Sex in den Wechseljahren: Für immer lustvoll

Dass der Herbst farbenprächtig sein kann wissen wir! Das gilt auch für den Herbst des Lebens. Dazu kursieren zwar jede Menge Mythen – aber was soll’s?

Wie geschmiert: So sollte Lust, bitteschön, funktionieren. Wünschen sich viele, lesen wir häufig, stellen wir uns vor oder wird uns anhand mancher Filme oder Bücher suggeriert. Aber eben weil wir Menschen sind und keine Maschinen, hat das mit dem „Funktionieren“ manchmal einen kleinen (oder größeren) Haken. Einer davon betrifft vor allem Frauen und hat den Namen „Menopause“. Den Wechseljahren wird vieles – mythisch – nachgesagt – vorrangig, dass wir schwitzen, die Hormone Tango triste tanzen und wir leider ungeil werden.

Also gut, ich will da nichts beschönigen und so tun, als wäre diese Phase des Lebens ein Hummelflug in die Ekstase. Und trotzdem hat sie ziemlich viele nette Seiten – vorausgesetzt, Frauen vergessen sofort, was ihnen an Denkschablonen vorgesetzt wird und gehen eigene Wege. Was übrigens auch für die Zeit davor gelten sollte: Dass man die Art, zu lieben und Lust zu empfinden, individuell lebt. Zumal sich Dinge, Wünsche, Sehnsüchte und Bedürfnisse im Laufe des Lebens verändern. Das genau gilt auch als Dreh- und Angelpunkt für die Sexualität der Wechseljahre. Ja, der Hormonhaushalt verändert sich – was aber nicht zwingend heißt, dass sich das Begehren für immer unter der Bettdecke verkriecht. Es verändert sich, doch wesentlich ist etwas anderes: Ein Hauch weniger Quantität bedeutet mitunter ein Plus an Qualität.

Bewusst - und gewollt!

Aber jetzt: Wenn Sex, dann ganz und gar. Bewusst, gewollt genossen – und nicht, weil’s irgendwie sein muss oder man dem männlichen Drängen entsprechen möchte. Das kann sogar dazu führen, dass manche Frauen endlich das Gefühl haben, so richtig scharf zu sein, wenn sie vögeln. Was zum nächsten Punkt führt: Lustvoll sein können wir nur, wenn wir in unserem Körper wohnen. Heikel, sehr heikel, weil Frauen in den Wechseljahren manchmal das Gefühl entwickeln, ihr Körper sei ein Exoplanet. Fremd, komisch, verwirrend – und fern. Von Selbstliebe keine Spur mehr, nur mehr das Hüftgold im Fokus, die Falten, den „Fehler“, inmitten einer auf Jugend, Glätte und Schönheit fixierten Gesellschaft. Da sage ich nur: Stopp! Weil wir uns nicht von der Idee eines unabänderlichen Hormonschicksals und verordneter Asexualität täuschen lassen sollten. Im Gegenteil: Vieles wird nun anders, meist sogar besser – und der monatliche Regel-Fall fällt auch weg! Jetzt ist es höchste Zeit für mehr Gelassenheit, im Sinne eines „So bin ich halt, so will ich’s halt!“. Wer uns jetzt nicht mag, wie wir sind, hat nichts mehr in unserem Leben verloren. Wer jetzt nicht auf uns eingeht, soll weggehen. Wer jetzt nicht unsere Wünsche und Sehnsüchte respektiert, darf sich verabschieden.

Womit wir beim so wichtigen Faktor Zeit wären – Zeit und Erregung. In die Wechseljahre gekommene Frauen können genauso intensiv empfinden wie in jüngeren Jahren – sie brauchen nur manchmal etwas länger, um geschmeidig zu werden. Zweifellos ist Scheidentrockenheit in dieser Phase des Lebens störend. Hier wäre nicht nur Geduld, erotische Kunstfertigkeit und Hinwendung seitens der Partner gefragt, sondern eine fette Tube Gleitgel. Wenn’s flutscht, ist’s gut. Das betrifft nicht nur die körperliche Ebene, sondern auch die gedankliche. Gerade die Weisheit des Älterwerdens bringt Frauen mehr und mehr zu sich selbst: Sie wissen nun sehr genau, was sie brauchen, um Spaß zu haben – und darüber sollten sie mit ihren Herzbuben plaudern. Das allein kann schon sehr, sehr scharf machen. Vor allem aber verhindert es so manches Missverständnis zwischen den Geschlechtern. Dazu fällt mir nur ein einziger Satz ein, nämlich: Zeit wird’s!

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

Kommentare