Zuerst Fernbeziehung, dann leben auf engstem Raum - ein Paar erzählt
Erst Fernbeziehung, dann ein gemeinsames Leben auf 20 Quadratmetern: Eine Oberösterreicherin erzählt, was dabei herauskam.
Jeder, der schon mal eine Fernbeziehung hatte, kennt das Gefühl: Man freut sich zwar über die süße "Guten-Morgen-Nachricht" oder das zweistündige Telefonat am Abend, aber die Sehnsucht nach dem anderen wird dadurch nur größer. Viele Paare entscheiden sich dann, ein gemeinsames Leben zu beginnen. So auch Marlene M. aus Oberösterreich und Jeffrey B. aus Bosten, USA. Ihre Geschichte beginnt in Irland.
Als Marlene Ende Oktober 2019 nach Irland flog, ahnte sie nicht, wie sehr diese Reise den Rest ihres Lebens verändern würde. Aber von Anfang an. Die damals 25-Jährige flog auf die Insel, um dort einen Freund zu besuchen, der gerade Auslandssemester machte. Die Hauptstadt Dublin besichtigen, Bootstouren und am Abend die Barszene unsicher machen: Ungefähr so hatte sich die Oberösterreicherin ihren Trip vorgestellt. Doch es kam anders. "Ich traf dort auf Jeff, der lustigerweise zur gleichen Zeit einen Freund besuchte, der auch auf Auslandssemester war", erzählt Marlene der freizeit. Sie verstanden sich auf Anhieb gut. Und so kam es, dass die beiden Dublin, Boots- und Bartour gemeinsam unternahmen. Nach sieben Tagen nahte dann auch schon wieder das Ende der kurzen Romanze. "Ich stieg ins Flugzeug und dachte mir, schade, das war's dann."
Auch ihm sei der Abschied sehr schwer gefallen, erzählt Marlene. "Was irgendwie eigenartig war, denn wir kannten uns ja nur eine Woche lang." Noch am Tag vom Heimflug schrieb Marlene einer Freundin: "Es ist was passiert, ich muss dir das am Mittwoch erzählen. Ich hab wen kennengelernt. Es hört sich voll dramatisch an - haha tut mir leid. Ich hab mich verknallt." Wochen vergingen, in denen die beiden regelmäßig telefonierten und sich über WhatsApp austauschten.
"Irgendwann hatte ich darauf keine Lust mehr und entschied ganz spontan, ihn nach Weihnachten zu besuchen", erzählt Marlene weiter. Nervös sei sie aber doch gewesen, als sie den Zug nach Wien nahm, um am 25. Dezember 2019 den Flieger nach Boston zu nehmen Kaum dort angekommen, gab es bereits das volle Programm: Eltern, Geschwister, Freunde und Hund Samy kennenlernen. "Ich hab mich eigentlich eh gleich mit allen super verstanden, darüber war ich sehr froh." Auf die Frage, seit wann sie denn fix in einer Beziehung seien, antwortete sie, dass sich das einfach so ergeben hätte. Einen fixen Tag gäbe es gar nicht wirklich. Anfang Jänner ging es dann auch schon wieder in Richtung Heimat.
Auf die Zweisamkeit folgten dann wieder endlose Wochen des Wartens. "Es war schon angenehm, jeden Tag etwas zu hören, aber ich bin auch nicht so der WhatsApp-Typ", berichtet die Oberösterreicherin. Kurzerhand beschloss sie Anfang März, dem Warten ein Ende zu setzen. Kurz bevor die Corona-Pandemie in vollem Ausmaß auf Österreich traf, setzte sie sich wieder ins Flugzeug Richtung Boston. "Im Nachhinein war ich sehr froh über diese Entscheidung, denn Corona machte es uns danach ziemlich schwer", schildert sie. Am 15. März flog Marlene wieder zurück nach Wien. Einfach war das jedoch nicht: "Die Linie hat damals meinen Flug gestrichen, also musste ich die Route über Kanada nehmen", so Marlene.
"Die Zeit, die danach kam, war wahrscheinlich die härteste in unserer Beziehung. Von März bis September haben wir uns kein einziges Mal gesehen", erzählt die Oberösterreicherin. Jeden Tag sprachen sie am Telefon. Immer öfter auch darüber, wie es wäre, in der selben Stadt zu wohnen. Marlene wohnte damals in Salzburg in einer WG. Jeffs Traum war schon länger, seinen Master in Philosophie in Salzburg zu machen. Also zögerten die beiden nicht lange und beschlossen, beide in Salzburg zu wohnen. "Ich war der Ansicht, dass er sich gemeinsam mit seinem Freund, der auch von Amerika herüberkam, eine eigene Wohnung suchte." Doch es kam auch dieses Mal anders. Der bürokratische Aufwand, sowohl auf österreichischer als auch auf amerikanischer Seite sei enorm gewesen. "Jeff wurde dann schlussendlich mitgeteilt, dass er innerhalb einer Woche eine fixe Wohnadresse in Salzburg nennen musste, um überhaupt ein Visum zu bekommen." Es sei also mehr die Not als sie Liebe gewesen, warum Jeff schlussendlich zu Marlene zog.
Gesagt, getan
Mitte September 2020 war es dann soweit: Jeff zog in die WG von Marlene. Er hätte zwar ein eigenes Zimmer gehabt, das sei aber so klein gewesen, dass er praktisch die gesamte Zeit im selben Zimmer wie seine Freundin wohnte - von 6.490 Kilometer Entfernung zogen die beiden also in ein Zimmer von 20 Quadratmetern. War dieses Projekt nach einer monatelangen Fernbeziehung zum Scheitern verurteilt? "Ich glaube, jeder in meinem Umfeld dachte, das kann gar nicht funktionieren. Aber wir fassten uns ein Herz und wollten es versuchen", meint Marlene mit einem Grinsen. Und siehe da: Es funktionierte tatsächlich! "Am Anfang war es einfach nur wunderschön, endlich viel Zeit miteinander zu verbringen. Ich brauche nur ab und zu Zeit für mich, das ist das einzige, was ich ihm dann auch ehrlich gesagt habe. Sonst wäre es schon sehr viel gewesen."
Und wo stehen die beiden heute? "Wir sind vergangenen Sommer in unsere eigene gemeinsame Wohnung gezogen. Und nicht nur das, wir haben auch geheiratet", sagt die 27-Jährige. Und hat damit bewiesen: Auch wenn Fernbeziehungen kompliziert sind - vor allem wenn ein ganzer Ozean zwischen den Partnern liegt - wenn beide wollen, findet man einen Weg zueinander.
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