentscheidung, bei der man nicht unbedingt an mögliche rechtliche Konsequenzen denken möchte. Und so sollte es auch sein. Nichts ist romantischer als ein Antrag unter dem Sternenhimmel, mit einem Gläschen Wein, gutem Essen und einem glitzernden Ring (an Johannes: Es ist übrigens nie zu spät für so einen romantischen Einfall).
Das Gesetz sieht das leider anders. Demnach ist eine Verlobung nämlich nicht nur eine romantische Geste, sondern mit zahlreichen Pflichten verbunden. So ist man als Verlobte zur Treue verpflichtet, zur anständigen Begegnung und zur Beistandsleistung (nicht hingegen zu Unterhalt). Immerhin kann niemand zur Ehe gezwungen werden. Daher kann man es sich auch in allerletzter Minute noch einmal anders überlegen und das Verlöbnis ohne Angabe von Gründen wieder auflösen. Auch vertraglich vereinbarte Sanktionen, etwa ein Bußgeld bei Rücktritt vom Verlöbnis, sind rechtlich unwirksam. Die Braut, die sich nicht traut, kann daher guten Gewissens weiter unverheiratet bleiben.
Klären der Schuldfrage
Ob der Verlobungsring in der eigenen Schatzkammer landet oder wieder zurückgegeben werden muss, ist allerdings eine andere Frage. Zwar können typische und den finanziellen Verhältnissen der Verlobten entsprechende Brautgeschenke, die man in Hinblick auf die künftige Ehe geschenkt bekommt, gemäß § 1247 ABGB zurückgefordert werden, wenn der Gang zum Altar bzw zum Standesamt ausfällt. Voraussetzung für die Rückforderung ist aber, dass der Geschenkgeber beweisen kann, dass er an der Auflösung des Verlöbnisses nicht schuld ist. Wenn man es sich grundlos anders überlegt oder dieser Nachweis nicht gelingt, ist man nicht nur die Braut, sondern auch den Ring los.
Dass ein typischer Verlobungsring, der kein wertvolles Familienerbstück ist und für den man nicht gleich die Wohnung verpfänden musste, nur eingeschränkt zurückgefordert werden kann, ist auch gut so. Eine Verlobung ist zwar eine wichtige Lebensentscheidung, die gut überlegt werden sollte, trotzdem müssen bei einem Scheitern der Hochzeit nicht gleich alle Geschenke zurückgegeben werden. Ein Verlöbnis ist eben kein gewöhnlicher Vertrag.
Wenn die Hochzeit nach einer Verlobung doch scheitert, hat das meist sehr persönliche Gründe. Und nicht jeder Leistung steht auch eine Gegenleistung gegenüber. Das Leben erfüllt nicht immer alle Erwartungen oder Hoffnungen. Wer einen Verlobungsring kauft, weiß noch nicht einmal, ob die Auserwählte überhaupt ja sagen wird, und trotzdem hat man das Geld schon ausgegeben. Und dass man den bezahlten Kaufpreis bei einem Wiederverkauf nicht einmal annährend zurückbekommt, ist auch bekannt.

Carmen Thornton ist Rechtsanwältin in Wien.
Klage ist kein Ruhmesblatt
Wer die Frau oder den Mann seines Lebens erobern will, muss eben ein gewisses Risiko eingehen. Außerdem bekommt man auch Geschenke, die man seiner Freundin oder seinem Freund in einer Lebensgemeinschaft macht, wie zum Beispiel eine schöne Handtasche, schicke Manschettenknöpfe oder ein teurer Urlaub, nach der Trennung nicht zurück.
Ich persönlich würde den Ring wohl kaum behalten, denn wer will schon den Verlobungsring vom Ex-Partner tragen. Eine Klage auf Rückforderung des Verlobungsrings ist aber auch kein Ruhmesblatt und vielleicht eine gute Bestätigung, dass man die richtige Wahl getroffen hat, diese Person nicht zu heiraten.
Mag. Johannes Kautz:
Verlobung hin oder her: Wenn es zur Trennung kommt, ist es mit der Romantik meistens ohnehin schon längst vorbei. Ich persönlich wüsste ja nicht, was ich nach einer gescheiterten Verlobung mit irgendwelchen Schmuckstücken anfangen soll. Aber offenbar ist diese Frage so bedeutsam, dass es im Gesetz dafür sogar einen eigenen Paragrafen gibt: § 1247 ABGB regelt, dass ein Verlobter alle Geschenke, die in der Erwartung der Eheschließung gemacht wurden (etwa Verlobungsringe oder übliche Brautgeschenke) widerrufen kann, wenn ihn kein Verschulden am Scheitern der Hochzeit trifft. Schmuckstücke, die ein Mann seiner Frau während aufrechter Ehe „zum Putze“ (ein veralteter Ausdruck für Herausputzen) gegeben hat, gelten hingegen im Zweifel als geschenkt.
Paragraf aus dem Jahr 1812
Der umgekehrte Fall, dass die Frau dem Mann etwas schenkt, ist in dieser Bestimmung, die noch aus dem Jahr 1812 stammt, übrigens nicht erwähnt. Offenbar ist man damals davon ausgegangen, dass nur der Mann seiner Frau etwas schenkt, damit sie sich für ihn schön machen kann. Auch wenn dieses Gesetz als mahnendes Beispiel an ein glücklicherweise längst überholtes Gesellschaftsbild erinnert und heute geschlechtsneutral angewendet wird, kommt darin ein allgemeiner Rechtsgrundsatz zum Ausdruck, der immer noch gültig ist.
Gewöhnliche Geschenke können nicht grundlos wieder zurückgefordert werden. Anders verhält es sich hingegen bei außergewöhnlichen Zuwendungen, mit denen offen offenkundig ein bestimmter Zweck verfolgt wird oder die in der erkennbaren Erwartung einer Gegenleistung gemacht wurden. Solche Leistungen müssen in der Regel zurückerstattet werden, wenn sich die Erwartung nicht erfüllt. Bei einer gescheiterten Verlobung kann ein Verlobungsring, der sich finanziell im Rahmen hält, also nur zurückgefordert werden, wenn es einen Grund für die Auflösung des Verlöbnisses gab und man sich selbst nichts zu Schulden kommen hat lassen.

Johannes Kautz ist Rechtsanwalt in Wien.
Erbstücke sind eine Ausnahme
Besonders wertvolle Geschenke (wie zum Beispiel ein Familienerbstück, das von Generation zu Generation weitergegeben wird) oder nutzlos gewordene Aufwendungen wie etwa Kosten der Hochzeitsvorbereitung können hingegen auch bei einer grundlosen oder selbst verschuldeten Auflösung der Verlobung zurückverlangt werden, und zwar sogar von Dritten, wenn sie diese Kosten finanziert haben. Nur in Ausnahmefällen, in denen die Hochzeit durch ein besonders verpöntes (zum Beispiel strafbares) Verhalten vereitelt wurde, ist der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen.
Diese Grundsätze gelten aber nicht nur für die Verlobung, sondern allgemein in dieser Form, und zwar sowohl im Privaten als auch im Geschäftsleben. Ob man nun in einer Lebensgemeinschaft das gemeinsam bewohnte Haus renoviert, obwohl man nicht im Grundbuch steht, oder ob jemand in das Unternehmen eines anderen investiert, weil ihm eine Arbeitsstelle oder einer Beteiligung in Aussicht wurde, solche Leistungen wer- den nicht aus reiner Freigiebigkeit erbracht. Und selbst wenn noch kein Vertrag abgeschlossen wurde, soll niemand auf Kosten eines anderen bereichert werden.
Zwar gibt es Ausnahmefälle, in denen der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen ist, trotzdem sollte jeder, der eine Leistung annimmt, sich auch überlegen, ob da- mit die Erwartung einer Gegenleistung verbunden ist. Weil kostenlos bedeutet nicht immer geschenkt.
Kommentare