FASHION-FRANCE-DURAN LANTINK

Warum wir uns an Schlangenprint derzeit nicht sattsehen können

Keine Lust auf Leo? Kein Problem. Im chinesischen Jahr der Schlange steht ein anderes Tier nicht nur in den Sternen, sondern auch ganz zentral auf dem Catwalk.

Kreativität geht mitunter ungewöhnliche Wege: So schöpfen Designer etwa Inspiration aus einem Kunstwerk, der Kulturgeschichte oder einem konkreten Gefühl. Doch dieser Trend stand buchstäblich in den Sternen: Im chinesischen Jahr der Schlange kehrt ein polarisierendes Motiv zurück auf den Laufsteg – der Schlangenprint.

Der holländische Designer Duran Lantink zeigte bei seiner Herbstschau in einem weitläufigen Pariser Büro ein außergewöhnlich kubistisches Minikleid mit Schlangenmuster, Sanduhrtaille und derart hohem Kragen, dass die Augen des Models wie ein Schlangenkopf zwischen zwei Steinen hervorlugten.

Der belgische Modemacher Dries van Noten komplementierte wiederum einen ockerfarbenen Schlangenmantel mit gleich gemusterter Oversized-Tasche.

Gabriela Hearst - Runway - Paris Women's Fashion Week Fall/Winter 2025-2026
©EPA/MOHAMMED BADRA

Und die amerikanische Designerin Gabriela Hearst entschied sich für eine Maxikleid-Blazer-Kombination in diesem Muster; der Schnitt ist klassisch, und die Materialien sind so fließend und schimmernd wie das Inspiration gebende Reptil in der Natur.

Gewagt oder kitschig?

Es sind Modelle, an denen wir kaum vorbeisehen können. Tauchen mitunter doch die gemischten Gefühle auf, die wir mit dem Reptil selbst verbinden. Dazu kommen die zwiegespaltenen Assoziationen des Trends aus früheren Dekaden: War das schon gewagt oder doch noch kitschig?

In den 2000er-Jahren“, erläutert Stilberaterin Kristina Radon, „war das Schlangenmotiv ein Partykracher. Es präsentierte sich auf hautengen Kleidchen oder anliegenden Kunstlederhosen.“

So gesehen wird derzeit nicht nur das Tier, sondern auch die Bedeutung des chinesischen Sternzeichens aufgegriffen: „Das chinesische Jahr der Schlange steht für Transformation und Wandel.“ Die Schlange häutet sich, legt die alte Haut ab, präsentiert sich neu und frisch. „Genau das erleben wir gerade in der Mode.

Portrait einer Frau mit langen braunen Haaren

Kristina Radon: "Das chinesische Jahr der Schlange steht für Wandel - das sehen wir derzeit in der Mode." 

©Kristina Radon

Denn diesmal ist der Schlangenprint mit edleren Materialien verbunden: „Das Muster“, sagt Radon, „wird mit Seide, Leder oder Strick kombiniert. Es wird nun hochwertig interpretiert.“ Auch die Farbgestaltung ist anders: „Der Kontrast ist dezenter, ruhiger, das Design dadurch sanfter.“

Wenn man sich nun doch an das Motiv wagen möchte, was gilt es zu beachten? „Am besten“, sagt die Stilexpertin, „beginnt man mit kleinen Details – einem Gürtel oder Accessoires.“ Fühlt man sich mutig, kann man einen ganzen Mantel ausprobieren. Auch Blusen-Hosen-Kombinationen im Schlangenprint sind nicht verkehrt, wenn man sich darin wohlfühlt.

Farblich lässt sich das Schlangenmuster gut mit den aktuellen Herbstfarben – Burgunderrot oder Olivgrün – kombinieren. Es funktioniert aber auch als Statementpiece, wenn man es zu Beige, Grau oder Taupe kombiniert.

Goldig im Gesicht

Doch Designer greifen derzeit nicht nur das Muster auf, sondern das Tier an sich: In Cavallis Frühlingsvorschau 2026 windet sich eine goldene Schlange als Sonnenbrillengestell um die Wangen oder schlängelt sich als Halsschmuck um eine breite, halbmondförmige Goldplatte.

Roberto Cavalli presents its Spring/Summer 2026 collection at Milan Fashion Week

Schlangen im Fokus: Bei Roberto Cavalli noch im Frühling/Sommer 2026.

©REUTERS/Alessandro Garofalo

Der namensgebende und im April 2024 verstorbene Designer Roberto Cavalli hat tierische Mode aber auch wie kein anderer geprägt. In den 1970er-Jahren war er der Erste, der das Schlangenmotiv auf Jeans brachte; zwei Jahrzehnte später kleidete er Stars wie Britney Spears, Madonna oder Charlize Theron ein.

„Es ist nicht so“, erklärte er 2001 zur Vogue, „dass ich Tiermotive besonders liebe, ich mag einfach alles, was mit der Natur zu tun hat ... Ich habe begriffen, dass Gott der beste Designer ist, also habe ich angefangen, Gott zu kopieren.“

Die Alternativmuster

Das sehen  Designer derzeit ähnlich: Bei Duran Lantinks Pariser Modeschau waren Tiermuster so vorherrschend, dass sie den Beinamen „Duranimal“ erhielt.

Bottega Veneta hat bereits im Herbst 2024 einen Mantel mit schwarz-weißem Kuhmuster präsentiert, Designerin Nina Sandbech brachte soeben einen wunderbaren schmalen Rock mit Zebra-Print heraus, und das Luxuslabel Prada hat den Leo-Print auf seine ikonische Bonnie-Tasche gehoben.

Freisteller Schlangensneakers

Miu Miu brachte sogar Sneakers mit Schlangenmuster heraus. 

©Hersteller

Auch wenn das Schlangenmotiv also neben anderen Tiermotiven rangiert und den populären Leo-Print nicht ablösen wird – „dafür polarisiert es zu sehr“, meint Kristina Radon – würde sich eine Investition in hochwertige Modelle dennoch auszahlen. Selbst wenn es in ein, bis zwei Saison wieder verschwinden dürfte.

2037 könnte es nämlich mit noch größerem Knalleffekt zurückkehren. Denn chinesische Sternzeichen wiederholen sich alle zwölf Jahre, und während die Schlange heuer im kalmierenden Element Holz steht, wird sie das nächste Mal im Zeichen des Feuers auftreten. 

Doppelte Leidenschaft. Wenn das nicht zum Schlangenmuster passt.

Anna-Maria Bauer

Über Anna-Maria Bauer

Schreibt seit 2021 als freie Autorin aus London für den KURIER über Politik, Royals und Lifestyle. Zuvor acht Jahre in der Wien-Chronik.

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